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Grundversorgung oder Marktverzerrung

Ist das Angebot der Tagesschau-App presseähnlich oder nicht? Am Donnerstag befasst sich das Kölner Landgericht mit einer Klage von acht deutschen Verlagen. Seit Jahren wehren sich private Medien gegen eine Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Angebots im Internet.

Von Brigitte Baetz | 12.10.2011
    "Jeden Tag sehen Millionen Menschen die Ausgaben der Tagesschau im Fernsehen und im Internet. Die Tagesschau Smartphone Application ermöglicht nun auch unterwegs und mobil einen komfortablen Zugriff auf alle Meldungen. Ob Tagesschau, Tagesthemen, Nachtmagazin, Wochenspiegel oder die Nachrichten des Informationskanals Eins Extra, alle Sendungen können live angesehen werden. Bis zu zwölf Stunden Nachrichten täglich." (Trailer der Tagesschau-App)"

    Die sogenannte Tagesschau-App ist eines der erfolgreichsten Nachrichtenangebote Deutschlands für mobile Kommunikationstechniken. "Application" bedeutet auf Deutsch Anwendung. Eine App ist ein Anwendungsprogramm, das man auf seinem Smartphone-Handy, bzw. einem Tablet-Computer wie zum Beispiel dem iPad installieren kann.

    Apps sind einfach zu bedienen. Das einfache Antippen eines Icons auf dem Bildschirm genügt. Es muss also nicht umständlich wie auf einem gewöhnlichen Computer eine Internet-Adresse eingetippt werden, um beispielsweise auf das Angebot von tagesschau.de zu gelangen. Mehr als zwei Millionen Mal ist die Tagesschau-App bereits heruntergeladen worden – ein Erfolg, der nicht bei jedem gut ankommt.

    Acht deutsche Verlage wenden sich mit einer Klage vor dem Landgericht Köln gegen die Tagesschau-App. DuMont-Schauberg, Axel Springer, die WAZ, die FAZ sowie die Verlage von Rheinischer Post, Flensburger Tagblatt und Süddeutscher Zeitung bestreiten, dass die ARD ein Recht darauf habe, eine Tagesschau-App anzubieten. Die ganze Branche unterstütze diese Klage, sagt Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger BDZV. Denn die Tagesschau-App sei zu textlastig, damit presseähnlich und stehe also in direkter Konkurrenz zu den Zeitungen und Zeitschriften.

    ""Ganz ohne Texte wird es nicht gehen, aber es geht auch nicht so, wie wir es momentan feststellen müssen. Wenn Sie in die Tagesschau-App hineinschauen auf ihrem Smartphone, dann sehen Sie erstmal Texte, Texte, Texte und wir sehen es nicht ein, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit Gebührengeldern auch noch in diesen Markt einsteigen und diesen Markt letztendlich ja auch verstopfen."

    "Presseähnliche Angebote" ohne konkreten Sendungsbezug ins Internet zu stellen, ist ARD und ZDF laut 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag untersagt. Auch um dies zu verhindern, müssen alle Online-Angebote der Sender in einem aufwendigen bürokratischen Verfahren einen sogenannten Drei-Stufen-Test durchlaufen. Mit ihm soll sichergestellt werden, dass die Internet-Auftritte dem Auftrag zur Grundversorgung entsprechen sowie in qualitativer Hinsicht zur publizistischen Vielfalt beitragen. Das Internet-Angebot Tagesschau.de, das seit 15 Jahren existiert, hat diesen Test erfolgreich bestanden. Thomas Hinrichs, zweiter Chefredakteur von ARD Aktuell, versteht deshalb nicht, warum eine App, die die Inhalte von Tagesschau.de für Smartphones und Tablet-Computer verfügbar macht, nicht legitim sein sollte.

