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Günther Oettinger
EU-Kommissar mit Faible für Fettnäpfchen

Bereits seit dem 1. Januar darf sich Günther Oettinger EU-Kommissar für Haushalt und Personal nennen, nun tritt er sein Amt an. Fachlich gesehen hat der frühere baden-württembergische Ministerpräsident in Brüssel viel erreicht. Doch zuletzt sorgte er vor allem für negative Schlagzeilen.

Von Karin Bensch | 09.01.2017
    EU-Kommissar Günther Oettinger.
    EU-Kommissar Günther Oettinger: Sein Englisch und seine Sprüche sind sein Markenzeichen geworden. (dpa-Bildfunk / Rolf Vennenbernd/)
    Günther Oettinger ist ein Phänomen. In der EU-Kommission macht er seit 2010 Karriere. Seitdem ist der 63-jährige CDU-Mann für wichtige Fachgebiete zuständig. Zunächst für Energie, dann für Digitales. Jetzt ist Oettinger Vizepräsident der Kommission, zuständig für den EU-Haushalt in Höhe von rund 160 Milliarden Euro und Personalchef für etwa 33.000 EU-Mitarbeiter. Ein Aufstieg für Oettinger.
    Bei öffentlichen Auftritten wirkt der Schwabe dagegen oft fachlich steif und sprachlich ungelenk. Vor allem, wenn Oettinger "denglisch" spricht - eine Mischung aus Deutsch und Englisch. "Everything hangs together" - in Europa hängt nicht nur alles mit allem zusammen, sondern alle sitzen auch im selben Boot, meinte Oettinger in einer Rede.
    Seine eigenen Schwächen interessieren ihn nicht
    Der ehrgeizige Schwabe scheint seine Schwäche mit Humor zu nehmen. Oder: Schwächen interessieren ihn nicht. Sein Englisch, seine Sprüche sind sein Markenzeichen geworden. Sprüche, wie in seiner Rede vor Unternehmern in Hamburg, die ein Teilnehmer mit seinem Handy filmte und ins Internet stellte. Darin äußerte sich Oettinger geringschätzig über die Frauenquote, die Mütterrente, über eine angebliche Pflicht-Homoehe. Er verunglimpfte Chinesen als Schlitzaugen und äußerte sich abfällig über eine chinesische Regierungsdelegation: "Alle im Anzug, Einreiher, dunkelblau. Alle Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt."
    Die Lacher im Publikum zeigen: Es gibt offenbar etliche Leute, die Oettingers Sprüche zwischen Stammtischparolen und Altherrenwitz mögen. Am Ende entschuldigte sich Günther Oettinger - nach knapp einer Woche, nach viel Druck aus der Öffentlichkeit, der Medien und seinem Chef, Kommissionspräsident Juncker. Seine Worte hätten schlechte Gefühle hervorgerufen, sie könnten Menschen verletzt haben, das sei nicht seine Absicht gewesen, sagte Oettinger. Fügte aber hinzu, in seiner freigehaltenen Rede sei er offen und ehrlich gewesen. "I was frank and open. I wasn´t a speech read out. But frei von der Leber, like we say in German."
    Nur zwei Wochen später: Günther Oettingers umstrittener Flug nach Budapest - im Privatjet von Klaus Mangold, russischer Honorarkonsul in Oettingers Heimatbundesland Baden-Württemberg und Lobbyist für die Interessen der russischen Regierung. Daher ist Mangold in Brüssel auch als "Mr. Russia" bekannt.
    "Günther Oettinger hat die Ethikregeln der Europäischen Union, also seine eigenen, ignoriert", kritisierte die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms. Die Ethikregeln verbieten, dass Mitarbeiter der Kommission Geschenke im Wert von mehr als 150 Euro annehmen. Der Flug wäre deutlich teurer gewesen. Oettinger wies alle Vorwürfe zurück: Die ungarische Regierung habe den Flug bezahlt und er habe ihn angenommen, um pünktlich zu einem Abendessen mit Regierungschef Viktor Orban anzukommen. Was bleibt hat "Geschmäckle".
    Rückendeckung von Kommissionspräsident Juncker
    Fachlich gesehen hat Günther Oettinger ein paar wichtige Dinge erreicht: Als Energiekommissar vermittelte er im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland. Als Digitalkommissar sorgte er mit für die Abschaffung der Roaminggebühren. Ebenfalls ganz wichtig: Oettinger hat die Rückendeckung von Kommissionspräsident Juncker, der wie er einer konservativen Partei angehört. Als Günther Oettinger vom Energieressort zum Digitalen wechselte, sagte er. "Ich bin offen, es ist wie im Fußball. Der Trainer heißt Jean-Claude Juncker. Ich bin einer der Spieler. Ich muss von der Ersatzbank, vom Tor bis zum Linksaußen alles machen."
    Nun ist Günther Oettinger Haushaltskommissar und schaut aufs Geld. Das meiste davon wird in diesem Jahr in Europa für Wirtschaftswachstum und die Flüchtlingskrise ausgegeben. Es wird spannend, wie sich der neue Haushaltskommissar Günther Oettinger schlagen wird.