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Grüne und Linksfraktion
Opposition fordert mehr Schutz für Whistleblower

Wer Interna aus Firmen oder Behörden nach außen trägt, geht in der Regel ein hohes persönliches Risiko ein. Häufig aber werden Missstände und Skandale erst durch sogenannte Whistleblower - Hinweisgeber - publik. Die Opposition im Bundestag fordert daher erweiterte Schutzvorschriften für Whistleblower.

Von Katharina Hamberger | 16.03.2015
    Der US-Enthüller Edward Snowden ist auf einem Bildschirm zu sehen während einer Videokonferenz mit dem Europäischen Rat in Straßburg.
    Prominentester Fall eines Wistleblowers: Edward Snowden. In Deutschländ wäre er nach geltendem Recht nicht vor Strafe geschützt. (afp / Frederick Florin)
    Edward Snowden ist wohl der prominenteste Fall eines Wistleblowers, eines Hinweisgebers. Wäre er in Deutschland nach geltendem Recht vor Strafe geschützt? Nein, sagte Guido Strack Vorsitzender des Whistleblower-Netzwerkes heute bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Dort wurden Sachverständige dazu befragt, ob Deutschland ein Hinweisgeberschutzgesetz, bzw. Änderungen in der bestehenden Gesetzgebung braucht, um diejenigen besser zu schützen, die auf Missstände aufmerksam machen. Anlass war ein Antrag der Linksfraktion und ein Gesetzentwurf der Grünen. Was die Grünen darin fordern, erläutert Hans-Christian Ströbele:
    "Einmal wollen wir für Angestellte insgesamt nicht nur das Rechts schaffen, sich in ihrer Firma über Missstände, Skandale, Gesetzesverletzungen zu beschweren, sondern auch an externe Stellen, wenn dieser interne Weg nicht zum Erfolg führt oder nicht zumutbar oder direkt an die Öffentlichkeit zu wenden, vor allem dann, wenn es um die Verletzung von Grundrechten geht und möglicherweise strafbaren Handlungen. Und das wollen wir auch für Beamte."
    Beamte sind in Deutschland bereits besser geschützt als Angestellte. Allerdings dürfen sie bislang auch nicht an die Öffentlichkeit gehen. Zusätzlich wollen die Grünen, dass auch diejenigen geschützt sind, die, wie Ströbele es sagt, illegale Staatsgeheimnisse öffentlich machen. Der häufigere Fall ist aber wohl eher, dass ein Angestellter auf Missstände aufmerksam machen will. Und das habe laut Karin Binder, von der Linken oft weitreichende Konsequenzen:
    "Der Verlust des Arbeitsplatzes ist in fast allen Fällen zwangsläufig. Weil der Arbeitgeber erklärt, dass er das Vertrauen verloren hat und damit ist für ein Arbeitsgericht ganz klar, das Vertrauensverhältnis ist zerstört und dann muss man das Arbeitsverhältnis ja lösen, weil so können die beiden ja gar nicht mehr miteinander arbeiten."
    Gesetzentwurf der Grünen geht der Linken nicht weit genug
    Grundsätzlich sind sich Linke und Grüne also einig. Allerdings nicht in allem. Der Gesetzentwurf der Grünen geht der Linken nicht weit genug. Denn während die Grünen Stellschrauben unter anderem im BGB, im Bundesbeamtengesetz und im Strafgesetzbuch verändern wollen, will Die Linke ein Hinweisgeberschutzgesetz:
    "Weil wir der festen Überzeugung sind, mit Änderungen an vielen anderen Gesetzen kommen wir nicht weiter", sagt Linken-Politikerin Binder.
    Deutschland liegt im G20-Vergleich damit im unteren Mittelfeld. Die Gesetzeslage in Deutschland dürfte sich allerdings in der Großen Koalition nicht mehr ändern. Einen Entwurf zu einem Hinweisgeberschutz hat die SPD zwar bereits 2012 vorgelegt. Übrig geblieben ist davon jedoch nur noch ein Satz im Koalitionsvertrage: "Beim Hinweisgeberschutz prüfen wir, ob die internationalen Vorgaben hinreichend umgesetzt sind." CDU und CSU sperren sich allerdings, sagen, die jetzt gültige Rechtslage reiche aus. Linken-Politikerin Binder sieht den Grund darin vor allem in der Angst, dass ein Hinweisgeberschutz den mittelständischen Unternehmen schaden könnte:
    "Also Verbraucherschutz, die Rechte von Patientinnen und Patienten würden möglicherweise zur Folge haben, dass hier Gewinne reduziert werden."
    In großen Konzernen gibt es oft bereits interne Systeme, die Hinweisgeber schützen. So waren bei der Anhörung unter anderem Vertreter von Siemens und Daimler geladen. Rund 800 Fälle seien bei Daimler im vergangenen Jahr gemeldet worden. 500 davon seien nach einer ersten Prüfung geschlossen worden, 200 seien leichte Fälle gewesen, von den restlichen 91 habe man rund 50 Prozent schließen können. Von Missbrauch konnten beide Unternehmensvertreter nicht berichten.