    "Wir haben alle Verständnis für wirtschaftliche Nöte von Verlagen. Ich bin ein begeisterter Zeitungsleser und ich werde sie in zehn Jahren noch lesen. Wir wollen keinen Kampf gegen die – ganz im Gegenteil. Was wir machen, ist: wir erfüllen den Auftrag, wie er uns aufgetragen worden ist. Wir wollen Menschen über Demokratierelevantes informieren, und wenn wir feststellen müssen, dass die Älteren in großer Zahl vorm Fernseher sitzen und die Jüngeren nicht unbedingt um acht auf dem Sofa sitzen, dann müssen wir überlegen: wie können wir diese Leute erreichen' Die Technik gibt uns die Möglichkeiten dazu und deswegen haben wir eine App auf den Markt gebracht. Täten wir das nicht, so ist meine feste Überzeugung, würden wir unseren Auftrag nicht erfüllen. Insofern habe ich für die Klage kein Verständnis. Ich fände es sehr viel besser, wenn wir miteinander ins Gespräch kommen würden und gemeinsam schauen, wie wir diese wichtige Aufgabe der Information des politisch mündigen Bürgers erreichen."

    Der Medienmarkt ist in Bewegung. Die alte Aufteilung zwischen den elektronischen Medien, also Radio und Fernsehen auf der einen Seite und der Presse auf der anderen Seite verliert immer mehr an Eindeutigkeit. Der Grund: das Internet. Es ist mehr als ein neues Medium, das neben den alten aufgetaucht ist. Es ist ein Medium, das die anderen in sich aufnimmt. Kein Zeitungsverlag, der nicht auch im Netz ein Angebot unterhält, kein Radio- oder Fernsehsender, der nicht zumindest eine eigene Seite ins Internet gestellt hat. Schon jetzt lässt sich online Fernsehen schauen oder Radio hören, hat man über sein Handy Zugriff auf Informationen aus dem Netz. Experten gehen davon aus, dass der Internetanschluss, ob zu Hause oder unterwegs, in Zukunft der Dreh- und Angelpunkt moderner Mediennutzung werden könnte.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in Zeiten der Digitalisierung eine Bestands- und Entwicklungsgarantie. Das heißt, er darf auch neue Dienste und neue Techniken nutzen, die künftig Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernehmen können. Und da der Medienkonsument immer mehr erwarten wird, dass er unabhängig von Ort und Zeit Informationen abrufen kann, stellen sich öffentlich-rechtliche Sender in der ganzen Welt darauf ein. Wie zum Beispiel die BBC. Sie ist eine Vorreiterin auf dem Feld der digitalen Entwicklung. Mark Thompson, Generaldirektor der BBC, nannte dies vor Jahren schon überlebenswichtig.

    "Nehmen Sie zum Beispiel die Nachrichten. Leute wollen nicht mehr nur Nachrichten zur vollen Stunde, sondern sie wollen eine Art Nachrichten-Umwelt, in die sie stets Zugang bekommen, zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs mit allem, was ihnen zur Verfügung steht. Mit einem Blackberry oder einem Radio. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist dafür da, die Öffentlichkeit zu bilden, zu unterhalten und mit Nachrichten zu versorgen. Und er muss investieren – in Kultur, Unterhaltung und Dokumentationen. Die Mittel ändern sich, aber ich glaube, die Aufgabe bleibt dieselbe und ist so wichtig wie eh und je. Deshalb sage ich: Es muss eine ordentliche Kontrolle geben, aber es wäre ein Fehler, das öffentlich-rechtliche Fernsehen in einen Kasten zu stellen, damit es bleibt wie vor zehn oder zwanzig Jahren."

    Doch die Digitalisierung führt nicht nur dazu, dass sich Fernseh- und Hörfunkveranstalter auf neue Nutzungsgewohnheiten einstellen müssen. Sie führt zu Verteilungskämpfen, da jetzt alle Mediengattungen zueinander in Konkurrenz stehen. Auch die Verleger, so die ARD-Vorsitzende Monika Piel, seien schon im Geschäft mit dem bewegten Bild im Internet aktiv.

    "Ich kenne nicht wenige Zeitungen, die jeden Tag in ihren Blättern anpreisen, xy-TV auch jetzt unter .de, also sehr viele Zeitungen machen Fernsehen oder sie bezeichnen es so; aber ohne alle sehr umfangreichen rundfunkpolitischen Regulierungen, die man hat, wenn man tatsächlich Rundfunk veranstaltet, auch nur irgendwie einzuhalten oder dafür ne Lizenz zu haben."

