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Großbritannien
"Das schnellste Wachstum unter den größeren Volkswirtschaften"

Die britische Wirtschaft hängt Deutschland beim Wachstum ab. So lautete heute die Überschrift einer Nachrichtenagentur, nachdem das Statistikamt in Großbritannien in einer ersten Schätzung das Bruttoinlandsprodukt für das Gesamtjahr 2014 errechnet hatte. Und auch andere Kennziffern stimmen positiv.

Von Jochen Spengler | 27.01.2015
    Großbritannien ist weiter auf dem Pfad wirtschaftlicher Erholung. Allerdings hat sich das Wachstum im letzten Quartal 2014 leicht abgeschwächt - auf 0,5 Prozent Prozent. So lautet die vorläufige Schätzung der Statistikbehörde, deren Chefvolkswirt Joe Grice analysiert:
    "Das bedeutet für das gesamte Jahr 2014 ein Wachstum von 2, 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Also ganz solide, auch wenn es etwas geringer ausfiel als das 3. Quartal signalisiert hat, wo es ein Plus von 0,7 Prozent gab."
    Dennoch sind 2,6 Prozent Wachstum der beste Wert seit dem Vorkrisenjahr 2007 und somit Rückenwind für die konservative-liberale Regierung. Sie hat Unternehmen und Selbständige mit Bürokratieabbau und Steuersenkungen gefördert und betont, dass ihr langfristiger Wirtschaftsplan funktioniere und nun Früchte trage. Schatzkanzler George Osborne.
    "Dies wäre das schnellste Wachstum unter den größeren Volkswirtschaften. Die Erholung geht voran und unser Plan sieht vor, Großbritannien vor Wirtschaftsstürmen zu schützen. Das internationale Klima wird schlechter und 100 Tage vor den Wahlen dürfen wir unseren Plan nicht aufgeben und ins Wirtschaftschaos zurückrutschen.
    Auch andere Kennziffern stimmen positiv: Die Inflation beträgt nur noch 0,5 Prozent und es sind nur noch 1,9 Millionen Briten sind arbeitslos, was einer Quote von 5,8 Prozent entspricht.
    Der Boom kommt nicht überall an
    Allerdings sorgen viele Billiglohn-Jobs und niedrige Gehälter dafür, dass der Aufschwung nicht überall ankommt und der Lebensstandard britischer Familien noch immer niedriger liegt als vor sechs Jahren. Erst seit kurzem gibt es Anzeichen dafür, dass infolge der sinkenden Preise für Lebensmittel, Benzin, Gas und Heizöl die Familien mit steigenden Reallöhnen rechnen können.
    Sorge bereitet der Regierung dagegen, dass die angestrebte Neuausrichtung der Wirtschaft, insbesondere die Verringerung der Abhängigkeit von der Finanzbranche und der Ausbau der industriellen Produktion und Exporttätigkeit nicht recht voran zu kommen scheinen – trotz der boomenden britischen Autoindustrie.
    "Die Wirtschaft ist jetzt 3,4 Prozent stärker als vor der Rezession, aber das liegt vor allem an der Dienstleistungsindustrie. Die ist 7,9 Prozent größer als Anfang 2008. Im Gegensatz dazu ist die Bautätigkeit um 7,9 Prozent geschrumpft und die Produktion sogar um 10,6 Prozent", sagt Joe Brice von der Statistikbehörde.
    Auch ein anderes Ziel hat die Regierung Cameron verfehlt wegen des lange auf sich warten lassenden Aufschwungs: den Abbau des Haushaltsdefizits. Das beträgt noch immer 5,3 Prozent und soll nun erst in vier Jahren bei 0 liegen – weitere drastische Sparmaßnahmen vorausgesetzt.