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Griechenland
"Die EU sollte die Rentner endlich in Ruhe lassen"

Ende Juni muss Griechenland 1,6 Milliarden Euro Schuldendienste an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Nun treffen sich heute die Finanzminister der Eurogruppe erneut, um über die griechische Sache zu verhandeln. Einer der größten Streitpunkte sind die geforderten Rentenreformen. Die Stimmung unter den Rentnern kocht.

Von Rodothea Seralidou | 18.06.2015
    Griechische Rentner protestieren gegen Kürzungen ihrer Bezüge (01.04.2015)
    Griechische Rentner protestieren gegen Kürzungen ihrer Bezüge. (imago / ZUMA Press)
    Am Athener Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament. Trotz hochsommerlicher Temperaturen von bis zu 37 Grad im Schatten, ist auch heute viel los: Hunderte Menschen gehen hastig die Treppe der Metro-Haltestelle rauf und runter; ein älterer Mann preist seine Lotterielose an; neben ihm verkauft eine Frau Sesamringe für 80 Cent das Stück. Etwas abseits vom Getümmel steht eine Gruppe von Rentnern. Im Schatten der Orangenbäume diskutieren die älteren Männer über die aktuellen Verhandlungen der griechischen Regierung mit ihren Europartnern. Der pensionierte Arzt Nikos Politis kocht vor Wut:
    "Das griechische Volk will, dass die Regierung standhaft bleibt und dass sie eine Fortführung der Sparpolitik endgültig ablehnt. Sollte Tsipras unsere schon gekürzten Renten weiter um 10 oder 20 Prozent kürzen oder die Solidaritätshilfe für Kleinrentner streichen, dann wird er das Volk gegen sich haben. Die Hälfte der 1,5 Millionen arbeitslosen Griechen lebt doch von der kleinen Rente ihrer Eltern."
    Er selber habe zwar eine gute Rente- auch wenn diese in den letzten Jahren um die Hälfte gekürzt wurde, gibt der pensionierte Arzt zu. Doch vielen seiner Freunde und Verwandten gehe es nicht so gut.
    Die EU solle deshalb die Rentner endlich in Ruhe lassen und keine weiteren Rentenkürzungen verlangen. Tsipras solle sich nicht erpressen lassen, meint Politis, und das Risiko eines Staatsbankrotts und des Austritts aus der Eurozone ruhig in Kauf nehmen. Sein Freund Lefteris Filippou nickt. Der 66-Jährige habe in seiner Jugend so viel Armut erlebt, dass ein Staatsbankrott ihm keine Angst mache, sagt er. Trotzdem glaubt Filippou nicht, dass es so weit kommen wird.
    "Die Europäer sind harte Verhandlungspartner. Am Ende wird es aber eine Lösung geben, weil es in ihrem Interesse ist. Deutschland wird viel Geld verlieren, wenn Griechenland bankrott geht. Sie zeigen Härte, weil bisher die griechischen Regierungen ständig gehorchten. Mit Tsipras können sie sich aber nicht so schnell einigen. Er ist ein Linker in einem rechts-konservativen Europa. Sollte er leichtes Spielchen haben, werden auch andere Länder aufbegehren und dem Weg Griechenlands folgen."
    Weniger romantisch sieht das Ganze der 75-jährige Giorgos Pantelis. Er will keine Risiken eingehen und bleibt pragmatisch:
    "Ich sehe die Zukunft unserer Kinder nur in Europa. Damit das so bleibt, haben wir keine Optionen. Ob wir es wollen oder nicht, wir müssen ein neues Memorandum unterzeichnen. Für große Zugeständnisse seitens unserer EU-Partner fehlt uns die Zeit."
    Vom heutigen Eurogruppen-Treffen erhofft sich der schlanke Mann mit den hellblauen Augen nicht viel. Sollte es zu einer Einigung kommen, dann erst am 30. Juni, schätzt er - quasi auf den letzten Drücker, wenn das griechische Hilfspaket ausläuft.
    "Für den Notfall hat Giorgos Pantelis noch Bargeld zuhause. Viel sei es ohnehin nicht mehr, sagt er und lächelt. Seine ganzen Ersparnisse habe er für das Studium seiner Kinder ausgegeben."