    Doch die Verleger glauben sich vor allem im Geschäft mit den Apps in ihrer Entfaltung behindert. Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, sagte dem NDR-Magazin Zapp:

    "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sieht die Apps gar nicht als neuen Markt, sondern als etwas, das aus dem Bisherigen, aus Tagesschau.de heraus fließt. Wir stehen auf dem Standpunkt: Wir haben es hier mit einem neuen, eigentlich sich gründenden Markt zu tun. Es sind Marktchancen, und diese Marktchancen werden erheblich gestört eben durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil er seine Angebote - und so muss es letztendlich bei Gebührengeldern in der Tat auch sein - kostenlos anbietet. Das ist aber auch das Problem zugleich, denn die Verlage müssen sich refinanzieren mit Werbung oder mit dem Verkauf der Produkte. Hier haben wir also von vornherein eine Ungleichheit und das führt zur Marktverzerrung."

    Schon seit mehr als zehn Jahren wehren sich die Verleger, aber auch die kommerziellen Rundfunkveranstalter, gegen eine Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Auftrags zur Grundversorgung auf das Internet. Bei der EU-Kommission beispielsweise lösten sie eine Untersuchung darüber aus, ob die Gebühren nicht eine unerlaubte staatliche Beihilfe seien. Der deutsche Gesetzgeber fühlte sich dadurch gezwungen, im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Konkretisierung und auch Beschränkung der Online-Angebote von ARD und ZDF vorzunehmen. Beispielsweise wurde eine zeitliche eingeführt: In den meisten Fällen müssen Inhalte aus den verschiedenen Mediatheken nach sieben Tagen wieder entfernt werden. Damit kamen die Bundesländer den Interessen der Verleger entgegen. Eine Art elektronischer Presse sowie "presseähnliche Angebote ohne Sendungsbezug" wurden ganz untersagt – ein Ausdruck, der Platz für Interpretationen lässt, so der Dortmunder Medienwissenschaftler Horst Röper:

    "Ich denke, der Gesetzgeber hat sich damals keinen Gefallen getan, als er diesen Terminus aufgenommen hat. Er ist streitig. Niemand kann sich wirklich etwas darunter vorstellen. Was ist schon presseähnlich? Und im Journalismus ganz generell auf Wort, also auf Text, zu verzichten, kann natürlich nicht funktionieren. Das erleben wir in der Tagesschau, wenn über den Sprecher verlesen wird, dann ist das dann eben auch Text - wenn auch Audio und visuell präsentiert. Also ganz generell darauf zu verzichten, ist nicht möglich."

    "Das Wall Street Journal war die erste Zeitung, die als Bezahl-App auf den Markt kam. Das war so begeisternd und gut aussehend, dass ich merkte, dass auf dem Tablet die Zukunft liegt, etwas Revolutionäres war dort geschaffen worden."

    Nicht nur Rupert Murdoch, der weltweit aktive Medientycoon, ist überzeugt davon, dass die Zukunft der Zeitungen auf den tragbaren Tablet-Computern liegt. Tablets sind äußerst flach und handlich. Mit ihrer Größe passen sie in jede Aktentasche. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Verlages meinte zum Erscheinen des iPad, jeder Verleger solle einmal am Tag beten und Steve Jobs für die Entwicklung eines solchen Computers dankbar sein, mit dem er die Verlagsindustrie rette. Warum, das erläuterte er auf der Alumni-Konferenz der Hochschule St. Gallen:

