Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Gute Absichten schlecht verpackt?

Wie Verpackungen möglichst entsorgt oder recycelt werden, das regelt in Deutschland die Verpackungsverordnung. Offenbar ein schwieriges Gebiet, denn kaum ist Anfang des Jahres deren fünfte Novelle in Kraft getreten, wird auch schon die sechste Neufassung diskutiert, auch auf der Expertentagung zum Thema, die der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung organisiert hat.

Von Verena Kemna | 05.03.2009
    Eine der Konfliktlinien rund um den Abfall, oder besser gesagt, ein Anreiz zur Veränderung ist die europäische Abfallrahmenrichtlinie. Diese muss bis 2010 in nationales Recht umgesetzt werden. Außerdem halten die Experten im Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung, kurz BVSE, nichts von immer neuen Novellen der seit 18 Jahren bestehenden Verpackungsverordnung. Die Dualen Systeme seien zu kompliziert, zu teuer und nicht mehr zeitgemäß, kritisiert BVSE-Präsident Burkhard Landers:

    "Sie werfen ihre Verpackungen in einen gelben Sack. Da haben Sie zunächst das Problem, warum Sie andere Kunststoffe nicht auch da rein werfen dürfen. Das ist das erste Problem, wo der Bürger sagt, das verstehe ich nicht. Dann geht das an einen Sammler, dann an einen Sortierer, das sind ganz unterschiedliche Firmen. Da fahren Lkws von einer Sortieranlage zur anderen. Danach wird es in die Aufbereitung gegeben, es wird einem Sekundärrohstoffkreislauf zugeführt."

    Aber der Weg dahin ist teuer und kompliziert. Der ökologische Aspekt werde zu wenig berücksichtigt. Längst seien die die Dualen Systeme mit einer quasi Monopolstellung dabei, sich zu weltweit agierenden Rohstoffkonzernen zu entwickeln. Das bedeutet auch einen Exklusivanspruch auf die gesammelten Wertstoffe. Kleine und mittelständische Unternehmen hätten auf diesem bundesweit einheitlich geregelten Markt kaum eine Chance.

    "Das heißt, zwischen Oberbayern und Kieler Bucht haben wir überall die gleichen Erfassungssysteme. Das macht keinen Sinn. Die Menschen leben anders, da gibt es Gebiete mit mehr oder weniger Tourismus, mehr oder weniger Verpackung. Da denken wir, könnte es Sinn machen, die Kommunen einzubinden und zu fragen: Wie stellt ihr euch euer Recyclingsystem vor?"

    Ein Kreislauf von Sekundärrohstoffen, der regionale Strukturen berücksichtigt, durchgeführt von lokalen Unternehmen, so die Vision von BVSE-Präsident Landers.

    "Wir könnten zum Beispiel sagen, dass die Kommune entscheidet, dass man eine haushaltsnahe Sammlung hat. Da kommen alle Wertstoffe rein, nicht nur Verpackung. Man könnte dazu übergehen und sagen, wir sammeln in der gleichen Sammlung auch Elektrogeräte, das könnte man hinterher auseinandersortieren, so dass es auch für den Bürger einfacher verständlich ist. Wir könnten uns vorstellen, dass da wo Tourismus ist, wo die Verpackungen zunehmen, dass man dort über Wertstoffhöfe noch mal zusätzliche Angebote macht."

    Ein ausreichendes Angebot für den Restmüll versteht sich von selbst. Zwischen 30 und 50 Prozent Restmüll seien derzeit in den gelben Säcken. Auch das spricht gegen die bestehende Praxis. Ein Aus für die Dualen Systeme sieht BVSE-Präsident Landers dennoch nicht. Sie könnten auch in Zukunft unter veränderten Vorzeichen garantieren, dass Produzenten für die Rücknahme ihrer Produkte haften. Burkhard Landers spricht von Verwertungszertifikaten als ökonomischem Anreiz für jeden Produzenten.

    "Er hat einen Anreiz , die auch zurückzunehmen und wieder einzusetzen, das wäre in sich ein geschlossenes System. Das können Sie über Autos, über Elektronikschrott, über alle möglichen Produkte stülpen, indem Sie dem Produzenten sagen, pass auf, du kannst alles auf den Markt bringen, aber du musst es wieder zurücknehmen oder mindestens bezahlen. Es ist deine Verantwortung, für eine vernünftige Wiederverwertung zu sorgen."

    Die Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie in Deutschland versteht der Präsident vom Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung als Anlass für grundlegende Neuerungen.

    "Es kommt jetzt ein ganz neues Regelwerk auf Deutschland zu. Das lass uns zum Anlass nehmen, alte Regelwerke auch im Sinne von Entbürokratisierung zu überdenken, zu evaluieren und möglicherweise auf den historischen Müllhaufen zu werfen und etwas Neues im neuen Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz nach der Abfallrahmenrichtlinie zu machen."