Documenta 15 soll stattfinden

Ein starkes kulturpolitisches Signal

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Das ruruHaus in Kassel wird einer der Ausstellungsorte der documenta-Ausgabe 2022 sein.
Das ruruHaus in Kassel wird nächstes Jahr einer der Ausstellungsorte der documenta sein. © documenta / Nicolas Wefers
Von Ludger Fittkau · 02.07.2021
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Die documenta findet trotz möglicher Pandemie-Einschränkungen planmäßig vom 18. Juni bis 25. September 2022 statt. Das Kunst-Event in Kassel wird mit Hygienekonzepten durchgeführt, falls dann noch nötig.
Die Verantwortlichen für die Weltkunstausstellung documenta in Kassel haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Anfang des Jahres dachte Generalsekretärin Sabine Schormann noch öffentlich darüber nach, dass die für 2022 geplante Weltkunstausstellung möglicherweise abgesagt werden müsse: Zu schwierig seien die Vorbereitungen unter Pandemie-Bedingungen, zu sehr eingeschränkt etwa die Reisefreiheit für Künstlerinnen und Künstler auch in diesem Jahr. Doch Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung in Kassel haben nun nach sorgfältiger Abwägung entschieden.

Eine schwere, aber mutige Entscheidung

Die documenta 15 soll wie geplant im kommenden Jahr stattfinden. Aufsichtsratschef Christian Geselle, der gleichzeitig auch Kasseler Oberbürgermeister ist, will mit dieser Entscheidung auch ein kulturpolitisches Signal geben:
"Ausgehend von der gesellschaftspolitischen und kulturellen Bedeutung der documenta 15 für unsere Stadt, für unsere Region, für das Land Hessen, aber auch für die ganze Welt: ein Stück weit Hoffnung, Zuversicht, Glaube. Ausgehend von diesem Tag, vom 2. Juli 2021, soll in die Welt hinausstrahlen: Wir haben mutig, aber nicht wagemutig, sondern seriös und abgeschichtet in Szenarien, beschlossen, dass die documenta 15 vom 18. Juni bis zum 25. September 2022 in Kassel stattfinden wird."

Planungen fanden weitgehend online statt

Ade Darmewan, Mitglied des Kunstkollektivs "ruangrupa" aus Jakarta, das die documenta 15 kuratiert, zeigte sich heute erleichtert. Die Entscheidung, die Ausstellung nicht zu verschieben, passe in die Planungen der Gruppe, so Darmewan. Man habe mit Beginn der Pandemie die Planungen weitgehend ins Internet verlegt - das habe auch Erfahrungen gebracht, die ohne Pandemie nicht möglich gewesen wären:
"Ich glaube, wir haben mehrere tausend Zoom-Meetings durchgeführt. Wir haben dort Künstlerkollektive, Wissenschaftler und Kunstexperten aus aller Welt getroffen. So konnten wir die Diskussionen weit über die lokalen Kommunikationszusammenhänge ausdehnen - weiter, als wir es mit Besuchen je geschaffen hätten. Das war eine sehr interessante Erfahrung während der Recherchen."

Vorbereitungen für etwaige Hygienekonzepte

Dennoch soll die documenta 15 im kommenden Jahr nicht vorrangig Online stattfinden, sondern in Kassel. 53 Künstlerinnen und Künstler seien bereits ausgewählt worden, so Ade Darmewan. Im September plane man nun ein erstes großes Treffen. Die Ausstellungsmöglichkeiten werden sich unter Pandemiebedingungen deutlich verändern, betont documenta-Generalsekretärin Sabine Schormann:
"Es ist möglich, dass weniger Besucherinnen und Besucher in den Locations sein können, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, weil es nach wie vor Auflagen für die documenta gibt. Wir haben umgekehrt auch Sorge dafür getragen, große Locations und viele Outdoor-Locations auszuwählen, Einbahnstraßenregelungen möglich zu machen, dass man besondere Besucherführungen vorsehen kann, dass man über das Ticketing auch entsprechend die Besucherströme regulieren kann. Es ist überhaupt nicht ausgemacht, dass es dazu kommen muss. Aber es kann dazu kommen. Und das ist das, worüber heute doch intensiv beraten wurde."

Stadt und Land gleichen Einnahmeausfälle aus

Das Land Hessen und die Stadt Kassel gehen als Gesellschafter der documenta davon aus, dass im kommenden Jahr das Virus noch nicht verschwunden sein wird und deshalb deutlich weniger Besucherinnen und Besucher kommen können als in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Das bedeutet auch: Die Kosten für die documenta werden allein durch die Einnahmeausfälle noch einmal steigen. Doch Stadt und Land seien bereit, diesen Fehlbetrag zu übernehmen, betonte heute documenta-Aufsichtsratschef Christian Geselle:
"Es ist nicht die Erwartungshaltung der Gesellschafter, sich über die Menge der Besucherinnen und Besucher zu definieren, sondern es geht um ganz andere Fragen. Und das haben wir jetzt ganz bewusst mit diesem Beschluss manifestiert."
Inhaltlich werde sich die documenta 15 auch mit der Corona-Pandemie beschäftigten. Kollektive Wirtschaftsweisen und Nachhaltigkeit werden weitere zentrale Themen sein, wurde heute in Kassel herausgestellt. Möglicherweise wird bei der documenta 15 auch eine indonesische Reisscheune aufgestellt, so documenta-Generalssekretärin Sabine Schormann.
Lumbung - das ist der indonesische Begriff für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune und eine Art Leitmotiv für "ruangrupa". Doch auch in der Reisscheune wird man auf Corona-Abstandsregeln vorbereitet sein - wenn sie im kommenden Sommer noch gefordert sind.
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