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Grünen-Parteitag
Auseinandersetzungen die Schärfe genommen

Die Grünen haben sich zum Auftakt ihres Bundesparteitags sichtlich um ein geschlossenes Auftreten bemüht. Schon vorab wurde versucht, möglichen Auseinandersetzungen die Schärfe zu nehmen. Offen ist, ob das auch bei den noch anstehenden Debatten über das Asylrecht und Waffenlieferungen in den Irak gelingt.

Von Martin Zagatta | 22.11.2014
    Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann, spricht am 21.11.2014 in Hamburg auf dem Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen.
    Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann, spricht in Hamburg auf dem Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Mehr Biss. Grün. So lautet das Parteitagsmotto. Doch so bissig, wie der Flügelstreit zuletzt, ist die Debatte in der Hamburger Sporthalle nicht verlaufen, zumindest zum Auftakt noch nicht. Das lag zum einen an dem Bemühen der Parteiführung, die Grünen nicht länger als Bessserwisser- und Verbotspartei erscheinen zu lassen - schon in der Eröffnungsrede des Vorsitzenden Cem Özdemir, in Anspielung auf den Veggie-Day, der missglückten Forderung nach einen fleischfreien Wochentag:
    "Ich bin ja bekanntermaßen Veggie, aber nicht nur das, ich bin auch ein säkularer Muslim. Und trotzdem sage ich im Namen von allen Vegetariern in dieser Republik. Jedes Schwein muss auch ein Recht darauf haben, ein Leben vor dem Schnitzel zu haben. Auch dafür kämpfen wir von Bündnis 90/Die Grünen."
    Für Aufregung im Vorfeld hatte ein Antrag gesorgt aus Hessen, wo die Grünen mit der CDU regieren. Man müsse endlich die Angst davor verlieren, in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein - und so hieß es darin, aus dem Kampfmodus gegen die Gesellschaft herauskommen.
    Der Auseinandersetzung um die richtige Strategie wurde dann aber doch Schärfe genommen, indem sich Vertreter aus beiden Lagern auf ein eher vage formuliertes Positionspapier einigten: Man brauche keine Nabelschau, keine gegenseitigen Ermahnungen. Es gehe nicht um den Blick zurück, sondern um den nach vorn.
    Die Phase der Trauerarbeit wegen der verlorenen Bundestagswahl sei abgeschlossen, so Cem Özdemir. Und auch seine Co-Vorsitzende Simone Peter, die wegen des Dauer-Hickhacks in der Führungsspitze mit ihm in der Kritik steht, beließ es dabei, Geschlossenheit zu fordern.
    "Wir sagen, genug der Binnendebatten. Auf geht's 2017, Grüne, es braucht Grüne. Deutschland braucht die Grünen."
    Zumindest verhaltenen Beifall erntete auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dem viele Delegierte verübeln, dass er der Verschärfung des Asylrechts im Bundesrat zugestimmt hat. Er nutzte die Strategiedebatte am Abend, um sich für eine grüne, aber pragmatische Wirtschaftspolitik auszusprechen.
    "Dafür müssen wir einen richtigen ökologischen Ordnungsrahmen setzen, für eine soziale und ökologische Marktwirtschaft. Und in dem soll sich freier Unternehmergeist entfalten."
    Ob die Parteitagsstrategie so ganz aufgeht, Konflikte um die strategische Ausrichtung zu entschärfen, wird sich aber erst am Nachmittag zeigen - wenn die Asylrechtsdebatte auf dem Programm steht. Und dann am Sonntag, wenn es um deutsche Waffenlieferungen in den Nordirak geht - und dann auch um Äußerungen von Cem Özdemir, die in den eigenen Reihen nicht gut angekommen sind. Obwohl die Grünen gegen die Waffenlieferungen stimmten, hatte der Parteichef im Deutschlandfunk erklärt, die Kurden könnten ihr Land ja nur mit Waffen verteidigen und nicht mit Yoga-Matten unterm Arm.