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Soziales Netzwerk
Facebook - ein Krisen-Jahr im Rückblick

Das soziale Netzwerk steckt in der Krise: 2018 folgte ein Skandal dem nächsten - von Cambridge Analytica bis hin zu windigen PR-Agenturen, die Facebook-Gegner öffentlich nieder machen sollten. Wird Konzern-Chef Mark Zuckerberg seine Gier nach Wachstum zum Verhängnis?

Von Marcus Schuler | 20.12.2018
    Facebook-Chef Mark Zuckerberg spricht im Facebook Innovation Hub.
    Immer neue Entschuldigungen, immer neue Skandale: Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat 2018 viel Vertrauen verspielt. (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Das Schema ist geübt und bekannt. Erst passiert etwas, dann entschuldigt sich Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit salbungsvollen Worten und gelobt Besserung:
    "Wir werden den Blick dafür weiten, was unsere Verantwortung ist. Das war ein großer Fehler. Es war mein Fehler."
    Vertrauensbruch Cambridge Analytica
    So war das auch im März 2018. Gerade war bekannt geworden, dass sich die britische Analysefirma Cambridge Analytica Zugang zu 87 Millionen Nutzerdaten verschaffen konnte. Erst hatte das Silicon-Valley-Unternehmen versucht, den Skandal kleinzureden, hat dann aber die Resonanz in den Medien unterschätzt. Da halfen alle Entschuldigungsarien nichts:
    "Das war ein großer Vertrauensbruch. Ich bedaure das sehr. Unsere Aufgabe ist es, die Daten unserer Nutzer zu schützen. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir es nicht verdient, den Menschen zu dienen."
    Kritik aus politischen Reihen nimmt zu
    US-Politiker aus beiden Lagern reagierten irritiert bis verstört. Die Demokraten waren sauer ob der Wahlkampfeinmischung durch Rußland, die Republikaner sahen ihren Präsidenten Trump in den sozialen Medien nicht richtig dargestellt. Bei einer Anhörung von Zuckerberg vor Politikern in Washington Ende April 2018 platzt dem republikanischen Senator John Kennedy der Kragen. O-Ton: Ihre Geschäftsbedingungen sind nervig:
    "Das, was alle ihnen sagen wollen, ist - und ich sage es freundlich -, Ihre Geschäftsbedinungen nerven."
    Auch wenn Experten die Relevanz der gestohlenen Daten für Cambridge Analytica wenige Wochen später relativierten, der Datenskandal markiert einen Wendepunkt für das Unternehmen mit seinen 30.000 Mitarbeitern. Und es folgten immer neue Datenpannen. Zum Beispiel im September: Da hatten Hacker einen Weg gefunden, 50 Millionen Datensätze abzugreifen. Und im Dezember musste das Unternehmen dann zugeben, dass für 12 Tage unveröffentlichte Fotos von 6,8 Millionen Nutzern abgegriffen werden konnten.
    An der Börse abgestraft
    Der Aktienkurs des Unternehmens war im Herbst um zeitweilig bis zu 20 Prozent eingebrochen. Roger McNamee gehörte zu den ersten Investoren in das soziale Netzwerk. Heute ist er ein scharfer Kritiker. Er glaubt, dass Facebook-Chef Zuckerberg bald die Loyalität seiner Mitarbeiter verlieren werde.
    "Die Loyalität der Mitarbeiter wird sinken. Ihre Bereitschaft, über bestimmte Dinge einfach hinwegzusehen, wird abnehmen. Wie zum Beispiel die mutmaßlichen Rolle der Plattform bei den ethnischen Säuberungen in Myanmar, die Wahleinmischung in den USA oder beim Brexit. All das ist den Mitarbeitern bisher leicht gefallen, weil der Aktienkurs nach oben ging wie eine Rakete."
    Strengere Kontrollen in der Zukunft?
    Was die Tech-Unternehmen des Silicon Valley noch viel mehr fürchten als gefallene Aktienkurse ist die Einmischung von außen. Sprich: Gesetze, die die Politik im fernen Washington macht. Das Bild, das Facebook im Jahr 2018 abgegeben hat, fällt wenig schmeichelhaft aus. Viele Datenschützer fühlen sich in ihrem Urteil bestätigt - wie zum Beispiel Gennie Gebhardt von der Electronic Frontier Foundation in San Francisco:
    "Eine der wichtigsten Lehren aus dem Skandal um Cambridge Analytica ist doch, dass es den Nutzern vor Augen geführt hat, dass man Facebook eben nicht vertrauen kann. Wir brauchen Transparenz, Verantwortung und unabhängige Überprüfungen."