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Grosse Seen
Die rasende Erwärmung

Zurzeit erwärmen sich die fünf großen Seen Nordamerikas deutlich schneller als die Luft in ihrer Umgebung. Amerikanische Forscher suchen nun nach Gründen für dieses Phänomen. Ein immer kürzerer meteorologischer Winter reicht als Erklärung alleine nicht aus.

Von Monika Seynsche | 12.01.2015
    Blick auf einen See
    Unter anderem führt die Abnahme von Wolken im Sommer dazu, dass mehr Sonnenlicht die Seen erreicht und erwärmt. (picture alliance / dpa / Foto: Kay Nietfeld)
    "Wir versuchen zu verstehen, warum sich die Großen Seen in Nordamerika so schnell erwärmt haben. Besonders der Obere See und der Michigansee zeigen eine sehr starke Erwärmung während der Sommermonate."
    Michael Notaro ist stellvertretender Direktor des Zentrums für Klimaforschung an der Universität Wisconsin-Madison. Die größten Sorgen macht er sich um den Oberen See. Der nördlichste und tiefste der fünf Great Lakes oder Großen Seen hat sich in den vergangenen 20 Jahren um etwa zwei Grad Celsius erwärmt. Die Lufttemperaturen in der Region sind im gleichen Zeitraum um gerade einmal 0,4 Grad angestiegen.
    "Wir haben Temperaturmessungen, Satellitenaufnahmen und ein regionales Klimamodell ausgewertet. So konnten wir zwei Mechanismen ausmachen, die für die ungewöhnlich starke Erwärmung der Seen verantwortlich sind. Zum einen sind die Winter wärmer geworden, sodass sich die Seen im Frühling schneller aufwärmen können. Zum anderen bilden sich im Sommer weniger Wolken, so dass mehr Sonnenlicht die Seen erreicht und erwärmt. Diese beiden Prozesse zusammen führen zur beschleunigten Erwärmung der Seen."
    Einfluss der Großen Seen
    Die Großen Seen bilden zusammen die größte Süßwasserfläche der Welt und beeinflussen das Klima der gesamten Region. Darüber hinaus sind sie von enormer Bedeutung für die Trinkwasserversorgung der USA und Kanadas.
    "Wenn sich die Seen stark genug erwärmen, könnte das zu Sauerstoffmangel und toten Zonen am Grund der Seen führen. In dieser Hinsicht ist der Eriesee besonders anfällig. Außerdem entscheidet die Temperatur der Seen darüber, welche Fischarten dort noch leben können. Und auch Rückwirkungen auf das Klima der Region sind möglich."
    Auch John Lenters macht sich Sorgen um die wärmer werdenden Seen. Der Wissenschaftler arbeitet für das private Gewässerforschungsinstitut LimnoTech in Ann Arbor. Dort untersucht er die weltweiten Trends in der Temperaturentwicklung von Seen.
    "Wir haben eine Datenbank mit den Werten von mehr als 300 Seen weltweit aufgebaut. Die Stärke dieser Datenbank liegt darin, dass sie sowohl Satellitenmessungen als auch Feldmessungen beinhaltet. Einige dieser Seen werden schon sehr lange überwacht, dort reichen die Messreihen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Die meisten Seen in unserer Datenbank haben sich mit den Jahren erwärmt."
    Höhere Wassertemperaturen stören Durchmischung der Seen
    In den vergangenen Jahre seien die Seen um durchschnittlich 0,4 Grad pro Jahrzehnt wärmer geworden, sagt John Lenters. Das entspreche in etwa dem Anstieg der globalen Lufttemperaturen im gleichen Zeitraum und sei damit eine weitere Folge des menschengemachten Klimawandels. Die höheren Wassertemperaturen stören die regelmäßige Durchmischung der Seen.
    "Je wärmer und damit leichter die Wasserschicht an der Oberfläche des Sees ist, desto stabiler ist die Schichtung des Wassers. Dadurch gelangt kaum noch sauerstoffreiches Oberflächenwasser zum Grund und kaum noch sauerstoffarmes und nährstoffreiches Tiefenwasser an die Oberfläche. Wir fürchten, dass das die Biologie einiger dieser Seen beeinflussen wird."