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Griechische Stimmen zur Wahl
"Zumindest sind diese Leute neu in der Politik"

Nach der Parlamentswahl in Griechenland mit dem Sieg der Linkspartei Syriza schwanken die Menschen in Athen zwischen Hoffnung und Sorge. Viele setzen darauf, dass nun ein frischer Wind wehen wird mit neuen Köpfen in der Politik. Andere bezweifeln die dauerhafte Stabilität der neuen Regierung.

Von Thomas Bormann | 28.01.2015
    Die Parlamentswahl beschäftigt viele griechische Zeitungen - hier ein Kiosk in Athen
    Die Parlamentswahl beschäftigt viele griechische Zeitungen - hier ein Kiosk in Athen (dpa / picture alliance / Michael Kappeler)
    Die 25-jährige Nicoletta aus Athen freut sich immer noch über den haushohen Wahlsieg der Linkspartei Syriza:
    "Ich fühle mich richtig gut, weil da etwas Neues nach Griechenland gekommen ist. Frischer Wind, neuen Ideen - und darauf setze ich wirklich meine Hoffnungen."
    Andere aber wissen gar nicht so recht, was sie über die Ereignisse der vergangenen drei Tage denken sollen. Ereignisse, die sich überstürzt haben: Am Sonntag die Wahl; am Montag schon die neue Koalition, am Dienstag die neue Regierung; und heute leitet der neue Ministerpräsident Alexis Tsipras schon die erste Kabinettssitzung.
    "Wenigstens tut sich etwas"
    Der Student Giorgos Kontonis schwankt zwischen Hoffnung und Skepsis:
    "Ich spüre Hoffnung, dass sich etwas ändern wird. Ich weiß nicht genau was, aber wenigstens tut sich was. Ich glaube nicht, dass wir aus dem Euro herausgehen oder aus der EU; ich weiß noch nicht, ob's besser oder schlechter wird. Aber es wird sich etwas ändern."
    Die 46-jährige Büroangestellte Maria Yakoumatou winkt gleich ab: Nein, sagt sie, sie kann sich nicht vorstellen, dass diese Koalition aus ganz links und ganz rechts lange hält. Allein die Linkspartei Syriza hat so viele verschiedene Strömungen. Maria denkt jetzt schon ans Ende der neuen Regierung:
    "Das wird sehr schwer werden zu regieren. Jeden Moment könnten wir schon wieder Neuwahlen haben, weil die Abgeordneten sich nicht einig werden und die Regierung dann in einer Sackgasse endet."
    Na, nicht so schnell aufgeben, denkt der 33-jährige Polyzois Tavoularis und sagt über die Minister der neuen griechischen Regierung:
    "Wir müssen abwarten und sehen, was passiert. Zumindest sind diese Leute jung und neu in der Politik. Und sie waren nicht in irgendwelche Korruptionsfälle verwickelt."
    "Arbeitslosigkeit bekämpfen, Investoren herholen"
    Bill hat einen griechischen und einen amerikanischen Pass und lebt in Athen. Er meint, die Wahl am Sonntag war weniger eine Wahl für eine bestimmte Partei, sondern in erster Linie eine Wahl gegen die alte Regierung:
    "Das Wahl-Ergebnis hat uns eine linke Partei gebracht, die keinen Plan hat, wie sie die Arbeitslosigkeit bekämpfen will. Für dieses Ziel muss die Regierung eines tun: Investoren herholen. Dazu brauchen wir Stabilität. Da mache ich mir ein bisschen Sorgen."
    Aber auch Bill räumt ein:
    "Ich finde, sie haben eine Chance verdient. Sie haben die Gelegenheit, gute Arbeit zu leisten. Aber dafür müssen sie sofort loslegen. Sie müssen jetzt anpacken."
    Na, zumindest das tut die neue Regierung ja. Man kann Alexis Tsipras nicht vorwerfen, dass er trödeln würde. Aber den Griechen ist auch klar: Die Wahl gewinnen und schnell eine Regierung bilden zählt noch gar nichts. Es kommt darauf an, dass diese neue Regierung jetzt ihre hochgesteckten Wahlversprechen erfüllt und Griechenland aus der Krise zieht.