Richard David Precht

Der Zusammenfasser

Richard David Precht stellt am 20.10.2016 sein Buch "Tiere denken" beim Spiegel auf der Buchmesse Frankfurt vor. Foto: Susannah V. Vergau / dpa | Verwendung weltweit
Der Philosoph Richard David Precht. © dpa/ Susannah V. Vergau
Von Lydia Heller · 28.03.2018
Die einen verehren ihn und strömen in seine Vorträge, die anderen verspotten ihn als Abzocker und Leichtgewicht – Richard David Precht, Bestseller-Autor, Moderator, Honorarprofessor und Philosoph. Was steckt hinter den Ressentiments gegen ihn?
"Bitte begrüßen Sie mit mir: Richard David Precht!"
Wo Richard David Precht auftaucht, scheint es, da erntet er Applaus.
"Richard David Precht, herzlich willkommen! – Ja, danke für die Einladung!"
Acht Sachbücher hat er geschrieben und unzählige Artikel in Zeitungen und Zeitschriften. Mit den Themen immer am Puls der Zeit – es geht um Moral, um Liebe, um das bedingungslose Grundeinkommen, um Hirnforschung, um Digitalisierung. Seit Jahren erreicht Precht damit ein Millionenpublikum, und seit Jahren bringt ihm das Kritik ein.

Beliebig und oberflächlich?

"Kein Philosoph, der in seinem Fach etwas gelten möchte, würde sich auch nur auf einen Bruchteil der Themen einlassen. Viel zu beliebig, viel zu oberflächlich wäre das."
- lautete eine der jüngsten Precht-Kritiken im Wirtschaftsteil der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
"Da sitzt er in der Talkshow, redet wenig Substanzielles zum Thema Bildung und wird mit 'Bildungs-Experte' untertitelt."
- kommentierte eine Leserin zustimmend.
"Dann lese ich was zum Thema Tier, woher auf einmal das Fachwissen? Letztens einen großen Vorwurfs-Artikel zum Thema Digitalisierung – ohne sinnvolle Vorschläge."
Ein "Dampfplauderer" sei Precht, so liest man ebenfalls oft, ein "Schmalspurphilosoph", der lediglich leichte Kost zu bieten habe – darunter außerdem nichts, was nicht ein anderer schon mal gedacht hätte. Und Lösungen liefere er auch nicht. Was Precht nicht anficht:
"Philosophie ist nicht dann an ein Ziel gelangt, wenn man eine verbindliche Antwort hat. Sondern die Tätigkeit selber. Wittgenstein hat mal gesagt, Philosophie ist in erster Linie eine Tätigkeit."

"Historiker haben Gegenwartsbezug verloren"

Aufgabe der Philosophie sei unter anderem, vorhandenes Wissen aufeinander zu beziehen und in einen größeren Kontext zu setzen. Das Problem sei eher,
"dass die Hochschulphilosophie heute hochgradig spezialisiert ist. Wir haben Hochschul-Philosophen, die beschäftigen sich ein Leben lang mit der Adverbialphrase. Und die anderen sind zum größten Teil Historiker. Also Leute, die sich exzellent mit Platon auskennen, sich aber keine Gedanken über die Gegenwart machen. Und jetzt haben wir das Problem, dass diese analytischen Philosophen sehr weit den Gegenstandsbezug verloren haben und die Historiker den Gegenwartsbezug verloren haben. Und das führt dazu, dass Philosophie in der Gesellschaft, Hochschulphilosophie, kaum noch wahrgenommen wird."
Noch bis in die Aufklärung hinein seien Philosophen Generalisten gewesen, die sich vor allem die Frage nach dem richtigen und guten Leben gestellt hätten. Und versucht hätten, diese in die Öffentlichkeit zu tragen. Dass das heute vor allem über die Zeitungen, Radio und Fernsehen geschieht, scheint das Ansinnen allerdings schon an sich zu diskreditieren:
"Ist intellektuelle Qualität ein Grunderfordernis der Medien? Wirklich nicht!"
- heißt es in einem anderen von mehr als 100 Leserkommentaren unter dem FAZ-Artikel.
"Von Bestsellern bis zur Politik. Masse und Qualität sind keine Zwillinge."
Das stimmt natürlich – aber schließt Massenkompatibilität Qualität deshalb von vornherein aus? Precht sei, so hieß es einmal im Hamburger Abendblatt:
"..der Philosoph, den jeder versteht und der unseren Alltag mit eloquenter Leichtigkeit und Mut zu unbequemen, aber klug durchdachten Ansichten erklärt."

"Natürlich vermarktet sich der Kerl"

Auch mit seinem jüngsten Projekt, einer Philosophiegeschichte in drei Bänden, will Precht Menschen erreichen, die sich für Philosophie interessieren, sich an philosophische Original-Texte aber nicht heranwagen. Prechts Kritikern zufolge ist dieser Ansatz aber gar nicht erwünscht:
"Meine Erfahrung ist, dass es bei komplizierten Dingen desto schwieriger wird, sie einfach zu sagen, je besser man sie verstanden hat. Weil man immer mehr merkt, wieviel Ungeklärtes im einfach ausgesprochenen Satz steckt."
Sind aber Dinge, die man in allgemein verständlicher Sprache sagen kann, schon allein deshalb oberflächlich?
"Natürlich vermarktet sich der Kerl. Besser kann man den Kapitalismus nicht umsetzen."
Oder ist es also letztlich Prechts kommerzieller Erfolg, der ihn als Philosophen diskreditiert?
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