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Griechische Kulturschaffende in der Krise

Die staatliche Kulturförderung in Griechenland wird gestrichen oder reduziert. Traditionshäuser wie die Athener Oper mussten Kürzungen von bis zu 50 Prozent hinnehmen. Viele Künstler gehen ganz neue Wege, um das Publikum anzusprechen.

Von Jannis Papadimitriou | 05.01.2012
    Bühnenprobe im altehrwürdigen "Kunst-Theater" in Athen. Lena Kitsopoulou, eine in Griechenland sehr populäre Schauspielerin und Regisseurin, inszeniert ein Beziehungsdrama des romantischen Schriftstellers Grigorios Xenopoulos. Eigentlich ein Kassenschlager, doch die junge Regisseurin ist skeptisch, ob Ihre Aufführung ein Erfolg wird. Denn in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation sind die Taschen leer - beim Publikum und auch bei den Kulturschaffenden.

    "Mit der Schauspielerei konnte man in Griechenland noch nie viel Geld verdienen. Aber in dieser Krisenzeit ist es extrem. Ich kenne Kollegen, die seit Monaten auf ihre Gage oder ihr Gehalt warten. Wir haben zwar noch das Glück, dass das ‛Kunst-Theater' alle Produktionskosten übernimmt, aber Kürzungen gibt es auch bei uns. Auch bei den Gagen."

    Lena Kitsopoulou ist Schauspielerin und Regisseurin aus Leidenschaft. Der finanzielle Gewinn spielt bei ihr eine untergeordnete Rolle. Keinen Moment, sagt sie, habe sie in Erwägung gezogen im Ausland Ihrem Beruf nachzugehen, es sei denn, sie bekäme ein Engagement in Berlin. So wie damals vor sechs Jahren, als sie im Maxim-Gorki-Theater spielte. Davon schwärmt sie noch heute.

    "Berlin ist eine ganz andere Welt, da bekommt jeder Schauspieler eine fundierte Ausbildung und hat mehr Berufschancen als hierzulande. Mein Traum ist es, irgendwann einmal in Berlin ein Theaterprojekt auf die Beine zu stellen. Aber ich weiß natürlich auch: Als Schauspielerin finde ich am besten Ausdruck in meiner eigenen Sprache mit Gesten und Worten, die man nicht ohne Weiteres ins Deutsche übertragen kann. Jedenfalls war meine Berliner Zeit sehr lehrreich."

    Auch Giorgos Georgakopoulos profitiert von seinen Berufserfahrungen, die er früher in Deutschland gemacht hat. Nach seinem Studium in Braunschweig arbeitete der heutige Kulturmanager in den 90er-Jahren als Galerist in Hamburg. Anschließend machte er sich in seiner Heimat als Gründer der "Cheap Art"- Bewegung einen Namen. Bereits zum 17. Mal hat er in Athen eine ungewöhnliche Aktion gestartet, die große Kunst zu kleinen Preisen offeriert. Ein Konzept, das besonders in diesen Krisenzeiten gut ankommt.

    "Über 150 Künstler bestücken mittlerweile unsere Ausstellung. Die Besucherzahlen haben sich verdoppelt in den letzten fünf Jahren. Allein im Dezember haben wir 2000 Werke verkaufen können, zu einem Einheitspreis von jeweils 80 Euro. Dadurch bekommen auch junge Leute und sogar Schüler die Möglichkeit, Originale für wenig Geld zu ergattern. Und ich sage Ihnen, wer sich einmal mit dem Kunst-Virus infiziert hat, der kommt immer wieder."

    Wer der Wirtschaftsflaute trotzen will, muss eben auch über alternative Vertriebswege nachdenken, sagt Georgakopoulos. Er sieht seine Kunst-Aktion als einen Versuch, Angebot und Nachfrage auf dem bescheidenen griechischen Markt zusammenzubringen. Dafür sei aber auch ein Mentalitätswandel erforderlich.

    "Ursprünglich hatten wir enorme Schwierigkeiten mit Künstlern in Kontakt zu treten. Die wollten uns gar keinen Einblick in ihr Atelier gewähren, als hätten sie Angst, dass wir ihre Ideen, Konzepte oder sonst irgendetwas klauen. Zudem haben sie sich lange Zeit gesträubt, Kunst zum kleinen Preis anzubieten. Erst langsam setzt sich in diesem Land die Erkenntnis durch, dass der Künstler sich mit der Gesellschaft vernetzen muss, dass die Masse seinen Erfolg macht."

    Georgakopoulos legt Wert auf die Feststellung, dass er noch nie staatliche Förderung bekommen oder beantragt hat - anders als die meisten Kulturschaffenden in Griechenland. Im Frühjahr plant er eine "Cheap Art- Ausstellung" auf Zypern; anschließend will er den Sprung nach Amsterdam wagen und auch dort das preisbewusste Kulturpublikum ansprechen.