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Griechenland
Kritischer Blick nach Deutschland

Das Klima zwischen Griechenland und Deutschland ist nicht besonders gut. Das beeinflusst das Bild, das die junge griechische Generation von Deutschland hat. Auch bei den Studierenden in Athen gehen die Meinungen weit auseinander.

Von Rodothea Seralidou | 23.03.2015
    Griechenlands Studierende haben in der Vergangenheit immer wieder protestiert.
    Griechenlands Studierende haben in der Vergangenheit immer wieder protestiert. (imago / Xinhua)
    Auf dem Campus der Universität Athen. Germanistik-Studentin Olga steht am Eingang der Philosophischen Fakultät und unterhält sich mit einer Kommilitonin. Die 22-Jährige schaut sich täglich die Internetseiten deutscher Medien an. Dass Griechenland dabei im Moment wieder besonders schlecht dasteht, stört sie sehr:
    "Das ist beleidigend. Klar haben wir Probleme, aber das bedeutet nicht, dass wir ein Volk ohne Geschichte sind, ohne Kultur. Da sollte man in Deutschland ein bisschen mehr Respekt zeigen."
    Von dem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten in Berlin erhofft sich Olga nicht besonders viel. Schließlich würden die Entscheidungen in der Eurogruppe getroffen und nicht auf bilateralen Treffen, sagt sie. Sie wünscht sich aber weniger Kritik von oben herab:
    "Deutschland hat zwar den guten Willen, unser Land zu unterstützen. Das müssen wir anerkennen. Aber vieles ist übertrieben. Die Deutschen kritisieren sogar die Art und Weise, wie sich unsere Politiker geben und zeigen kein Verständnis für die Unzufriedenheit des griechischen Volkes. Was sollten wir denn machen? Den Blick zu Boden senken und zu allem Ja sagen?"
    Zu allem Ja sagen? Nein, so eine unterwürfige Haltung passe nicht zum griechischen Volk, sagt Olga. Deshalb findet sie es gut, dass sich die neue Regierung so kämpferisch zeigt und das bisherige Sparprogramm nicht ohne Weiteres fortführen will – auch wenn, zugegeben, Griechenland nun ein weiteres Mal Reformen abgetrotzt wurden.
    Nur wenige Meter von Olga entfernt sitzt die 21-jährige Metaxia auf einer Bank und genießt die Frühlingssonne. Die Wirtschaftsstudentin würde nach dem Studium gerne ins Ausland gehen. Aber nach Deutschland? Niemals:
    "Freunde von mir hatten ein Auslandssemester dort. Und sie haben mir erzählt, dass die Deutschen uns überhaupt nicht mögen. Deshalb würde ich nie nach Deutschland gehen. Bei der ersten negativen Reaktion hätte ich schon meine Koffer gepackt. Wieso sollte ich mir also erst die Mühe machen, überhaupt nach Deutschland zu gehen?"
    Der 21-jährige Jurastudent Agapios ist da ganz anderer Meinung. Er will in Deutschland ein Aufbaustudium machen. Schließlich sei das griechische Rechtssystem dem deutschen sehr ähnlich. Agapios gehört einer extrem linken Studentenpartei an. Er würde sich wünschen, dass Griechen und Deutsche offener aufeinander zugehen und alle Vorurteile und Feindbilder über Bord werfen:
    "Das deutsche Volk hat ja mehr oder weniger dieselben finanziellen Probleme wie wir Griechen. Auch wenn es vielen hierzulande nicht bewusst ist. Viele sagen, in Deutschland verdienen die Leute gut. Aber auch die Lebenshaltungskosten sind dort sehr hoch. Wir sollten nicht in diese Falle tappen und glauben, dass uns die Deutschen hassen. So etwas macht uns doch nur zu Feinden. Leider sind am Ende immer die Völker die Leidtragenden."
    Man sollte aufeinander zugehen, statt sich immer weiter voneinander zu entfernen und sich in wachsenden Ressentiments zu erschöpfen, sagt Agapios. Deshalb sollte die griechische Regierung auch die Forderungen nach Kriegsreparationen fallen lassen.
    "Es ist kein Zufall, dass diese Forderungen gerade jetzt kommen. Die Regierung will einen nationalen Konsens schaffen und die wahren Probleme unter den Teppich kehren. Das ist zum Beispiel die Arbeitslosigkeit oder die Tatsache, dass junge Menschen nur 300 Euro verdienen. Das sind doch die wirklichen Probleme, gegen die wir kämpfen müssen.
    Germanistikstudentin Olga sieht das anders. Deutschland sei schon verpflichtet, Entschädigungen zu zahlen:
    "Die heutigen Deutschen sind anders, die Nazis aber hatten viel Böses angerichtet. Dass Deutschland aber nicht zahlen will, ist eine Mentalitätssache. Die Deutschen geben nicht so leicht nach, sie stellen sich stur. Dabei gibt es nicht nur schwarz und weiß. Man sollte auch Kompromisse eingehen können."