Freitag, 19. April 2024

Archiv

"Halbe Katoffl Podcast"
"Hey, das ist auch Deutschland"

In seinem "Halbe Katoffl Podcast" spricht Frank Joung mit Deutschen mit Migrationshintergrund über ihren Alltag zwischen zwei Kulturen. Für seinen unterhaltsamen und positiven Ansatz ist der Berliner Journalist mit einer Nominierung für den Grimme-Online-Award bedacht worden, der am Freitag vergeben wird.

Von Benjamin Weber | 20.06.2018
    Frank Joung vor einem "Grimme Online Award"-Banner von der Bekanntgabe der Nominierungen zum Grimme Online Award 2018 am 26. April im "Startplatz" in Köln.
    Frank Joung ist mit seinem "Halbe Katoffl Podcast" für den "Grimme Online Award 2018" nominiert (Grimme Online Award / Rainer Keuenhof )
    Der "Halbe Katoffl Podcast" bezeichnet sich selbst als "Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben". Gründer und Moderator ist der Berliner Journalist Frank Joung, der selber so eine "halbe Katoffl" ist.
    "Genau, meine Eltern kommen aus Korea, beide. Ich bin aber in Hannover aufgewachsen, geboren und aufgewachsen, und wollte schon immer was mit Migrationshintergrund machen. Ich hatte immer das Gefühl, dass meine persönliche Geschichte und die Art Vermittlerrolle, die ich irgendwie dachte, dass ich sie habe, dass die irgendwie nutzbar gemacht werden müsste."
    Und so lädt Frank Joung seit Ende 2016 andere halbe Kartoffeln in seinen Podcast zum Gespräch. Ob zugezogen oder in Deutschland geboren, ein Elternteil aus einem anderen Land oder beide - mit seinen Gästen bespricht Frank Joung die ganz normalen Erfahrungen aus dem Alltag zwischen zwei Kulturen. "Halbe Katoffl" hat einen positiven, entspannten und lustigen Ansatz. So beginnt jede Folge erstmal mit der Passkontrolle, bei der biographische Daten abgecheckt werden, bevor Frank Joung dann den Klischeecheck auspackt.
    Einfach drauf los reden
    Es ist ein höchst unterhaltsamer Podcast, dessen Gespräche bis auf Passkontrolle und Klischeecheck offenbar ohne eine geplante Dramaturgie auskommen. Frank Joung redet mit seinen Gästen einfach drauf los, und bei Alltagsthemen wie Sprache oder Essen wird es immer wieder auch sehr lustig.
    "Zum Beispiel in Kroatien gibt es ja keinen weißen Spargel. Als meine Mutter Eindruck schinden wollte, bei meiner deutschen Familie, das erste Mal so, ne, hat sie Spargel selbstständig gemacht, hat gedacht 'Spargel kommt richtig gut an bei den Deutschen' Und dann alle so: Äh, Renata. Wo sind denn die Spargelköpfe? Hä, wieso, das hat sie weggeschnitten. Einfach direkt in den Müll, weil sie es nicht besser wusste. Sie hat sich so geschämt und erzählt heute noch die Story."
    "Kartoffeliges" Denken reflektieren
    Zugegeben - lustig und irgendwie traurig ist oft schwer auseinanderzuhalten. Und so kommen im "Halbe Katoffl Podcast" regelmäßig auch ernste Themen zur Sprache, sehr unschöne Geschichten von rassistischen Verunglimpfungen, vom Gefühl, in Deutschland nicht ganz dazuzugehören und von den ganz persönlichen Konflikten, die das Leben mit mehreren kulturellen Identitäten ebenso mit sich bringt. Viele der halben Kartoffeln berichten zum Beispiel davon, dass sie erst spät akzeptieren konnten, dass beide Seiten zu ihnen gehören - die deutsche und eben auch die andere.
    Gerade in der aktuell aufgeheizten Debatte, in der in Deutschland fast nur über Menschen gesprochen wird, die nicht Deutsch sind oder nicht Deutsch aussehen, aber eher selten mit ihnen, hat der "Halbe Katoffl Podcast" einen wohltuenden Effekt: Denn beim entspannten Zuhören bieten sich zahlreiche Anlässe, das eigene, vielleicht ja auch zu 100 Prozent "kartoffelige" Denken und Handeln zu reflektieren, das dann öfter enttarnt wird: Als sehr viel mehr klischeebeladen, als einem eigentlich lieb sein könnte.
    "Eein bisschen das Tabu brechen"
    Für Frank Joung, der seinen Podcast über ein freiwilliges Bezahlmodell bei der Crowdfunding-Plattform Steady finanziert, könnte sich dieser Effekt auch für die öffentliche Debatte über das Thema "Migrationshintergrund" einstellen, die nicht nur er als verkrampft wahrnimmt.
    "Also ich hab das Gefühl, dass gerade in der 'Mainstream-Media-Welt' das Thema immer entweder so angegangen wird: Ah, Rassismus, also in der Opferhaltung. Oder es wird einfach quasi ignoriert. Und ich wollte im Grunde zeigen: Hey, das ist auch Deutschland. Also es soll so ein bisschen das Tabu brechen, überhaupt über dieses Thema zu sprechen, ohne dass es so einen schweren, politischen Charakter hat. Es geht einfach darum, mal miteinander zu reden."