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Griechenland
Freiwillige helfen verletzten Meeresschildkröten

In Athen päppelt der Verein Archelon Dutzende verletzte Meeresschildkröten in einer Rettungsstation auf. Sie haben Angelhaken verschluckt oder wurden von Schiffsschrauben verletzt. Unterstützung bekommt die Station durch freiwillige Helfer aus ganz Europa - Studenten, Tierschützer und Rentner.

Von Thomas Bormann | 16.08.2016
    Eine junge Meeresschildkroete, frisch geschlüpft am Strand in Panormo auf Kreta in Griechenland
    Bei den Nistplätzen der Meeresschildkröten am Strand schieben die Helfer der Rettungsstation auch Wache. ( imago/Robert Michael)
    Pavlos hat schon wieder einen neuen Patienten bekommen: eine ausgewachsene Meeresschildkröte, 40 Kilo schwer; die Retter haben das Tier auf den Namen "Kostas" getauft:
    "Heute früh wurde er uns von der Insel Ikaría angeliefert. Er hat einen Angelhaken verschluckt", sagt Pavlos.
    Es passiert immer wieder, dass Meeresschildkröten einen zappelnden Fisch fressen, der bereits an einer Angel hängt. Schildkröte Kostas hat offenbar einen solchen Fisch samt Angelhaken heruntergeschluckt; er könnte an der Wunde sterben.
    "Wir werden ihn zum Röntgen bringen. Wenn der Haken weit oben ist, können wir ihn herausoperieren. Wenn der Haken tiefer sitzt, müssen wir hoffen, dass er den Haken irgendwie ausscheidet."
    Verletzt durch Schiffsschraube
    Kostas aus Ikaría wartet nun in einem kleinen Becken auf seinen Röntgen-Termin. Direkt daneben, auf einem großen Holztisch, wird Bilbo behandelt. Bilbo war mit seinem Panzer zu nahe an eine Schiffsschraube geraten. Anja, eine freiwillige Helferin aus Deutschland, verarztet die große, tiefe Wunde am Rücken des Tieres:
    "Da die einmal drum herum geht und auch hier in die Flosse schneidet auf der anderen Seite, und eine Fleischwunde ist, kann man da nichts machen im Moment. Wir können sie jetzt nur sauber machen, desinfizieren, immer Spray drauf und Honig und dann schauen, dass es von selber heilt."
    Schildkröte Bilbo wird wohl noch einige Monate in der Rettungsstation des Vereins Archelon bleiben – bis die Wunde geheilt ist und Bilbo wieder in die Freiheit entlassen werden kann.
    Hier, am Strand von Glyfada vor den Toren Athens, leben derzeit gut drei Dutzend Meeresschildkröten in den Wasserbecken der Rettungsstation. Sie alle haben Angelhaken oder Plastikabfälle geschluckt oder durch eine Schiffsschraube eine Flosse verloren. Pavlos Tsaros wird die Tiere alle wieder gesund pflegen. Dabei steht ihm ein Team freiwilliger Helfer aus ganz Europa zur Seite. Studenten, Tierschützer, Rentner - viele melden sich beim Verein Archelon, um für eine Woche oder für einen Monat in der Rettungsstation auszuhelfen oder um bei den Nistplätzen der Meeresschildkröten am Strand Wache zu schieben. Dort nämlich vergraben die Schildkröten ihre Eier – und sie brauchen dafür Ruhe. Pavlos gibt deshalb den Rat:
    "Touristen sollten tagsüber an den Strand gehen, die Schildkröten kommen nachts – wir sollten uns da nicht in die Quere kommen", meint Pavlos.
    Mit Markierung wieder gesund in die Freiheit
    Ob Bilbo oder Kostas oder wie die Schildkröten alle getauft werden: Wenn sie eines Tages die Rettungsstation Archelon wieder verlassen, bekommen eine kleine Markierung an die Flosse geheftet. So hört Pavlos immer mal wieder von seinen Schützlingen:
    "Wir wissen, dass die Meeresschildkröten im Winter bis nach Tunesien ziehen; manche unserer Schildkröten wurden auch schon in Italien oder Kroatien gesichtet. Sie ziehen viel umher, aber sie finden immer wieder zu ihren Nistplätzen zurück. Vieles über die Meeresschildkröten ist noch unerforscht. Wir können noch viel von den Tieren lernen. Sie geben uns viele Rätsel auf - und das spornt uns an, sie zu schützen", erzählt er – und muss dann gleich los zum Röntgen-Arzt ganz in der Nähe. Kostas, die Schildkröte, die einen Angelhaken verschluckt hatte, hat jetzt ihren Termin.
    "Es hört nie auf", sagt Pavlos.