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Gut gerüstet in den Winter

Die Autobahnmeisterei Köln liegt im Westen der Stadt, gleich an der A1. Auf dieser Verkehrsader fahren täglich in beiden Richtungen bis zu 180.000 Fahrzeuge. Es sei denn, es gibt Verkehrsbehinderungen – wie im vergangenen Winter.

Von Thielko Grieß | 10.10.2011
    "Wir haben ausgesprochen intensiven Schneefall gehabt. Wir haben in Aachen am zweiten Weihnachtstag 35 Zentimeter Schnee gehabt. Normalerweise kennt man das dort nicht. Oder nur aus dem Fernsehen."

    ... sagt Jürgen Porwollik vom Landesbetrieb Straßenbau NRW. Die Behörde unterhält in Nordrhein-Westfalen 84 Straßenmeistereien mit mehr als 200 Lagerhallen für Streusalz. Porwollik steht in einem dieser Schuppen, der gut 200 Quadratmeter groß ist.

    Unter dem Holzdach türmt sich ein weiß-gräulicher Berg. Porwollik fährt mit der Hand durch die Salzkristalle.

    "Es handelt sich also hier um Kochsalz, also etwas, was wir manchmal sonntags aufs Ei streuen."

    Rund 600 Tonnen, die hier lagern, sind Teil einer Notlieferung aus dem vergangenen Winter. Damals kam das Salz sogar aus Peru, weil die Vorräte hierzulande wegen des ungewöhnlich harten und langen Winters so gut wie erschöpft waren. Kommunen und Straßenmeistereien in ganz Deutschland bestellten zwar Nachlieferungen, doch die deutsche Salzindustrie konnte den Bedarf nicht annähernd decken.

    "In Nordrhein-Westfalen ist es so, dass wir an einem richtigen Schneetag von flächendeckend je von etwa 7000 Tonnen Verbrauch insgesamt ausgehen."

    7000 Tonnen jeden Tag für die Autobahnen nur in NRW – das ist das Zehnfache der Menge, die in dieser Halle liegt. Trotzdem: Die Straßenmeistereien bekräftigen, für die nächsten Monate seien sie gut gerüstet. Im Sommer, bei niedrigen Streusalzpreisen, hätten die Behörden in allen 16 Bundesländern nachgekauft. Und außerdem stehe von November an ein zusätzlicher Puffer bereit, die sogenannte länderübergreifende Streusalzreserve. Das sind 100.000 Tonnen, die auf drei Lager in NRW und Sachsen-Anhalt verteilt werden. Eines entsteht zurzeit bei Magdeburg an der Autobahn 2, ein weiteres bei Grevenbroich unweit Kölns und das dritte bei Saerbeck im Münsterland.

    "Wobei ein Standort im Bereich Saerbeck ehemalige Munitionsbunker sind, die aber oberirdisch angelegt sind. Das sind 50 Bunkereinheiten, wobei jede Bunkereinheit circa 600 Tonnen fasst."

    Noch sind die Bunker leer, weil zurzeit die Ausschreibung für die Salzlieferung läuft. Geliefert werden soll bis Anfang November. In der Branche heißt es, erfahrungsgemäß bewege sich der Preis für eine Tonne Streusalz zwischen 60 und 80 Euro. Die länderübergreifende Streusalzreserve wird also mindestens sechs Millionen Euro kosten. Die Rechnung zahlt der Bund – für die nächsten fünf Jahre. Auf diese Zeit ist das Pilotprojekt angelegt.

    Zugriff auf die 100.000 Tonnen Reserve in NRW und Sachsen-Anhalt haben auch alle übrigen Bundesländer, wenn ihre eigenen Vorräte zur Neige gehen und die Industrie nicht mehr rasch genug liefert. Allerdings können sich aus dem Zusatzpolster für harte Winter nicht alle bedienen – ausgeschlossen sind zum Beispiel die Städte, räumt Walter Schröders ein, Sprecher der Stadt Mönchengladbach.

    "Da sind wir als Kommune völlig unbeteiligt, da geht's einfach nur um die Autobahnen. Aber wir müssen da, jede Kommune muss da selber für sich sorgen und zusehen, dass sie genügend hat im Lager an Streusalz."
    Der Verband kommunaler Unternehmen erklärt, viele Städte und Gemeinden hätten ihre Kapazitäten nach den Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre ausgebaut. Ob sie reichen, weiß niemand – bis der nächste Winter vorüber ist.