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Halbjahreszahlen der Automobilindustrie
Pkw-Markt wächst trotz Abgas-Skandal und Brexit

Der deutsche Pkw-Markt wächst, trotz des Imageverlustes durch den Dieselabgas-Skandal. Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, hat am Montag die Halbjahreszahlen der deutschen Automobilindustrie präsentiert. Dabei stand vor allem eine Frage im Mittelpunkt: Wie reagiert die Industrie auf den Brexit?

Von Dieter Nürnberger | 04.07.2016
    VDA-Präsident Matthias Wissmann, in ein Mikro sprechend, mit den Händen gestikulierend.
    Will auch nach dem Brexit einen ungehinderten Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Großbritannien und der EU: der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, VDA, Matthias Wissmann (dpa/picture alliance/Valentin Gensch)
    Für ein schlichtes Business as usual gebe es derzeit keine Grundlage, so Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Wobei die Folgen der Brexit-Entscheidung zumindest bei der Abhandlung der Themen vor den Auswirkungen des Dieselabgas-Skandals stehen. Die Entscheidung der Briten habe auch ihn überrascht, so der VDA-Chef, nach der Enttäuschung müsse nun aber eine vernünftige Sicht auf die Dinge folgen. Und das heißt, dass der freie Handel nicht eingeschränkt werden dürfe:
    "Es muss alles getan werden, um den bislang ungehinderten Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Großbritannien und den anderen EU-Ländern auch künftig zu ermöglichen. Weil freier für beide Seiten große Vorteile bietet."
    Allerdings sei ein ungehinderter Marktzugang Großbritanniens nur möglich, wenn dort künftig weiterhin alle Grundfreiheiten, auch die des freien Personenverkehrs, akzeptiert würden. Im vergangenen Jahr haben die deutschen Hersteller 1,3 Millionen Neuwagen auf der Insel verkauft, das entspricht einem Marktanteil von immerhin rund 50 Prozent. Und auch umgekehrt gilt: Mehr als jedes zweite in Großbritannien gefertigte Auto fand in der EU seinen Käufer.
    Image der Branche hat Kratzer bekommen
    Zum Diesel-Abgas-Skandal positionierte sich der VDA-Präsident mit den Worten "Wir haben verstanden". Das Image der Branche habe durch die manipulierten Abgaswerte erhebliche Kratzer bekommen. Wobei es Wissmann vermied, einzelne Hersteller beim Namen zu nennen.
    "Von unserer Industrie wird zu Recht erwartet, dass sie technologische Herausforderungen meistert - und zwar ohne Schlupflöcher und Grauzonen. Und wir wissen auch: Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim."
    Wissmann begrüßt es, dass künftig die gesetzlich vorgeschriebenen Typprüfbedingungen genauer definiert werden sollen. So soll ein neuer Labor- und auch Straßentest realistischere Werte aufweisen. Und beim Typgenehmigungsverfahren unterstützt er das Angebot der Hersteller, die Softwarekonzepte für die Abgasnahbehandlung den Genehmigungsbehörden zugänglich zu machen.
    Abgas-Skandal hat keine negativen Auswirkungen auf Verkaufszahlen
    Von den Verkaufszahlen her, scheint sich der Abgas-Skandal nicht negativ ausgewirkt zu haben. Zumindest nicht in Deutschland - denn im ersten Halbjahr wurden mehr als 810.000 Diesel-Pkw neu zugelassen. Das ist ein neuer Rekord.
    Beim langfristigen Ausblick für die deutsche Automobilindustrie betont Matthias Wisssmann den Abschied vom Öl. In Zukunft gehe es um alternative Antriebe und Kraftstoffe. Allerdings spricht sich der VDA-Chef gegen zu viele Technologievorgaben aus.
    "Wenn heute der eine oder andere - rein politisch motiviert - das Ende des Verbrennungsmotors im Jahr 2030 fordert, dann ist das weder klimapolitisch, noch industriepolitisch, noch sozialpolitisch sinnvoll. Das geht auf gar keinen Fall, und es geht in keinem Industrieland der Welt."
    Aber vorerst gilt - die Erfolgsbranche wächst weiterhin: Die Hersteller produzierten im ersten Halbjahr mehr als drei Millionen Fahrzeuge, ein Plus von vier Prozent. Bei den Ausfuhren lag China als Riesenmarkt auf dem Vorjahresniveau. Die Exporte in die USA schwächeln zwar ein wenig, gleichzeitig zieht aber der Verkauf in Südeuropa wieder an. Der VDA erwartet für 2016 deshalb eine stabile Exportquote.