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Grünen-Parteitag
Der Weg für Habeck ist frei

Beim Bundesparteitag der Grünen in Hannover sind Überraschungen bislang ausgeblieben. Nach einer heiß diskutierten, aber dann doch mit großer Mehrheit verabschiedeten Satzungsänderungen ist auch der Weg frei für eine Kandidatur des schleswig-holsteinischen Umweltministers Robert Habeck für den Parteivorsitz.

Von Jasper Barenberg | 27.01.2018
    Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltminister von Schleswig-Holstein und einer der Kandidaten für den Parteivorsitz, reagiert am 26.01.2018 auf die Annahme seines Satzungsänderungsantrags bei der außerordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Hannover (Niedersachsen).
    Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltminister von Schleswig-Holstein und einer der Kandidaten für den Parteivorsitz (dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Schon oft waren Parteitage der Grünen für eine handfeste Überraschung gut. Dieses Mal ist sie ausgeblieben - jedenfalls für den Moment. Die Trennung von Amt und Mandat bleibt ein Prinzip der Partei. Sie wird aber um eine Übergangsfrist von acht Monaten ergänzt. Nur unter dieser Bedingung mochte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck an seiner Kandidatur für den Parteivorsitz festhalten. In die teils scharfe und grundsätzliche Debatte dazu hatte er sich selber eingeschaltet.
    "Dieses Ausspielen von, der Parteivorsitz muss den grünen Idealismus hochhalten und alle, die dann grüne Politik mehrheitsfähig umsetzen, begehen prinzipiell Verrat, das halten wir nicht durch und das ist auch grundfalsch. Und wenn das das Argument ist, dann kann ich auch morgen nicht gut euer Vorsitzender sein."
    "Fakt ist, wir wollen niemanden verhindern, sondern wir wollen, dass die Bundesvorsitzenden ihr Amt nicht als Nebenjob begreifen und nicht kurz Mal in der Mittagspause Mails lesen oder Interviews geben."
    Bei aller Kritik, am Ende stand die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Damit war klar, dass Robert Habeck seinen Hut in den Ring werfen wird.
    Viel Beifall für Cem Özdemir
    Bevor die Delegierten aber heute ihre neue Spitze wählen, haben die Grünen in Hannover ihre alte verabschiedet. Zum letzten Mal nach vier Jahren als Vorsitzende hat Simone Peter das Treffen mit einer politischen Rede eröffnet. Die Klimakrise, den digitalen Wandel und wachsende Ungleichheit benennt sie als riesige Herausforderungen. Und spricht Union und SPD die Kraft und den Mut für diese Aufgaben ab. Jedenfalls gemessen am bisherigen Ergebnis der Sondierung.
    "Nehmt euch mal das Kapitel zu Asyl vor, mit eisiger Tinte geschrieben. Die Obergrenze alleine wäre ja schon eine Zumutung, aber gepaart mit Kasernierung in Abschiebelagern, Sach- statt Geldleistungen und dem Verbot der Familienzusammenführung ist das gnadenlos und unbarmherzig. Das tut mir in der Seele weh. Und ich finde, man darf Menschen nicht trennen. Nicht Mütter von Vätern, nicht Väter von Kindern, die gehören zusammen. "
    Noch mehr Applaus nach zehn Jahren als Parteichef bekommt Cem Özdemir. Der seinen Abschied lange angekündigt hatte. Und der doch damit öffentlich hadert. Dessen Zukunft in der Partei vorerst offen bleibt. Özdemir beschwört die Grünen als eine ökologische Kraft, die weiß, dass sich manche Fehler der Gegenwart in der Zukunft nicht mehr korrigieren lassen werden.
    "Das gilt in ganz besonderer Weise für den Klimaschutz. Jedes Gramm CO2, das wir heute nicht einsparen, müssen wir morgen doppelt und dreifach einsparen und es wird weniger bringen. Also ist es doch höchste Eisenbahn, dass grüne Ideen umgesetzt werden."
    Wahlen zum Parteivorsitz
    Welchen Platz wollen die Grünen beanspruchen. Obwohl Jamaika gescheitert ist und damit auch Träume von Ministerposten geplatzt sind. Obwohl die Grünen bald als kleinste Oppositionspartei im Bundestag sitzen könnten. Der Parteitag in Hannover soll Antworten auf diese Frage liefern. Dem alten und neuen Fraktionschef Anton Hofreiter ist nicht bange.
    "Die Aufgabe für uns Grüne ist es nicht nur zu zeigen, wo die sich bildende Große Koalition versagt, wo sie ideenlos ist, wo sie ziellos ist, wo sie keine Idee hat, in welche Richtung sie dieses Land führen will. Nein, unsere Aufgabe ist es zu zeigen, wie es funktionieren könnte. Wie man die Klimaschutzziele erreichen kann, wie man dafür sorgen kann, dass die Europäische Union nicht in ihrem Bestand gefährdet ist, wie man wirklich Fluchtursachen bekämpfen kann. Und wir Grüne wissen, wie das geht."
    Heute wird sich zeigen, wer an der Parteispitze diese Aufgabe schultern soll. Zunächst wird die 37-jährige Bundestagsabgeordnete und Klimaexpertin Annalena Baerbock als Favoritin gegen Ana Piel ins Rennen gehen. Die Fraktionsvorsitzende im Landtag von Niedersachsen und Kandidatin des linken Flügels hat bereits angekündigt, dass sie im Fall einer Niederlage im Rennen um den zweiten Chefposten nicht gegen Robert Habeck antreten will. Das kann man als Hinweis dafür lesen, dass sich die linke Strömung bei den Grünen auch mit einer Doppelspitze zweier Realpolitiker abfinden wird. Doch wie gesagt: Die Grünen sind immer gut für handfeste Überraschungen.