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Griechenland-Krise
Athen bleibt Zusagen für weitere Hilfe schuldig

Trotz drohenden Staatsbankrotts und einem möglichem Euro-Aus bleibt Griechenland den europäischen Partnern konkrete Zusagen für weitere Hilfe vorerst schuldig. Athen habe bisher "keine neuen Vorschläge" gemacht, sagte Eurogruppen-Chef Dijsselbloem, bevor die Staats- und Regierungschefs der Euroländer am Abend zu einem Sondergipfel zusammenkamen. Die griechische Regierung wolle aber bald einen neuen Hilfsantrag stellen.

07.07.2015
    Die EU-Staats- und Regierungschefs - darunter Kanzlerin Merkel, Frankeichs Präsident Hollande und der griechische Ministerpräsident Tsipras - beraten auf ihrem Sondergipfel in Brüssel.
    Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten auf ihrem Sondergipfel in Brüssel erneut über die Griechenland-Krise. (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Dennoch will die Eurogruppe Griechenland nach Angaben des neuen Finanzministers Euklid Tsakalotos eine "neue Chance" geben. Der "politische Wille" dazu sei da, sagte er am Dienstagabend in Brüssel. Beim Treffen der Euro-Finanzminister habe es "Fortschritte" gegeben, erklärte er weiter, ohne nähere Angaben dazu zu machen. Am Abend kamen in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der Währungsunion zu einem Sondergipfel zusammen.
    Bei dem Treffen der Euro-Finanzminister hatte Tsakalotos seine Amtskollegen nach Angaben von EU-Diplomaten nur mündlich über die finanzielle Lage Griechenlands informiert. Man warte nun auf einen Brief aus Athen, der auch konkrete Reformvorschläge enthalten müsse, hieß es. Griechenland wird in Kürze einen neuen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds ESM stellen. Der Antrag solle bald eingereicht werden, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach einem Sondertreffen der Finanzminister der Währungsunion. Dem hoch verschuldeten Griechenland droht ohne weitere finanzielle Unterstützung der Staatsbankrott und womöglich das Aus für die Euro-Mitgliedschaft.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, für eine Einigung gebe es nur noch "wenige Tage" Zeit. Es gebe "immer noch nicht die Grundlage" für Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm im Rahmen des Euro-Rettungsfonds ESM, sagte die Kanzlerin. Vor Gipfelbeginn kam sie mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, dem französischen Präsidenten François Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammen. Am Mittwoch will Tsipras vor dem Europäischen Parlament in Straßburg sprechen. Dies bestätigte Parlamentspräsident Schulz.
    Schäuble erteilt Schuldenschnitt Absage
    Bei ihrer Ankunft im Lipsius-Gebäude, dem Sitz des Europäischen Rats, hatten die Euro-Finanzminister klargemacht, dass sie konkrete Reformvorschläge von der griechischen Regierung erwarteten, berichtet DLF-Brüssel-Korrespondent Jörg Münchenberg.
    Bundesfinanzminister Schäuble hatte vor der Sitzung Forderungen nach einem Schuldenschnitt für Griechenland zurückgewiesen. Dieser falle unter das in den europäischen Verträgen verankerte Bailout-Verbot, wonach Eurostaaten nicht für die Schulden anderer Länder aufkommen dürften. Auch Bundeswirtschaftsminister Gabriel sprach sich erneut gegen einen Schuldenschnitt für die Griechen aus, solange Athen keine Reformen umsetze. Der SPD-Politiker sagte dem Magazin "Stern", durch diesen Schritt sei nichts gewonnen, wenn sich in Griechenland nicht vieles grundlegend ändere. Dagegen hatte der französische Ministerpräsident Valls betont, ein Schuldenschnitt dürfe kein Tabu sein. Ein Ausscheiden des Landes aus der Eurozone dürfe man nicht riskieren.
    Debatte um Grexit
    Für den niederländischen EU-Außenpolitiker Hans van Baalen steuert die Situation nun auf einen Grexit zu. Griechenland habe das Vertrauen innerhalb der Eurozone verspielt, sagte van Baalen im Deutschlandfunk. Weiteren Hilfspaketen erteilte er eine strikte Absage. Dafür habe Athen in den letzten fünf Jahren zu wenig an Reformen vorgenommen. Die Eurozone könne aus seiner Sicht sehr gut ohne Griechenland leben.
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich erneut gegen ein Ausscheiden des Landes aus der Eurozone aus. Er sagte vor dem Europaparlament in Straßburg, niemand dürfe Griechenland aus der Gemeinschaftswährung werfen. Juncker forderte den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras auf, seinen Verhandlungspartnern den Ausgang des Referendums vom Sonntag zu erklären. "Mein Wille ist, einen Grexit zu verhindern. Ich bin gegen einen Grexit." Juncker dämpfte aber die Erwartungen an die Gespräche in Brüssel heute.
    Oettinger im DLF: "Gute Entwicklungen"
    EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis schließt ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht mehr aus. Das sei zwar nicht das Ziel der EU-Kommission, hatte der konservative Lette vor dem Sondertreffen der Euro-Finanzminister erklärt.
    Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hatte sich vor den neuen Gesprächen dagegen optimistisch geäußert. Es sei eine erfreuliche Entwicklung, dass der neue Finanzminister Tsakalotos sich bereits in den Verhandlungen auskenne und dass die griechischen Parteien erstmals einig seien, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
    (tön/kis/cc)