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Großbritannien
Finanzminister riskiert Milliardenverlust

Die Royal Bank of Scotland gehört zu vier Fünfteln der britischen Regierung, nachdem sie während der Finanzkrise 2008 mit Steuergeldern in Milliardenhöhe gerettet wurde. Nun will die Regierung diese Anteile schnellstmöglich wieder verkaufen - obwohl dadurch herbe Verluste für den Steuerzahler entstehen könnten.

Von Jochen Spengler | 11.06.2015
    Der britische Schatzkanzler George Osborne am 3. Dezember 2014
    Der britische Schatzkanzler George Osborne. (dpa / picture alliance / EPA / Hannah Mckay / Pool)
    45 Milliarden Pfund pumpte die britische Regierung 2008 in die Royal Bank of Scotland, um sie vor der Pleite zu retten - es war die größte Einzelrettung einer Bank weltweit. 80 Prozent der RBS gehören inzwischen dem Staat; mit ihren 16.000 Mitarbeitern in Großbritannien macht die Bank bis heute Milliardenverluste; Restrukturierung und Erholung erweisen sich als kompliziert.
    Weswegen sich Finanzminister George Osborne - so betonte er gestern Abend vor den im Londoner Mansion House versammelten Top-Bankern der City - zu einer schwierigen Grundsatzentscheidung gezwungen sah: Sollte er die staatlichen Bankanteile behalten oder ihren Verkauf einleiten, obgleich ihr Wert nur 70 Prozent des damaligen Ankaufspreises ausmacht und der Staat somit einen theoretischen Verlust von 17 Milliarden Euro riskiert?
    "Ich bin nicht interessiert daran, was leicht ist, sondern was richtig ist. Ich bin nicht verantwortlich für den Notaufkauf von RBS und den Preis, der von den Steuerzahlern seinerzeit bezahlt wurde; aber ich bin verantwortlich dafür, jetzt das beste Geschäft für den Steuerzahler zu erreichen und alles zu tun, um die britische Wirtschaft zu unterstützen. Und es gibt keinerlei Zweifel, dass es in beiderlei Hinsicht das Richtige ist, jetzt mit dem Verkauf des staatlichen Anteils zu beginnen."
    Zum Verkauf des fast 50 Milliarden Euro schweren Anteilspakets haben dem Schatzkanzler nicht nur die Investmentbank Rothschild, sondern auch der Gouverneur der Bank of England Mark Carney geraten. Nach deren Analyse liegt die Reprivatisierung im öffentlichen Interesse, wird zur Finanzstabilität beitragen und möglichen weiteren Verlusten zulasten des Steuerzahlers vorbeugen. Beide halten den gegenwärtigen Preis der RBS-Aktien für ein faires Abbild des fundamentalen Unternehmenswerts. Sie gehen davon aus, dass die früheren Vor-Krisen-Kurse der Aktie nicht mehr erzielt werden können, es aber während der Verkaufsphase durchaus zu Kurssteigerungen kommen kann.
    "Sie raten, jetzt mit dem Verkauf anzufangen und den Streubesitz auszuweiten, was die Marktfähigkeit unserer verbleibenden Anteile verbessern wird, was bedeutet, dass wir in der Zukunft größere Verkäufe zu besseren Konditionen erwarten können, aber nur, wenn wir jetzt damit anfangen."
    Investmentbanker rechnen mit Gewinn von 19 Milliarden Euro
    Schon in den kommenden Wochen solle, so George Osborne, mit dem RBS-Anteils-Verkauf an institutionelle Anleger begonnen werden. Er werde Jahre dauern und später sollen auch Privatanleger RBS-Anteile erwerben können, so wie bereits für die Privatisierung der Lloyds Bank versprochen wurde.
    Insgesamt - so rechnen die Rothschild-Investmentbanker vor - werden die diversen Rettungsaktionen für die Banken den britischen Steuerzahler unter dem Strich kein Geld kosten, sondern durch Reprivatisierungen und Strafgebühren einen Gewinn von 19 Milliarden Euro einbringen.
    Damit sich eine Bankenkrise dennoch nicht wiederholen kann, wird weiter an neuen Marktstrukturen, Standards und Regeln gearbeitet. Notenbankchef Mark Carney kündigte strengere Sanktionen für skrupellose Banker an, die die Regeln verletzen. Die Höchststrafe für sie soll von sieben auf zehn Jahre angehoben werden: das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit sei vorbei.