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Griechenland-Krise
Euro-Finanzminister beraten über drittes Hilfspaket

In den Verhandlungen mit Griechenland wird der Internationale Währungsfonds nicht müde zu betonen, dass die Schuldentragfähigkeit gewährleistet sein muss. Er will sicherstellen, dass Griechenland nicht doch irgendwann unter dem Schuldenberg von knapp 302 Milliarden Euro erdrückt wird. Doch wie könnte eine Erleichterung aussehen?

Von Annette Riedel | 14.08.2015
    Das vollbesetzte Parlament von den oberen Zuschauerrängen aus fotografiert.
    Das Parlament in Athen debattiert am 14.8.2015 über die neuen Reformvereinbarungen mit den internationalen Geldgebern. (AFP/LOUISA GOULIAMAKI)
    Nicht einmal das das Wort "Schuldentragfähigkeit" taucht im Memorandum of Understanding auf, das das griechische Parlament am Morgen gebilligt hat, die Euro-Finanzminister heutige billigen sollen und anschließend noch einige nationalen Parlamente billigen müssen. Dass im Rahmen des Pakets mit Reformen, die Griechenland im Gegenzug für Kredite von bis zu 86 Milliarden in den kommenden drei Jahren umzusetzen hat, das Thema Schuldenentlastung nicht angesprochen wird, ist für manche Grund genug, es in Gänze abzulehnen. Für den grünen Europaabgeordneten und Finanzspezialisten, Sven Giegold etwa.
    "Das ist keine gute Vereinbarung. Das ist kein fairer Deal für Griechenland, denn die Schuldenlast ist so hoch, dass jeder weiß, dass wir in einiger Zeit wieder da sitzen werden mit Griechenland."
    Das Thema "Reduzierung des Schuldenbergs" ist aber heute aber sehr wohl in jedem Fall auf dem Tisch der Euro-Finanzminister. Denn neben dem Memorandum mit den verabredeten Reformen liegt da auch eine DSA, eine Debt Sustainability Analysis. Auf 2,5 Seiten festgehalten, haben die Experten der EU-Kommission, des Euro-Rettungsschirms ESM und des Internationalen Währungsfonds gemeinsam drei verschiedene Szenarien durchgespielt, wie sich der Schuldenstand in Griechenland bis 2030 entwickeln kann - abhängig davon, wie ambitioniert die Reformen umgesetzt werden, wie sich die Wirtschaft entwickelt, wie die Privatisierung vorankommt.
    Verschiedene Szenarien
    Allen Szenarien ist gemein, dass sie von einem Anstieg des Schuldenstandes ausgehen - auf knapp oder knapp unter 200% im Vergleich zur Wirtschaftsleistung. 2030 errechneten die Fachleute im günstigsten Falle einen Schuldenstand von etwas über 106 Prozent im schlechtesten von über 140 Prozent. Interessant ist die Schlussfolgerung. Da heißt es, dass Kombination aus Laufzeitverlängerungen der Kredite, Verschiebung des Beginns der Rückzahlungen und Zinsen und Gebühren es Griechenland erlauben würde, eine Schuldenbelastung zu haben, die als "nachhaltig" bewertet werden kann. In diesem Fall sei ein nomineller Schuldenschnitt nicht zwingend notwendig.
    "Ob sie nun die Schuldenerleichterung nominell machen, also als Schuldenstreichung, oder über Erleichterungen bei den Rückzahlungen und Zinsen - das ist eine Unterscheidung für die Blöden. Ökonomisch kommt es darauf an, wie hoch ist die Schuldenlast."
    Es scheint also zumindest den Experten von ESM und IWF ganz klar, dass Griechenland Erleichterungen bei seiner Schuldenlast braucht.
    So wichtig ist die Frage, ob die Schulden als tragfähig gelten können, deshalb, weil weder ESM noch IWF andernfalls gemäß ihrer Statuten neue Kredite an Griechenland vergeben dürften. Ohne eine wie immer geartete oder benannte Minderung der Schuldenlast wird es offenbar nicht gehen können. Gut möglich, dass es eine jener langen Verhandlungsnächte in Brüssel wird.
    Brückenfinanzierung als Plan B
    Einigen sich die Minister heute nicht, wird es wieder einmal eng, denn am kommenden Donnerstag muss Griechenland über drei Milliarden geliehenes Geld an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Für den Fall, dass die Finanzminister heute zu keiner Einigung über das Reformpaket und die Schuldenfrage kommen, hat die EU-Kommission alles für den Plan B einer weiteren Brückenfinanzierung aus EU-Mitteln vorbereitet, bestätigte gestern eine Sprecherin.
    "Kommissionspräsident Juncker hat wiederholt gesagt, dass wir eine Einigung auf ein drittes Hilfspaket bis zum 20 August vorziehen. Wir haben aber für den Ministerrat, wie gewünscht, im Notfall alles für eine erneute Brückenfinanzierung vorbereitet."