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Großbrand bei "Wiesenhof"
Mitarbeiter bangen um Arbeitsplätze

Nach dem Großbrand beim Geflügelschlachter "Wiesenhof" in Lohne können zur Zeit 1.200 Beschäftigte nicht arbeiten. Viele von ihnen bangen um ihren Arbeitsplatz, einige Leiharbeiter wurden bereits entlassen. Der Konzern äußerte sich dazu bisher nur schriftlich: Man tue alles, um Arbeitsplätze zu retten.

Von Hilde Weeg | 01.04.2016
    Dichter Rauch steigt am 28.3.2016 aus einem Gebäude der Firma "Wiesenhof" auf.
    Großbrand bei "Wiesenhof" in Lohne (dpa / picture alliance / Nwm-Tv)
    Die Brägeler Straße in Lohne führt aus der Stadt hinaus in ein Landschaftsschutzgebiet. An dessen Rand liegt einer der 12 Geflügel-Verarbeitungsbetriebe mit Schlachterei von Wiesenhof, dem Branchenriesen auf dem deutschen Markt mit insgesamt 1,3 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Auch vier Tage nach dem Brand stinkt es hier verkohlt, selbst von der Straße aus. Einige Gebäudeteile sind verschont geblieben, aber zwei Hallen sind komplett zerstört. Die Stahlträger liegen übereinander wie ein braun verkohlter Berg von Spaghetti. Der Brand ist im Zentrum des Gebäudekomplexes ausgebrochen, bis dahin kommt so schnell niemand, erklärt Polizeisprecherin Maren Fokke:
    "Jetzt wird man weiter mit schwerem Gerät versuchen, die Schuttberge förmlich zu durchkämmen um irgendwann eine Ursache festlegen zu können."
    Brandursache ist noch unklar
    Im Wiesenhof-Werk im niederbayerischen Bogen brannte es im letzten Februar. Nach Monaten wurden die Ermittlungen eingestellt, die Brandursache blieb ungeklärt. Auch in Lohne könnte das so sein:
    "Sie können sich sicher vorstellen, wie heiß das dort gewesen sein muss bei diesem Brand, so dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass man die Ursache nicht aufklären kann."
    Sicher ist: die 1200 Beschäftigten können erstmal nicht arbeiten, 750 sind fest angestellt, 450 davon haben Werksverträge. Gleich nach dem Brand hatte Wiesenhof verkündet, dass einige von ihnen entlassen werden müssten. So einfach ginge es nicht, erklärt Matthias Brümmer, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG für die Region Oldenburg-Ostfriesland. Erstmal müsse die Situation geklärt werden.
    "Welche Produktion kann wann wie wo wieder eventuell aufgenommen werden, was wird wieder aufgebaut werden. Und wenn das klar ist, dann hat man auch ein Personalkonzept, was dahinter steht. Dann können wir uns mit dem Unternehmen unterhalten, wie es weitergeht. Bis dahin - muss man ziemlich deutlich sagen - ist die Situation, dass das Unternehmen dazu verdonnert ist, im Namen des sogenannten Annahmeverzugs auch die Beschäftigten weiter zu bezahlen, auch wenn sie nicht arbeiten."
    Unterstützung von Gewerkschaften
    Die Mehrheit der Angestellten ist gewerkschaftlich organisiert, in der Branche durchaus nicht selbstverständlich. Die Gewerkschaft will sich aber für alle einsetzen und zeigt sich flexibel:
    "Ob wir für diesen speziellen Fall den Manteltarifvertrag entsprechend öffnen können. Das heißt also Arbeitszeit neu zu verteilen, mit Minuszeitkonten zu beginnen oder auch die Frage, wann wird wie Urlaub genommen, um die Leute so lang wie möglich in Lohn und Brot zu halten."
    Der Betriebsratsvorsitzende Zafer Babacan von Wiesenhof in Lohne hat aber bisher keine Informationen von Wiesenhof:
    "Mein Traum ist, dass der Konzern diesen Schlachthof wieder aufbaut in der gleichen Form, sodass wir alle Arbeitsplätze von Stammarbeitern, Werksvertrags- und Leiharbeitern retten."
    Wiesenhof selbst äußert sich nur schriftlich über eine PR-Agentur in München: Der Konzern tue alles, um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten. In einem Teil des Werkes könnte die Arbeit vielleicht bald wieder aufgenommen werden. Eines der drängendsten Probleme für Wiesenhof war auch, die täglich 370.000 schlachtreifen Hühner auf andere eigene und fremde Betriebe umzuverteilen. Eine weitere Frage: Für das Werk in Lohne war erst vor wenigen Tagen gegen die Kritik von Naturschützern die Genehmigung zur Erweiterung des Schlachtbetriebs und zur Errichtung einer Abwasseraufbereitungsanlage erteilt worden. Je nachdem, wie und was genau nun wieder aufgebaut wird, könnten neue Genehmigungsverfahren notwendig werden. Im bayerischen Bogen wird dagegen der Schlachtbetrieb für 220.000 Tiere täglich in diesen Tagen wieder aufgenommen, der Rest der Anlage soll im Spätsommer folgen.