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Gründung von DiEM25 in Berlin
Varoufakis lädt zur Demokratiebewegung

Wenn Yanis Varoufakis ruft, ist der Saal voll. Der ehemalige griechische Finanzminister begründet mit anderen Intellektuellen in Berlin das Demokratienetzwerk DiEM25. Grenzüberschreitend und parteienunabhängig soll es sein. Und Varoufakis will damit nicht weniger als die EU-Institution reformieren - der EU drohe sonst der Zerfall.

Von Claudia van Laak | 09.02.2016
    Yanis Varoufakis, ehemaliger griechischer Finanzminister, äußert sich am 09.02.2016 bei einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der linken paneuropäischen Bewegung DiEM 25 (Democracy in Europe Movement 2025) in Berlin.
    Yanis Varoufakis, ehemaliger griechischer Finanzminister, äußert sich am 09.02.2016 bei einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der linken paneuropäischen Bewegung DiEM 25 (Democracy in Europe Movement 2025) in Berlin. (picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Yanis Varoufakis ist immer noch ein Popstar: Etwa 100 Journalisten aus ganz Europa drängeln sich am Vormittag im Roten Salon der Berliner Volksbühne am Ende der Pressekonferenz: Applaus für den früheren griechischen Finanzminister. DiEM25 – Demokratie in Europa 2025 - heißt die neue Bewegung, die Varoufakis gemeinsam mit anderen Mitstreitern - zum Beispiel dem italienischen Linksintellektuellen Toni Negri oder dem kroatischen Philosophen Srecko Horvat - in Berlin gründet. Das Manifest trägt den Titel: "Die EU wird demokratisiert, oder sie wird zerfallen."
    "Es ist ziemlich klar, dass das ein Manifest für die Demokratisierung Europas ist. Und es ist ein offener Aufruf an alle Demokraten, unabhängig von Ideologie, unabhängig von den unterschiedlichen Konzeptionen für eine gute Gesellschaft und unabhängig von einer Mitgliedschaft in einer politischen Partei."
    Varoufakis warnt vor einer Situation wie in den 30er Jahren
    Yanis Varoufakis warnt vor einem raschen Zerfall Europas, vor einem neuen Nationalismus und einer Situation wie in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Im letzten Jahr habe die Europäische Union, hätten alle Europäer versagt, sagt Varoufakis. Die Antwort darauf soll DiEM25 sein, ein grenzüberschreitendes Netzwerk, eine Bewegung, auf keinen Fall eine Partei. "Das altmodische System, eine politische Partei zu gründen, und zwar in den Grenzen eines Nationalstaats, Versprechen zu machen, die man dann doch nicht erfüllen kann, wenn man an der Macht ist, dieses System ist am Ende."
    Der linke griechische Ökonom will mit einer demokratischen Basisbewegung die EU-Institutionen reformieren. Wie das genau gehen soll, bleibt unklar. Ob dieses europäische Netzwerk erfolgreich sein werde, wisse er nicht, so Varoufakis, er sehe allerdings keine Alternative. "Die Alternative zu diesem utopischen Projekt ist das schreckliche Gegenteil, eine Distopie, die alle bestrafen wird. Nur diejenigen nicht, die aus humanitären Katastrophen ihre Profite schlagen."
    Gründungsveranstaltung ist seit Wochen ausverkauft
    Natürlich wird Yanis Varoufakis nach seiner Sicht auf die Flüchtlingskrise gefragt. Er antwortet mit einem Blick zurück – auf die Kolonialisierung der Welt durch die Europäer: "Jahrhundertelang haben wir Europäer die Welt besiedelt, wie haben kolonialisiert, wir haben Völker ausgerottet und wir haben quasi die Welt übernommen. Aber wissen Sie was – die Demografie des Planeten hat sich verändert. Und Europa wird jetzt einfach zurückbesiedelt von Nicht-Europäern. Wir sollten das einfach akzeptieren."
    Die neue demokratische Bewegung DiEM25 wird am Abend offiziell in der Berliner Volksbühne gegründet. Die Karten für die Veranstaltung sind seit Wochen ausverkauft.