Dienstag, 23. April 2024

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Griechenlands neue Flüchtlingslager
"Besser, aber immer noch schlecht"

Oreokastro ist eines von einem halben Dutzend neuer Camps, die in den letzten Wochen rund um Thessaloniki entstanden sind – in leer stehenden Fabrikhallen oder alten Kasernen. Insgesamt sei die Versorgungslage besser, sind sich viele einig. Doch neben den vielen praktischen Problemen zermürbt die Menschen in den Camps vor allem das Warten.

Von Wolfgang Landmesser | 15.06.2016
    Flüchtlinge vor dem medizinischen Center des Flüchtlingslagers in Oreokastro
    Flüchtlinge vor dem medizinischen Center des Flüchtlingslagers in Oreokastro (dpa / picture alliance / Kostas Papadakis)
    In langen Reihen stehen die mintgrünen Zelte in den beiden Hallen einer ehemaligen Tabakfabrik. Etwa 1.000 Flüchtlinge leben im Camp Oreokastro am Rand von Thessaloniki. Die meisten von ihnen sind vor zwei Wochen gekommen – aus dem Lager Idomeni an der mazedonischen Grenze.
    Besser sei es hier als in Idomeni, aber immer noch schlecht, sagt die Syrerin Nadschá, die mit ihrer Schwiegertochter und deren Baby hier ist.Das Essen sei nicht gut, und die chemischen Toiletten würden bei den Kindern Krankheiten verursachen.
    Sogenannte türkische Toiletten, mit einem Loch im Boden, wären viel hygienischer, meint auch Angeliki Kosmatopoulou, deren Sprechstunde in der kleinen Praxis am Ende der Halle gerade zu Ende geht. Aber bei allen Mängeln: Es sei deutlich besser als in Idomeni, wo ihre Organisation "Ärzte der Welt" auch vor Ort war.
    Syrerin mit Tochter im Camp Oreokastro am Rand von Thessaloniki
    Die junge Syrerin mit ihrer Tochter im Camp Oreokastro am Rand von Thessaloniki (Deutschlandradio/Wolfgang Landmesser)
    "Es ist einfacher, weil wir hier in der Nähe einer Großstadt sind, mit Krankenhäusern und Laboren. Es gibt nicht diesen permanenten Rauch von den mit Plastik angeheizten Lagerfeuern, das war vor allem für die Babies schlimm. Außerdem sind die Menschen in der Halle vor Sonne und Regen geschützt.
    Oreokastro ist eines von einem halben Dutzend neuer Camps, die in den letzten Wochen rund um Thessaloniki entstanden sind – in leer stehenden Fabrikhallen oder alten Kasernen.
    Das fünf Kilometer entfernte Lager Diavata gibt es bereits seit Februar – mit 2.000 Menschen das größte im Umkreis. Auf dem ehemaligen Kasernengelände stehen Zelte und kleine Plastikhäuser in der prallen Sonne. Dennoch: Im Vergleich zu anderen Camps sei die Situation für die Flüchtlinge hier besser, sagt Sabrina Mihad, Koordinatorin des UN-Flüchtlingshilfswerks im Großraum Thessaloniki.
    "Auch wenn es viel zu verbessern gibt, ist die Situation insgesamt einigermaßen in Ordnung, was den Zugang zu Waschmöglichkeiten in allen Bereichen des Lagers betrifft. Die medizinische Versorgung ist ebenfalls besser als in vielen anderen Camps. Es ist rund um die Uhr ein Arzt verfügbar, weil wir mit mehreren Partnern zusammenarbeiten."
    Die Lage der Frauen ist besonders verzweifelt
    In den letzten Monaten habe sich in Diavata einiges verbessert. In den leer stehenden Baracken soll jetzt noch eine Schule entstehen und ein Aufenthaltsraum für Frauen.
    Derzeit sei die Lage vieler Frauen verzweifelt, erzählt Abir El Badáoui, die seit drei Monaten hier ist – mit Mann, ihrer vierjährigen Tochter und den zwei Kindern ihrer Schwester, die schon in Deutschland ist.
    "Es gibt hier keine Aktivitäten für Frauen, viele bleiben einfach in ihren Zelten. Einige Frauen haben keine Männer und drei, vier Kinder. Sie haben kein Geld, sie haben nichts."
    Vormittags organisiert die gelernte Biologielehrerin Spiele für die Kinder im Camp, und sie gibt Englischunterricht. Untätig sein möchte sie auf keinen Fall.
    "Ich weiß nicht, wie viele Monate ich noch warten muss. Die beiden Jungs meiner Töchter brauchen ihre Mama. Es ist schwierig für mich. Ich bin 27 und habe praktisch drei Kinder."
    Flüchtlings-Camp Oreokastro am Rand von Thessaloniki
    Lebenmittel-Stand im Flüchtlings-Camp Oreokastro am Rand von Thessaloniki (Deutschlandradio/Wolfgang Landmesser)
    Seit der vergangenen Woche registriert die griechische Asylbehörde die Flüchtlinge nach einem neuen System. Das soll die Verfahren beschleunigen. Es wäre die wichtigste Verbesserung. Denn neben den vielen praktischen Problemen zermürbt die Menschen in den Camps vor allem das Warten.