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Griechenland-Hilfen
63 Unionspolitiker sagen Nein

Der Bundestag hat wie erwartet für das dritte Griechenland-Hilfspaket gestimmt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verliert mit ihrer Rettungspolitik in den eigenen Reihen allerdings weiter an Rückhalt: 63 Unionsabgeordnete lehnten neue Hilfen ab - drei Nein-Stimmen mehr als bei der letzten Abstimmung im Juli.

19.08.2015
    Der Abgeordnete Klaus-Peter Willsch (CDU) im Bundestag
    Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch stimmte gegen ein drittes Hilfspaket für Griechenland (picture alliance/dpa/Rainer Jensen)
    Insgesamt stimmten 453 Abgeordnete mit Ja, 113 mit Nein und 18 Bundestagsmitglieder enthielten sich. Die SPD votierte bei unverändert vier Nein-Stimmen fast geschlossen für die neuen Milliardenhilfen. Auch die Grünen-Fraktion unterstützte das Hilfspaket diesmal mehrheitlich. Bei der letzten Abstimmung für das Verhandlungsmandat im vergangenen Monat hatte sich der größere Teil der Grünen-Abgeordneten noch enthalten. In der Linksfraktion stieg die Zahl der Enthaltungen auf sieben, bei 45 Nein-Stimmen.
    Schäuble: "Wandel in Griechenland mit Händen zu greifen"
    Vor der Abstimmung hatteWolfgang Schäuble für ein Ja der Abgeordneten zum dritten Hilfspaket geworben. Es gebe beachtliche politische und ökonomische Gründe für und gegen ein weiteres Rettungsprogramm, erklärt der Bundesfinanzminister. Der Wandel in Griechenland sei aber mit Händen zu greifen. So habe das Parlament in Athen einen Großteil der Auflagen bereits umgesetzt. Daher wäre es unverantwortlich, die Chancen für einen Neuanfang nicht zu nutzen, betont der CDU-Politiker.
    Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt beschrieb im Kurznachrichtendienst Twitter die Reaktionen der Unionsfraktion während Schäubles Rede so:
    Im Anschluss folgte dann aber doch der Applaus - und die Grünenfraktion folgte dem Appell des Finanzministers mehrheitlich. Das Ja sei allerdings eines zu Europa und keines zur Bundesregierung, betonte Fraktionschef Anton Hofreiter. Er warf Bundeskanzlerin Merkel vor, mit ihrer Griechenland-Politik dem Zusammenhalt in Europa zu schaden. In den Verhandlungen mit Athen habe die Regierung "populistisch und uneuropäisch" gehandelt und auch antideutsche Klischees bedient.
    SPD-Kritik an Ablehnung der Linken
    Die Linksfraktion verweigerte geschlossen ihre Zustimmung. Die Gelder aus dem Hilfspaket würden in Griechenland nicht für Investitionen eingesetzt, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch zuvor im DLF. Die Zahlungen dienten unter anderem der Begleichung aktueller Schulden und der Rekapitalisierung der Banken.
    Warum die SPD "geschlossen und einig" für neue Hilfen abstimmte, erklärte der stellvertretender Fraktionsvorsitzende der Genossen, Carsten Schneider, ebenfalls vor der Abstimmung im DLF so: Athen habe sich in den Reformfragen bewegt und wolle das Land "vom Kopf auf die Füße" stellen. Fraktionschef Thomas Oppermann kritisierte später in der Bundestagsdebatte, die Linken fielen mit ihrem Nein der Schwesterpartei Syriza in den Rücken
    Das Rettungspaket sieht Hilfen von bis zu 86 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsschirm ESM in den kommenden drei Jahren im Gegenzug zu umfangreichen Reformen vor. Die Freigabe einer ersten Tranche von 26 Milliarden Euro wollen die Euro-Finanzminister noch heute beschließen.
    (tj/bor/jcs)