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Gülen-Bewegung
Türkei verlangt Auslieferungen aus Deutschland

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Deutschland dazu aufgefordert, Anhänger der Gülen-Bewegung in die Türkei auszuliefern. Einige Strafverfolger mit Verbindungen zu dem Prediger hätten sich in die Bundesrepublik abgesetzt, sagte Cavusoglu dem TV-Sender CNN Türk.

28.07.2016
    Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu spricht bei einer Pressekonferenz.
    Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu (ATTILA KISBENEDEK / AFP)
    Außenminister Mevlüt Cavusoglu sprach gegenüber CNN Türk in dem Zusammenhang von "manchen Richtern und Staatsanwälten", die der Gülen-Bewegung angehörten und sich derzeit in Deutschland aufhielten. "Auch ihre Auslieferung ist notwendig." Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zurückhaltend zu den Forderungen. Sie sagte am Donnerstag vor Journalisten in Berlin, Deutschland sei dabei "an die rechtsstaatlichen Verfahren gebunden". "Da müssen wir den rechtsstaatlichen Prinzipien folgen."
    Kretschmann: "Hier sollen Leute grundlos verfolgt werden"
    Die schwarz-grüne Landesregierung in Baden-Württemberg wurde nach Aussagen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann indes von der Türkei dazu aufgefordert, "Vereine, Einrichtungen, Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung, wie sie sagt, betrieben werden, einer Prüfung zu unterziehen und eine neue Bewertung vorzunehmen," sagte Kretschmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er verwehre sich allerdings gegen die Einflussnahme: "Das hat mich in höchstem Maße befremdet. Genau das werden wir selbstverständlich nicht machen", sagte Kretschmann. "Hier sollen Leute auf irgendeinen Verdacht hin grundlos verfolgt und diskriminiert werden." Der Ministerpräsident sagte, ihm lägen "keine Belege" für die Behauptung der türkischen Regierung vor, dass die Gülen-Bewegung für den gescheiterten Militärputsch in der Türkei verantwortlich sei.
    Die Türkei sieht in der Gülen-Bewegung mit Prediger Fethullah Gülen an der Spitze den Verursacher für den Putschversuch vom 15. Juli. Gülen selbst lebt in den USA im Exil. Die türkische Regierung hat von den USA deswegen bereits dessen Auslieferung gefordert.
    Ankara geht hart gegen angebliche Putschisten vor. Zehntausende Staatsbeamte wurden entlassen, darunter Lehrer, Hochschuldekane, Richter, Polizisten und Mitarbeiter der Religionsbehörde. Rund 16.000 Menschen wurden festgenommen, zahlreiche Zeitungen sowie Radio- und Fernsehsender wurden geschlossen.
    Angespanntes Verhältnis
    Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist angespannt. Die Türkei hatte die Anfang Juni vom Bundestag beschlossene Resolution zum Völkermord an den Armeniern scharf kritisiert und einen "Aktionsplan" gegen Deutschland angekündigt. Türkischstämmige Bundestag-Abgeordnete waren zudem im Internet massiv bedroht worden.
    Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, bekommt seit dem Bundestagsbeschluss außerdem keine Termine im Außenministerium oder in anderen Regierungsstellen mehr, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Anfragen würden nicht beantwortet. Einem Staatssekretär des Bundesverteidigungsministeriums und deutschen Parlamentariern verweigerte die türkische Regierung nach der Resolution einen Besuch der Bundeswehr-Soldaten auf dem Stützpunkt Incirlik.
    Außerdem sorgte die Ankündigung Ankaras nach dem Putschversuch, die Todesstrafe möglicherweise wieder einzuführen, für weitere Spannungen. Die Bundesregierung hatte damit gedroht, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen, sollte das Land die Ankündigung umsetzen.
    (cvo/fwa)