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Großbritannien
Aldi und Lidl mischen Supermärkte im Königreich auf

Seit Anfang der 90er-Jahre sind die deutschen Discounter Aldi und Lidl in Großbritannien vertreten. Inzwischen gibt es einige hundert Filialen, die den britischen Supermarktketten mit ihren Niedrig-Preis-Produkten das Leben schwer machen. Im Königreich ist regelrecht eine deutsch-englische Preisschlacht ausgebrochen.

Von Jochen Spengler | 25.06.2014
    Passanten gehen am 01.10.2012 in den Innenstadt von Manchester an einer Filiale von Aldi vorbei.
    Aldi hat rund 500 Shops in Großbritannien, Lidl inzwischen 600. (dpa - picture alliance / Marius Becker)
    "Ich liebe Lidl, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Ich habe eine sechsköpfige Familie und muss aufs Geld schauen. Ich gehe doch nicht zu Tesco und bezahle das Doppelte."
    So wie Nicola in Kingston upon Thames handeln immer mehr Briten. Die deutschen Discounter Aldi und Lidl boomen mit zweistelligen Wachstumsraten. Beide sind schon seit Anfang der 90er-Jahre im Königreich vertreten und mussten lange ankämpfen gegen ihr Billigimage. Das ist Geschichte. Auch der 60-jährige Jeff ist angetan:
    "Das frische Gemüse und das Brot. Man bekommt was fürs Geld und es sind gute Konkurrenten für Tesco. Natürlich haben sie nur eine begrenzte Auswahl."
    Lidl bietet in seinen Läden nur 1.500 Produktlinien an. Der britische Marktführer Tesco kommt in seinen Superstores dagegen auf die zehnfache Menge.
    Doch die geringere Auswahl schadet den deutschen Supermarktketten nicht. Im Gegenteil sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg London. Das effiziente Geschäftskonzept von Aldi und Lidl, sich auf wenige Niedrig-Preis-Produkte zu konzentrieren, habe sich in der gnadenlosen Preisschlacht des Einzelhandels während der langen deutschen Konsumflaute durchgesetzt.
    "Gestählt in gewissem Sinne durch diesen Preiskampf auf dem größten Markt Europas für 15 Jahre sind natürlich diese Discounter relativ gut in einer Position in anderen Ländern den Markt aufzumischen."
    Konkurrenz für britische Supermarktketten
    Aldi hat rund 500 Shops hier, Lidl inzwischen 600. Beide wollen die Anzahl ihrer Filialen in den kommenden Jahren verdoppeln und machen damit den vier großen britischen Supermarktketten das Leben schwer: Tesco, Asda, Sainsbury's und Morrison's. Sie befinden sich in einer ungemütlichen Sandwichposition. Zwischen hochpreisigen Edelsupermärkten wie Waitrose einerseits und Discountern wie Aldi und Lidl andererseits; Ben Page vom Forschungsinstitut Ipsos Mori:
    "Nach dem Finanzkrach sind die Menschen sehr viel wählerischer geworden. Ihr Einkommen ist gesunken und sie schauen genauer darauf, was sie kaufen. Sie wollen beides: Luxus und preiswerte Güter, wenn die ausreichende Qualität haben."
    Das veränderte Konsumverhalten schadet den Supermarkt-Unternehmen in der Mitte und alle vier sind alarmiert. Sie reagieren mit Preissenkungen. Vor allem Marktführer Tesco, das 95 Jahre alte Traditionsunternehmen, leidet unter der deutsch-englischen Preisschlacht. Tesco verzeichnete im ersten Quartal den größten Umsatzrückgang seiner Geschichte: Minus 3,8 Prozent, der Aktienkurs sinkt. Doch der umstrittene Unternehmens-Chef Philip Clarke denkt nicht an Rücktritt und hält andere Ziffern dagegen:
    "72 Milliarden Umsatz, 3,3 Milliarden Pfund Gewinn. Wir werden Tesco in drei Jahren verwandeln indem wir jeden Shop verändern und indem wir unsere Mehrkanal-Verkaufsmöglichkeiten ausbauen. Dafür werde ich sorgen."
    Tesco bislang das größte Einzelhandelsunternehmen
    Trotz des jüngsten Umsatzeinbruchs bleibt Tesco mit einem Marktanteil von fast 29 Prozent das mit Abstand größte Einzelhandelsunternehmen und viele Briten lassen, wie Carole, nichts auf ihre Traditionssupermärkte kommen:
    "Nothing can beat Tesco's or Sainsbury's."
    Noch beherrschen die großen Vier gemeinsam drei Viertel des Marktes. Aldis Markteinteil beträgt derzeit nur 4,6 Prozent, der von Lidl 3,4. Da ist noch Luft nach oben.