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Grünbuch
Bundesagrarminister Schmidt plant staatliches Tierschutzsiegel

Ein staatliches Tierwohllabel oder die klare Kennzeichnung veganer oder vegetarischer Produkte: Das Grünbuch, das Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vorgestellt hat, beinhaltet die Leitlinien der künftigen Agrar- und Ernährungspolitik. Gerade in der Verbraucheraufklärung gebe es Handlungsbedarf, betonte der Minister.

Von Paul Vorreiter | 30.12.2016
    "Grünbuch Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Räume" von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) am 30.12.2016 in Berlin.
    Bundesagrarminister Christian Schmidt stellt das "Grünbuch Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Räume" vor (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Schmidt hat Klärungsbedarf. Gleich zu Beginn der Vorstellung des Grünbuches, das die politischen Leitlinien und Projekte seines Ministeriums skizziert, sieht sich der CSU-Politiker dazu gezwungen, seine Äußerungen zu Schweinefleisch an Kitas und Schulen sowie dem Verbot vermeintlich irreführender Bezeichnungen fleischloser Produkte noch mal zu konkretisieren. Es gehe ihm nicht darum vorzuschreiben, was die Menschen essen sollten, sondern um Wahlfreiheit. Die Häme, die ihm in sozialen Medien entgegengekommen ist, aufgrund der Äußerungen, Begriffe wie "vegetarisches Schnitzel" und "vegane Currywurst" verbieten zu wollen, kann er nicht nachvollziehen:
    "Das Thema ist stringent. Wir sollten nicht ernsthaft über Kinderschnitzel und falschen Hasen diskutieren, ja, schön, Jägerschnitzel kann man auch noch dazu nehmen. Das führt uns in der Verantwortung hier nicht weiter. Ich hab mich übrigens deswegen vor einigen Wochen bereits auch auf Bitten des VeBu der Bundesländer und aller Bundestags-Fraktionen beim zuständigen EU-Kommissar nachhaltig für eine klare Bezeichnung veganer Produkte in Europa eingesetzt. Das geht auch in eine milchvergleichbare Richtung."
    Klare Kennzeichnung für vegane und vegetarische Produkte
    Der Minister zog damit eine Parallele zur Diskussion um Analogkäse, wo die Gesetzeslage bereits klar mache, dass Käse nur dann als Käse bezeichnet werden dürfe, wenn auch Milch darin enthalten sei. Eben, um Irreführungen zu vermeiden. Außerdem sei es auch deswegen notwendig, sich für eine klare Kennzeichnung einzusetzen, weil der Markt an veganen und vegetarischen Produkten stark wachse.
    Auch im Sinne der Verbraucheraufklärung gebe es Handlungsbedarf; Minister Schmidt scherzte, dass nicht überall die Menschen so aufgeklärt seien über die Palette an fleischlosen Produkten wie in urbanen Stadtvierteln wie dem Prenzlauer Berg in Berlin.
    Doch sein Ministerium hat noch mehr als nur diese Aufgaben zu lösen. Es steht unter dem zunehmenden Druck, sich für eine tierfreundlichere Haltung einzusetzen. Ein staatliches Tierwohllabel soll den Verbrauchern verständlich und einfach bei ihrer Kaufentscheidung helfen. Welche Produkte das Tierschutzlabel umfassen soll, verriet der Minister noch nicht. Der CSU-Politiker verdeutlichte allerdings, dass das Label durchsetzungsfähig sein müsse:
    "Ich bin dazu da, dass ich einen signifikanten Marktanteil damit erreiche. Das erfordert natürlich die Beteiligung und die Bereitschaft auch des Lebensmitteleinzelhandels, dort mitzuziehen. Da ist noch ein gehöriges Stück Arbeit da, aber kein langer Weg, der nicht mit dem ersten Schritte begonnen wird, wird zum Ziel führen und deswegen habe ich den ersten Schritt jetzt für den Januar gesetzt."
    Tierwohllabel soll auf der "Grünen Woche" vorgestellt werden
    Im Januar sollen auf der Landwirtschafts- und Ernährungsmesse "Grüne Woche" Eckpunkte des Labels vorgestellt werden. Ein nationaler Tierwohlbeauftragter soll als Mittler bei diesem Thema zwischen Händlern, Verbrauchern und Landwirten fungieren. Der Tierschutzbund begrüßt zwar das Vorhaben, aber:
    "Das, was Schmidt heute vorgestellt hat, geht sicherlich in die richtige Richtung, auch die nationale Nutztierstrategie, allerdings verwundert das schon wenig, dass das alles zum Ende der Legislaturperiode geschieht, denn die entsprechenden Belege und Erkenntnisse liegen schon lange vor. Das Tierschutzgesetz war und ist grausam, es lässt viel zu viel Tierqual zu, wir können dem Minister nur raten, wir brauchen einfach keinen Problembeschreiber, sondern einen Gesetzgeber, der Kante zeigt", sagte Lea Schmitz; Sprecherin des Tierschutzbundes gegenüber dem Hauptstadtstudio.
    Das Grünbuch des Bundeslandwirtschaftsministeriums befasst sich unter anderem noch mit der Förderung der Landwirtschaft. Niedrige Schweinefleisch-Preise und hohe Pachtkosten machen kleinen und mittleren Betrieben zu schaffen. In diesem Jahr mussten so viele Bauern ihre Höfe aufgeben wie noch nie.
    Das Ministerium setzt seinen Fokus auf die Förderung von regional verwurzelten Landwirten, gerade in strukturschwachen Regionen mit demografischen Problemen. Schmidt bekennt sich zur sogenannten zwei Säulen-Struktur, die auch nach 2020 Direktzahlungen an Landwirte ermöglichen soll. Die sollen vor allem Familienbetrieben zugutekommen und diese vor außerlandwirtschaftlichen Investoren begünstigen.