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Griechenland
Syriza-Dissidenten bringen Grexit wieder ins Spiel

Die Syriza-Partei des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras spaltet sich: Mindestens 25 Abgeordnete des linken Flügels werden eine eigene Fraktion bilden - und in Kürze eine neue Linkspartei gründen. Der Chef der Abtrünnigen, Ex-Minister Lafazanis, brachte sogleich einen Grexit ins Spiel.

21.08.2015
    Panagiotis Lafazanis, Ex-Energieminister und Chef der Syriza-Renegaten kündigt die Gründung einer neuen Linkspartei an.
    Zurück auf Start: Panagiotis Lafazanis (M.), Ex-Energieminister und Chef der Syriza-Renegaten, kündigt die Gründung einer neuen Linkspartei an. (Picture Alliance / dpa / ORESTIS PANAGIOTOU)
    "In Übereinstimmung mit unseren Wahlversprechen verlassen wir unsere Fraktion und gründen eine neue unabhängige Fraktion." Nach der Ankündigung von Regierungschef Alexis Tsipras, sein Amt niederzulegen, haben seine internen Gegner aus dem linken Parteiflügel die Gründung einer neuen Gruppierung namens "Volkseinheit" bekannt gegeben. Dem Internetportals Left.gr zufolge wollen sich mindestens 25 der insgesamt 149 Syriza-Abgeordnete der Gruppierung anschließen. Damit würde sie die drittstärkste Fraktion im Parlament bilden. Angeführt werden die Dissidenten vom Ex-Energieminister und einstigen Tsipras-Vertrauten Panagiotis Lafazanis. Er hatte seinen Ministerposten im Juli räumen müssen, weil er im Parlament gegen die von den internationalen Geldgebern geforderten Spar- und Reformmaßnahmen gestimmt hatte.
    Lafazanis zufolge werden die Abgeordneten rasch auch eine neue gleichnamige Linkspartei gründen und bei den wahrscheinlichen Neuwahlen antreten. Er warf Tsipras vor, sich dem Druck der internationalen Gläubiger gebeugt zu haben. Der 63-Jährige brachte auch einen Grexit ins Spiel. "Unser Land verträgt keine Sparmaßnahmen mehr, falls nötig, müssen wir aus der Eurozone austreten." Lafazanis plädierte zudem für eine Verstaatlichung der Banken.
    Nea Dimokratia führt Sondierungsgespräche
    Tsipras hatte am Donnerstag seinen Rücktritt angekündigt, nachdem ihn die Parteirebellion seine Mehrheit im Parlament gekostet hatte. Bei der Abstimmung über das 86 Milliarden Euro umfassende Rettungspaket, das Athen zu schmerzhaften Einschnitten verpflichtet, hatten ihm in der vergangenen Woche knapp ein Drittel der Syriza-Abgeordneten die Gefolgschaft verweigert. Als Termin für Neuwahlen schlug der Regierungschef den 20. September vor.
    Vor der Ausrufung von Neuwahlen müssen laut der griechischen Verfassung aber zunächst die Anführer der drei stärksten Parlamentsfraktionen versuchen, eine neue Regierung zu bilden. Als zweitstärkste Partei nach Syriza bekam zunächst der Chef der konservativen Nea Dimokratia (ND), Evangelos Meimarakis, für drei Tage den Auftrag zur Regierungsbildung. Sie werde mit pro-europäischen Parteien beraten, sagte ND-Politiker Evangelos Antonaros im Deutschlandfunk. Er schloss Gespräche mit den Ultrarechten aus und deutete an, auch mit dem reformwilligen Flügel der Syriza-Partei sprechen zu wollen. Scheitern alle Versuche einer Regierungsbildung, muss Präsident Prokopis Pavlopoulos Neuwahlen ansetzen.
    Deutschland erwartet Einhaltung versprochener Reformen
    In Bonn und Brüssel wurde gelassen auf die angekündigten Neuwahlen reagiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war von Tsipras vorab über seinen geplanten Rücktritt informiert worden, wie Regierungssprecher Steffen Seibert sagte. Merkel erwarte weiterhin die Umsetzung der Reformen, zu denen sich Athen verpflichtet habe. Die Vereinbarungen mit Griechenland seien über Wahltage hinaus bindend, betonte Seibert.
    Auch EU-Kommissionssprecherin Annika Breidthardt zeigte sich nicht überrascht von Tsipras' Rücktritt. Dieser Schritt habe sich in Gesprächen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Tsipras und dem griechischen Staatschef Pavlopoulos angedeutet. Die Umsetzung der Reformen sei nicht in Gefahr, schließlich hätten auch mehrere Oppositionsparteien im Parlament dafür gestimmt. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem forderte rasche Neuwahlen. Er hoffe auf eine "noch breitere Unterstützung" für das Rettungspaket im neuen griechischen Parlament.
    (tön/tj)