    "Ein Tablet wie das IPad hat zunächst mal ein Format, einen Bildschirm, eine Bildqualität, die das Konsumieren dessen, was wir machen, nämlich aufwändig inszenierte Inhalte, schöne Fotografien, die wunderschöne Typographie, Grafiken, eben anspruchsvoll inszenierte Inhalte und visuelle Reize bringen diese Bildschirme zur Geltung. Zweitens: Sie haben ein Gerät, - ganz entscheidend – das sie in einer Lean-Back-Situation konsumieren können. Sie müssen also nicht arbeiten am Tisch, nach vorne gebeugt über der Tastatur, sondern sie können sich zurücklegen und ähnlich wie bei einer Zeitung oder bei einer Zeitschrift einfach blättern, genießen, sich verführen lassen. Drittens: Sie haben eine emotionale Affinität zu diesem Gerät. Ähnlich wie bei einer Zeitung. Ich höre immer wieder von Leuten, die sagen, ich habe ein sinnliches Verhältnis zu einer Zeitung. Dieses Knistern des Papiers, der Geruch, diese wunderbare Tradition. Ja, mir geht das auch so. Wenn ich meinen 14-jährigen Sohn beobachte, muss ich allerdings sagen: bei dem stellt sich Sinnlichkeit wesentlich stärker ein, wenn er sein neues iPhone oder seinen iPad rausholt. Und als ich einen 60-jährigen Menschen aus der Verlagsbranche, einen Zeitschriftenverleger, sah, als er ein iPad hielt und das wirklich geradezu zärtlich streichelte - es war ein geradezu erotischer Vorgang - da wusste ich, es wird ein Erfolg werden."

    Könnten Tablet-Computer wie das iPad nun endlich den Verlagen einen Weg eröffnen, jenseits der gedruckten Zeitung Geld zu verdienen' Denn sie findet vor allem bei jungen Leuten immer weniger Leser. Mit dem Internet sozialisiert, sehen sie oft keinen Grund, für Informationen, die es im Netz umsonst gibt, online oder offline Geld zu bezahlen. Die Tatsache, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch Manuskripte seiner Sendungen ohne die Erhebung weiterer Gebühren ins Netz stellt, stößt daher bei den Verlagen auf Kritik. Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verlegerverbandes BDZV:

    "Die Öffentlich-Rechtlichen sollen sich an ihren Aufgaben orientieren, das heißt sie sollen Fernsehen machen, sie sollen Radio machen, sie sollen also da in ihrer Kernkompetenz, was sie ja auch gut machen und mit hoher Qualität auch bringen, das sollen sie tun, das sollen sie auch ins Internet verlängern. Sie sollen aber nicht in die geschriebene Presse einsteigen, es soll also kein Nachrichtenangebot zum Lesen geben, denn zum Lesen von Nachrichten gibt es bereits eine Grundversorgung und gibt es bereits reichliche Angebote nämlich von den privaten Medien und die müssen sich selber am Markt finanzieren."

    Der Begriff der öffentlich-rechtlichen Grundversorgung ist vom Gesetzgeber bewusst allgemein gewählt worden, damit er sich verändernden Gegebenheiten anpassen kann. Volker Lilienthal, Professor für "Praxis des Qualitätsjournalismus" an der Universität Hamburg, glaubt, dass die Politik dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht einfach weiter Grenzen ziehen, sondern die Gesamtsituation im Journalismus betrachten sollte. Es gehe nicht nur um Fragen des Wettbewerbs, sondern auch darum, wie eine flächendeckende Versorgung der Bürger mit demokratierelevanten Informationen sichergestellt werden könnte.

    "Die Länder, Bundesländer, als Rundfunkgesetzgeber sollen dafür sorgen Vielfalt zum Vorteil aller zu schaffen und eben nicht zum Vorteil nur der Institutionen, sprich: öffentlich-rechtlicher Sender, sprich: private Sendeanstalten oder Presseverlage, sondern Vielfalt zum Vorteil aller. Aller: das ist die Bevölkerung, das ist die Allgemeinheit, die einen Informationsvorteil gewinnen soll an privaten, aber auch an starken öffentlich-rechtlichen Angeboten. So, und da beobachte ich in den letzten Jahren, dass leider Gottes die Medienpolitik zur Wettbewerbspolitik mutiert. Das heißt Die Medienpolitik nimmt die Beschwerden privater Medienanbieter auf und versucht Grenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ziehen, damit auf diesem engen Markt der Informationsnachfrage etwas übrig bleibt für private Anbieter, was die dann in Geld ummünzen können, indem Mediennutzer für bestimmte Inhalte bezahlen. Das ist, glaube ich, der falsche Weg, weil: leider Gottes ist es ja so, das bestimmte Medienanbieter manches aus bestimmten Gründen nicht in gleicher Qualität wie öffentlich-rechtlicher Rundfunk anbieten und wenn die Medienpolitik weiter in diese Richtung geht, den Privaten weiter Felder freizuschaufeln durch Grenzziehungen für ARD und ZDF, dann ist das ein Verlust für die Kommunikationsökologie der Gesamtgesellschaft und das halte ich für einen Irrweg."

