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Großbritannien
Warten auf den EU-Deal

Drin bleiben oder austreten? Mit Spannung warten die Briten auf das Ergebnis des EU-Gipfels. Rund ein Drittel der Briten will Umfragen zufolge den Austritt. Die Medien überschlagen sich mit Meldungen und neuesten Umfragen. Sogar die Royals werden in die Debatte mit hereingezogen.

Von Friedbert Meurer | 18.02.2016
    Die Flaggen der EU und Großbritanniens
    Die Flaggen der EU und Großbritanniens (imago stock & people)
    David Cameron in Brüssel: Seit Tagen wird nahezu jeder Schritt des Premierministers von den Medien begleitet. Was ist mit den Regierungen Polens, Tschechiens, der Slowakei und Ungarns? Sie seien gegen die Vereinbarung. Wie wasserdicht werden die Zusagen sein? EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kommt zu Wort, der guten Willens zu sein scheint, aber hinzufügt: Das Europaparlament entscheidet frei, wir leben nun einmal in einer Demokratie.
    Und da ist noch der Londoner Bürgermeister Boris Johnson. Gewohnt locker kommt er mit Mütze und Rucksack per Fahrrad zu 10 Downing Street, winkt in die Kameras und ist ansonsten die Sphinx Großbritanniens:
    "Hat der Premierminister genug getan, um sie zu überzeugen, Boris?" ruft ein Reporter. "Sind sie zufrieden, Boris", fragt ein anderer.
    Boris Johnson gilt als einer der Anwärter auf die Nachfolge von David Cameron, der spätestens 2020 zur nächsten Wahl nicht mehr antreten will. Seitenlang grübeln die Zeitungen über Johnsons Strategie - will er sich an die Spitze der EU-Gegner bei den Tories setzen? Johnson lässt alle noch im Unklaren:
    "Es gibt noch nichts, wir müssen warten, was herauskommt."
    Die Boulevard-Presse schlägt Alarm
    Warten auf den Deal von Brüssel - die Medien berichten wie bei Großereignissen üblich per Liveticker. Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, hat sich im Bundestag dafür ausgesprochen, dass die Briten in der EU bleiben - der Schulterschluss wird gewürdigt, das stärke Cameron. Aber wird, wenn die 28 Staats-und Regierungschefs zustimmen, das auch wirklich in Stein und Granit gemeißelt sein? Was ist mit dem Europäischen Gerichtshof? Fragen über Fragen. Die Briten selbst verfolgen interessiert das Schauspiel, Umfrage auf Umfrage regnet herein. Grob gesprochen ist ein gutes Drittel gegen den Verbleib in der EU, ein Drittel dafür und ein Drittel noch unentschieden:
    - "Was ist besser: bei der Party dabei zu sein, als nur durchs Fenster hineinzuschauen. Also besser bleiben als weggehen."
    - "Ich will lieber die EU verlassen. Ich finde die Idee nicht gut, dass es Regeln und Gesetze gibt, die uns betreffen, und wir haben darüber keine Kontrolle."
    - "Ich bin besorgt, wenn wir die EU verlassen, dass das ein neues Referendum in Schottland auslösen wird. Das wäre für das Vereinigte Königreich ein Desaster."
    Die meisten Zeitungen in England berichten heute über neue Zahlen des Statistikamts: Danach sind im vergangenen Jahr 200.000 weitere EU-Migranten nach Großbritannien gekommen, um hier zu arbeiten. Damit erhöht sich die Zahl auf insgesamt zwei Millionen auf der Insel. Die Boulevard-Presse schlägt entsprechend Alarm: Zwei Millionen Migranten schnappen sich unsere Jobs, titelt der Daily Express.
    Medien rechnen mit Einigung in Brüssel
    Unterstützung für Cameron kommt von ganz oben. Ein Ausschnitt aus einer Rede Prinz Williams macht die Runde:
    "Wir sind sei Jahrhunderten eine Nation, deren blick nach außen gerichtet ist. Wir wollten immer erforschen, was hinter dem Horizont liegt. Unsere Neugier treibt unsere Wirtschaft und Kultur, unsere Exporte an. Wir haben eine stolze Tradition, uns Verbündete zu suchen."
    Kurz nach der Rede dementiert der Palast. Prinz William habe das allgemein geäußert, das sei keine Stellungnahme pro EU. Insgesamt rechnen die britischen Medien aber mit einer Einigung in Brüssel. Freitagabend soll es schon eine Sondersitzung des Kabinetts in London geben. Dann wird der Startschuss für das Referendum erwartet - als Termin gilt der 23. Juni.