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Großbritannien
EU will Briten nicht um jeden Preis halten

Premierminister David Cameron will nach seinem Wahlsieg das für 2017 versprochene Referendum über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft abhalten. Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission, will sich nun Änderungsvorschläge aus London anhören - Grundfreiheiten seien aber nicht verhandelbar.

08.05.2015
    Die Flaggen der EU und Großbritanniens
    Die Flaggen der EU und Großbritanniens (imago stock & people)
    Die EU-Kommission erklärte sich zu Gesprächen über Reformen in der Europäischen Union bereit. Die Kommission wolle "konstruktiv mit dem Vereinigten Königreich zusammenarbeiten", sagte der Chefsprecher der EU-Kommission, Margaritis Schinas. Junckers Ziel sei "ein fairer Deal" für Großbritannien in der EU. Die vier Grundfreiheiten - der freie Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital - seien aber "nicht verhandelbar". Cameron hatte mit den Tories die Wahl in Großbritannien am Donnerstag gewonnen.
    Projekt Europa "darf nicht sinnentleert werden"
    Cameron hatte den Briten im Falle seiner Wiederwahl für 2017 eine Volksabstimmung über den Verbleib in der EU versprochen und will vorher die Bedingungen für die britische Mitgliedschaft von Grund auf neu aushandeln. Camerons Ziel ist dabei "ein besserer Deal" für Großbritannien, das schon jetzt von einer Reihe von Ausnahmeregelungen profitiert und unter anderem bei den Beitragszahlungen einen Rabatt bekommt.
    Prognosen zufolge konnten die Konservativen unter Premierminister Cameron Stimmen hinzugewinnen.
    Prognosen zufolge konnten die Konservativen unter Premierminister Cameron Stimmen hinzugewinnen. (AFP - Geoff Caddick)
    Auch der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, verlangte, Cameron müsse nun "seine Forderungen auf den Tisch legen". Dabei seien die grundlegenden EU-Freiheiten "nicht verhandelbar", schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Die Europäer müssten aber darüber nachdenken, "ob es nicht Zeit ist für eine größere Vertragsreform". Vertragsänderungen müssten allerdings alle 28 EU-Staaten zustimmen.
    Ein hochrangiger EU-Vertreter sagte, Großbritannien würde "falsch in der Annahme liegen, dass die EU einen hohen Preis zahlen würde, um es in der Union zu halten". Das Projekt Europa dürfe "nicht sinnentleert werden".
    EU steht lange "Brexit-Debatte" bevor
    Europa stehe nun "vor einer hässlichen 'Brexit'-Debatte", sagt Jan Techau, Leiter des Instituts Carnegie Europe. Durch das schlechte Abschneiden der EU-feindlichen Partei Ukip, die bei den Europawahlen vor einem Jahr noch stärkste Kraft geworden war, gehe Cameron "mit einem sehr starken Mandat" in die Verhandlungen mit den Europäern. "Er wird sagen, dass sein Ansatz gegenüber der Ukip der richtige war", sagt Techau. "Wenn er mit einer Reformagenda kommt, kann er beträchtlichen Druck auf die anderen europäischen Spitzenpolitiker ausüben."
    Der Journalist Jeremy Cliffe bezeichnete des Ergebnis im Deutschlandfunk als "einen Schritt Richtung EU-Austritt". Elmar Brok, Europaabgeordneter der CDU, sagte dagegen ebenfalls im Deutschlandfunk: "Ich neige fast dazu, dass man zu einem Referendum kommen sollte und dass das nicht so schlimm ist, damit endlich Klärung kommt. Wir wissen aus neuesten Umfragen, dass 60, 70 Prozent der Briten eigentlich in der Europäischen Union bleiben möchten."
    (nch/ach)