Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Halbjahresbilanz
Dieselgate schrumpft VW-Gewinn

Die Dieselkrise zeigt immer noch Wirkung und drückt auf die Halbjahreszahlen von Volkswagen. Unter dem Strich sackte das Konzernergebnis im ersten Halbjahr um ein Drittel ab. Anders dagegen die wichtige Kernmarke VW-Pkw: Nach Verlusten im vergangenen Jahr, brachte sie immerhin wieder knapp 900 Millionen Euro Gewinn.

28.07.2016
    Logo von VW in Volkswagen reflektiert auf der Motorhaube eines VW-Autos
    Vor allem die Kernmarke Volkswagen-PKW findet langsam wieder zurück in die Spur. (RONNY HARTMANN / AFP)
    Der Abgas-Skandal nagt weiter kräftig an der Gewinnkraft von Volkswagen. In den ersten sechs Monaten halbierte sich das Konzernergebnis nahezu auf rund 1,9 Milliarden Euro, nicht zuletzt, weil wieder zusätzliche finanzielle Puffer für juristische Risiken, in erster Linie aus dem Skandal um die manipulierten Dieselmotoren, aus dem Gewinn heraus gerechnet werden mussten. Mehr als zwei Milliarden Euro waren dafür gerade vor ein paar Tagen wieder fällig geworden – zusätzlich zu den bereits geleisteten Rückstellungen von mehr als 16 Milliarden Euro. Trotzdem steht der Konzern aber gar nicht so schlecht da, findet VW-Analyst Frank Schwope von der NordLB – und verweist auf starke Absatzzahlen in den vergangenen sechs Monaten.
    "Also man muss schon sagen, dass die Zulassungszahlen, die Verkaufszahlen an Autos von Volkswagen sehr solide waren – VW konnte zulegen, konnte mehr als 5 Millionen Autos im ersten Halbjahr verkaufen. Das ist wirklich sehr stark, wenn man bedenkt, dass der Diesel-Skandal im letzten dreiviertel Jahr sicherlich ein extrem negativer Marketingeffekt war."
    Ausgeprägte Markentreue
    Vor allem die Kernmarke Volkswagen-PKW findet – trotz "Dieselgate" – langsam wieder zurück in die Spur. Ende 2015 hatte die Marke noch Verluste eingefahren, jetzt brachte sie immerhin wieder knapp 900 Millionen Euro Gewinn. Das ist zum Teil Ergebnis eines rigiden Sparkurses bei der Hausmarke – aber es hat eben auch mit Verkaufs- und Zulassungszahlen für Golf, Passat und Co. zu tun. Die haben dazu beigetragen, dass der VW-Konzern sich im Rennen um den Titel des weltgrößten Autobauers im ersten Halbjahr 2016 sogar an Toyota vorbei geschoben hat. Das ist eine Art Sondereffekt, eine Eigendynamik dank einer sehr ausgeprägten Markentreue gegenüber VW, glaubt Klaus-Peter Wiedmann vom Institut für Marketing und Management an der Leibnitz Universität Hannover. Es gebe da gewisse Parallelen zum Verhalten eines Supertankers auf hoher See.
    "Das kann man mit einem Tanker vergleichen, der letztendlich – wenn da die Bremse rein gehauen wird, jetzt durch den öffentlichen Skandal – erst mal noch lange in die gleiche Richtung fährt, bis er dann wirklich zum Stoppen kommt. Nur muss man aufpassen: Er wird irgendwann mal zum Stoppen kommen, wenn man nicht gegensteuert."
    Und auch Frank Schwope warnt – jetzt schon zu glauben, dass VW mit einem blauen Auge davon kommen könnte, wäre fahrlässig. Zwar habe der kalifornische Richter Breyer gerade dem Vergleich von VW mit diversen US-Behörden grundsätzlich zugestimmt, aber …
    "… ich denke, auch der Vergleich in den USA vorgestern, wo ja allein 15 Milliarden Dollar anfallen ist nicht das Ende des Skandals, das ist auch nicht das Ende aller Prozesse, sondern in den nächsten Quartalen droht da sicherlich noch das eine oder andere in den USA – oder auch natürlich in den ganzen anderen Ländern der Welt."
    In Deutschland zum Beispiel hat sich das Internetportal myright.de zu Wort gemeldet, hinter der maßgeblich eine große US-Kanzlei steht. Sie fordert von VW eine verbindliche Garantie, dass bei nachgebesserten Fahrzeugen in Deutschland durch die Nachrüstung keine negativen Folgen zum Beispiel bei Verbrauch oder Haltbarkeit der Motoren eintreten. Sollte dies doch der Fall sein, müsse VW eine Vertragsstrafe von 5.000 Euro – in jedem Einzelfall – zahlen, so die Forderung der Kanzlei. Die Nachwehen des Skandals werden für Volkswagen also noch lange große finanzielle Risiken mit sich bringen.