    Dass die Qualität im Journalismus seit Jahren sinkt, gilt nicht nur in der Kommunikationswissenschaft als unbestritten. Immer weniger fest angestellte Redakteure arbeiten bei der Presse für immer weniger Gehalt bei gehobenem Anforderungsprofil. Der damit zusammenhängende Substanzverlust wirkt sich auch auf die elektronischen Medien aus. Die Zeitungen begründen ihre Sparmaßnahmen mit dem 2001 eingebrochenen Werbemarkt und dem Zwang, sich auf die damit verbundene Strukturkrise, sprich: den Einbruch bei den Leserzahlen, einstellen zu müssen.

    Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner hatte noch 2009 gegenüber der Zeitschrift Focus gewarnt: Tausende Arbeitsplätze in der Verlagsbranche könnte es kosten, wenn sich bezahlte Apps nicht auf dem Markt durchsetzten. Thomas Hinrichs, zweiter Chefredakteur von ARD aktuell, und damit mitverantwortlich für die Tagesschau-App, kann dies nicht nachvollziehen.

    "Ich kann dazu nur sagen: bei ARD-Aktuell arbeitet für diese App kein einziger Redakteur. Es ist Eins-zu-eins Dasjenige, was wir bei Tagesschau.de erarbeiten und die digitale Technik macht es möglich. Wir machen es dann lesbar über die App. Das isses. Und ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, dass ein Multimediaassistent, der sich hin und wieder mal am Tag damit beschäftigt, keine ganze Arbeitsstelle, dass der in der Lage sein sollte, wirklich florierende Verlagsunternehmen in Schwierigkeiten zu bringen. Für mich nicht nachvollziehbar."

    Aber auch Printjournalisten halten die Klage der Verleger für überzogen. Am Rande der diesjährigen Jahrestagung von Netzwerk Recherche erklärte beispielsweise Ines Pohl, die Chefredakteurin der taz, sie habe keine Angst vor dem Angebot der Tagesschau-App:

    "Ganz im Gegenteil. Ich finde das extrem wichtig, dass man journalistische Qualität so vielen Menschen so lange wie möglich zur Verfügung stellt und auch die Tagesschau-App wäre eben ne Möglichkeit, Qualitätsjournalismus weiter schnell und zukunftsfähig zu verbreiten."

    Der Zeitungsexperte Horst Röper meint sogar, dass die Internet-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Wettbewerb um besseren Journalismus sogar anregen könnten, also gerade wettbewerbsfördernd und nicht wettbewerbshemmend seien.

    "Wir brauchen grundsätzlich Vielfalt. Das ist der Auftrag des Grundgesetzes eben auch an die Medienpolitik für Vielfalt des Angebots zu sorgen und da spielen natürlich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gerade wegen ihrer Unabhängigkeit vom Markt eine besondere Rolle. Insofern ist das auch gerechtfertigt, dass wir es eben in dieser digitalen Welt weiterhin mit Produkten der Öffentlich-Rechtlichen zu tun haben und qualitativ setzen sie damit auch Maßstäbe, die für die Verlage oft hinderlich sind. Wenn ein Angebot kostengünstig oder gar kostenlos, noch dazu eben qualitativ hochwertig ist, dann muss eben von den Verlagen etwas Ähnliches auch auf den Markt gebracht werden. Das fällt ihnen schwer. Aber gerade diese Anstrengung zu provozieren, macht ja Sinn, um eben einen hochwertigen Journalismus im Markt zu erhalten oder auch wieder zu bekommen."

    Morgen wird sich erst einmal das Kölner Landgericht mit der Klage der acht Verlage gegen die Tagesschau-App beschäftigen müssen - und mit der schwierigen Frage, ob das Textangebot dieser App presseähnlich ist oder nicht.

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