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Griechenland
Verzweifelte Flucht aus Idomeni

Die Lage für Flüchtlinge im griechischen Idomeni wird immer hoffnungsloser: Zahlreiche Flüchtlinge haben versucht, über einen reißenden Fluss nach Mazedonien zu gelangen. Die Regierung in Athen sprach von einer "organisierten Aktion". Auf Flugblättern seien die Flüchtlinge gewarnt worden, Griechenland werde sie in die Türkei zurückbringen.

Von Wolfgang Landmesser | 14.03.2016
    Flüchtlinge überqueren einen Fluss an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien
    Helfer versuchen Flüchtlinge aus Idomeni über einen Fluss nach Mazedonien zu bringen. (afp/ Sakis Mitrolidis )
    Die Bilder waren der Aufmacher in allen Abendsendungen im griechischen Fernsehen: Flüchtlinge überqueren einen reißenden Fluss in der Nähe der mazedonischen Grenze. Freiwillige helfen den Menschen dabei, an einem Seil entlang watend auf die andere Seite zu kommen. Eltern haben ihre kleinen Kinder auf dem Arm, auch alte Leute gehen durch den Fluss. Über tausend Menschen sollen es gewesen sein, die gegen Mittag aus dem Camp bei Idomeni aufbrachen.
    Wir begleiten den Weg der Flüchtlinge von Idomeni zum Dorf Chamilo, berichtet der Reporter des Nachrichtensenders Skai. Etwa zwei Kilometer vom Dorf entfernt, verläuft ein Fluss über die Grenze, und dort soll eine Lücke im Zaun sein. Ein Flüchtling beschreibt, warum er sich dem Marsch angeschlossen hat: "Wir sind jetzt seit 25 Tagen hier. Keiner kümmert sich um uns, nicht mal Tiere können so leben. Jeden Tag kommt Wasser ins Zelt, es gibt hier viele Frauen und Kinder. Ich werde nach Deutschland laufen, kein Problem. Weil wir hier langsam sterben."
    Die griechische Polizei versuchte die Menschen zunächst aufzuhalten, griff aber nicht durch. Es solle keine Gewalt gegen Flüchtlinge ausgeübt werden, hieß es. Man habe die Menschen aber darüber informiert, dass ihre Aktion aussichtslos sei, weil sie auf der anderen Seite mazedonische Grenzschützer erwarteten.
    Mehr als 700 Menschen schafften es über die Grenze
    Von Idomeni bis zur Grenze jenseits des Flusses sind es insgesamt etwa sechs Kilometer. Am Nachmittag schafften es viele hundert Flüchtlinge auf die mazedonische Seite zu gelangen - an einer Stelle, wo sich kein Grenzzaun befand. Mehr als 700 illegale Migranten seien nach Mazedonien gekommen, bestätigte die mazedonische Regierung. Die Polizei und Mitglieder der Armee würden jetzt die Übergabe der Menschen an Griechenland vorbereiten, heißt es in der Stellungnahme weiter.
    Jasmin Rexhepi von der mazedonischen Hilfsorganisation Legis sagte der ARD: "Sie bringen die Flüchtlinge mit Transportern wieder auf die andere Seite der Grenze, nach Idomeni. Wir würden den Menschen gerne helfen, sie mit trockener Kleidung und Essen versorgen. Aber jegliche humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, die die Grenze überquert haben, wurde untersagt. Wir konnten nichts für sie tun."
    Die mazedonische Polizei nahm auch Freiwillige und Reporter fest, die mit den Flüchtlingen über die Grenze gegangen waren. Ein griechischer Journalist musste stundenlang in einer mazedonischen Polizeistation ausharren. "Wir wissen, dass wir die Grenze illegal passiert haben. Sie behandeln uns gut. Wir warten darauf registriert zu werden. Sie haben uns gesagt, dass wir 260 Euro Strafe zahlen sollen und vielleicht bekommen wir ein Einreiseverbot", sagt er.
    Marsch der Hoffnung
    Über den Kurznachrichtendienst Twitter wurden Bilder des Marschs der Flüchtlinge verbreitet – unter dem Hashtag marchofhope, Marsch der Hoffnung.
    Die griechischen Behörden setzen bisher darauf, dass die Flüchtlinge Idomeni freiwillig verlassen. Es besteht das Angebot, die Menschen in Camps zu bringen, wo die Versorgung deutlich besser ist. Gleichzeitig gibt es Lücken bei der Unterbringung: Nicht für alle Flüchtlinge, die in Griechenland festsitzen, steht auch einen Platz zur Verfügung. Der Krisenstab der griechischen Regierung ist dabei, im ganzen Land tausende neue Plätze zu schaffen.