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Griechenland und die Sambia-Option
Was bringt der Zahlungsaufschub?

Um mehr Zeit zu gewinnen, überweist Griechenland eine eigentlich am Freitag fällige Rate von 300 Millionen Euro beim Internationalen Währungsfonds (IWF) zunächst nicht. Der Währungsfonds bestätigte, er sei von Athen informiert worden, dass die vier Juni-Raten auf einen Schlag beglichen würden. Die Gesamtsumme von 1,6 Milliarden Euro sei nun "am 30. Juni fällig", erklärte der IWF.

Von Brigitte Scholtes | 05.06.2015
    Die griechische Flagge weht vor einer Kirche.
    Griechenland bezahlte seine Schulden bislang pünktlich ab. (Arno Burgi, dpa picture-alliance)
    Es ist ungewiss, ob Griechenland die gut 300 Millionen Euro für die eigentlich heute anstehende Rate hätte zusammenkratzen können. Das Land lasse durch die Bündelung der Forderungen aber zumindest erkennen, dass ihm das Geld offenbar ausgehe, hört man in Finanzkreisen. So sieht das auch Felix Herrmann, Kapitalmarktexperte der DZ-Bank:
    "Griechenlands Kassen sind de facto leer. Das heißt. Griechenland hat jetzt im Prinzip ca. drei bis vier Wochen noch mal mehr Zeit, um an Geld zu kommen. Zum einen versucht Griechenland eben, die Verhandlungen mit den EWU-Institutionen und dem IWF erfolgreich abzuschließen, um diese verbleibenden 7,2 Milliarden, die ja noch aus dem bestehenden Rettungspaket zur Verfügung stehen, zu erhalten."
    Griechenlands leere Kassen
    Ohne diese Gelder könnte Griechenland also kaum auch Ende Juni die ausstehenden etwa 1,6 Milliarden Euro an den IWF zahlen. Der Zahlungsaufschub bis Ende Juni hat auch keine weiterreichenden Folgen für Griechenland, es bleibe erst einmal alles beim Alten, erklärt Herrmann:
    "Eine ausbleibende Zahlung Griechenlands an den IWF würde von den Rating-Agenturen nicht als Zahlungsausfall gewertet werden. Dies wäre insofern wichtig, als dass die EZB weiter in der Lage wäre, weiterhin die ELA-Hilfskredite an die griechischen Banken zu leisten. Insofern würde Griechenland auch an dieser Stelle ein wenig Luft zum Atmen bleiben."
    Die EZB ha ja inzwischen mehr als 80 Milliarden Euro als Notkredite an die griechischen Banken gezahlt, die können sich damit über Wasser halten – und dem griechischen Staat Anleihen abkaufen, die ansonsten kaum jemand mehr haben möchte.
    Showdown zum EU-Gipfel
    Dennoch muss eine Lösung im Schuldenstreit her. Doch von Einigkeit ist man offenbar noch weit entfernt. Zwar haben sich die Gläubiger auf ein Paket mit Forderungen geeinigt, die Athen erfüllen muss, will es die ausstehenden Hilfsgelder erhalten. Dabei hatten die Institutionen, also IWF, Euro-Gruppe und Europäische Zentralbank zugestanden, die Wachstumsprognosen nach unten anzupassen und die Sparauflagen zu lockern. Die griechische Regierung hält dies aber für unakzeptabel. Diese Haltung gehe ihm inzwischen "ziemlich auf die Nerven", bekannte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gestern Abend in der ZDF-Sendung "Maybritt Illner":
    "Ich finde jetzt nur, nach allem Entgegenkommen muss diese Regierung auch mal aufhören, ständig Grundsatzdebatten zu führen. Denn wenn jetzt die Hilfszahlungen nicht kommen, dann bricht das Land zusammen."
    Zum Showdown wird es wohl spätestens beim nächsten EU-Gipfel am 25 und 26 Juni kommen. Sollte Griechenland dann Ende Juni nicht den IWF bezahlen können, würde es noch einen Monat Zeit haben, um einen tatsächlichen Zahlungsausfall zu verhindern. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone aber sollte man auf jeden Fall verhindern, mahnt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz:
    "Das ist ja nun auch das Ziel Europas, dass es seine Werte - wirtschaftlichen, aber auch politischen Werte - versucht, auch auf internationaler Bühne wirksam zu verkaufen. Und da ist der Euro, wenn man so will, ein Machtinstrument, auf das wir nicht verzichten dürfen. Das wäre absolut naiv."