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Hamburg
Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung

Für Menschen mit einer Behinderung ist die Partnersuche oft schwierig. Vielen fällt es nicht leicht, auf andere zuzugehen, oder sie treffen einfach niemanden, der zu ihnen passt. In Hamburg gibt es deswegen eine ganz besondere Singlebörse: die Schatzkiste.

Von Ines Burckhardt | 02.06.2015
    Ein Rollstuhl steht zusammengeklappt in einem Hausflur.
    Bei der Partnervermittlung geht es vor allem um die Interessen, der Klienten. (picture alliance / dpa / Oliver Killig)
    Stefan: "Ich find Maike sehr schön, also sehr gut, so richtig gut. Wenn ich Hilfe brauche, dann ist Maike für mich da."
    Maike: "Das fühlte sich irgendwie richtig an. Ich hatte das Gefühl: Ja, das ist es."
    Auf dieses Gefühl, endlich mit dem richtigen Partner zusammen zu sein, haben Maike Timm und Stefan Runkel lange gewartet. Beide hatten schon früher Beziehungen, die aber wieder auseinandergingen. Nun sitzen sie nebeneinander auf dem Sofa in Maikes Zimmer im Blindenwohnheim. Stefan kuschelt sich an Maike und gibt ihr einen Kuss. Seit mehr als drei Jahren sind die 35- und der 43-Jährige ein Paar. Sie telefonieren jeden Tag miteinander, schreiben Briefe statt E-Mails und am Wochenende unternehmen sie oft etwas zusammen in Hamburg.
    Stefan: "Wir suchen Ausflugsziele, wo wir gut beide reinkommen. Also ich mit dem Gehen, ich bin schlecht zu Fuß, und Maike, wo gut mit dem Stock reinkommt."
    Stefan hilft dann Maike, die fast nichts sehen kann. Und Maike stützt Stefan, der Probleme mit seiner Hüfte hat.
    "Hier kommt die Kante, Maike." "Ja, merke ich gerade." Beide: "Hallo."
    Die einzige Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung in Hamburg
    Immer dienstags gehen sie zusammen zur Schatzkiste, die einzige Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung in Hamburg. Denn hier haben sie einander kennengelernt. Auch, wenn sie jetzt vergeben sind, treffen sie sich gerne noch mit den anderen beim Singletreff. Maike und Stefan erinnern sich an ihr erstes Gespräch in der Schatzkiste, als sie in die Kartei aufgenommen wurden.
    Stefan: "Ich hab mir vorgestellt, ich will eine Freundin haben, die ganz lieb ist zu mir, mich auch ein bisschen unterstützt. Und ich möchte eine Freundin haben, wo wir auch richtig was unternehmen."
    Maike: "Ich hab gesagt, ich such' jemanden, der sehr geduldig mit mir ist, der sehr ruhig ist, der sehr treu ist, also nicht plötzlich weg ist, der nicht mich belügt, also der ehrlich ist, also so einen hab ich gesucht."
    Und gefunden. Das klappt leider nicht immer so einfach. Lena Rommerskirchen hat jede Woche vier Neuanmeldungen. In einem einstündigen Gespräch erfragt sie die Wünsche der Singles.
    "Viele haben schon wirklich Leidensdruck. Die sind wirklich schon ewig auf der Suche und haben einfach noch nicht das Richtige gefunden und sind einfach frustriert."
    Mittlerweile sind 700 Menschen mit Behinderung in der Kartei der Schatzkiste. Lena Rommerskirchen notiert dort zum Beispiel, ob sich ihr Klient einen Partner im Rollstuhl vorstellen kann. Die Art der Behinderung fragt sie nicht unbedingt ab.
    "Manchmal kommt's von ganz alleine, dann wird eben erzählt: und das ist meine Diagnose. Wo ich dann auch immer sage: Mensch, deine genaue Diagnose möchte ich überhaupt nicht wissen. Darauf kommt's ja nicht an, du bist ja mehr als eine Behinderung."
    Klienten mit ähnlichen Interessen
    Die Leiterin der Schatzkiste ist beim ersten Treffen immer dabei. Die meisten ihrer Klienten seien sehr schüchtern und froh, wenn sie das Gespräch anfangs leitet. Lena Rommerskirchen versucht, Singles mit gleichen Interessen zusammenzubringen. Auch auf das Alter achtet sie. Ebenso spielt Sexualität oft eine Rolle.
    "Bei manchen wird's halt sofort thematisiert, ich brauche einen Partner, ich möchte auch Sex haben, ich möchte kuscheln und Kinder, das ist natürlich dann schon sehr viel. Und bei anderen ist das so: Oh nee, wenn mich da jemand anfasst, das mag ich überhaupt nicht oder man braucht halt sehr lange Zeit, bis man das zulässt."
    Sie beobachtet, dass Menschen mit Behinderungen oft der soziale Kontakt fehlt. Sie haben Freunde in ihren Wohngemeinschaften und teilweise im Arbeitsumfeld. Aber es kommen dann keine neuen Bekanntschaften hinzu. Auch Maike und Stefan haben in ihrem Umfeld niemanden kennengelernt, obwohl sie beide arbeiten, er in einer Behindertenwerkstatt und sie trägt Post aus.
    Ihre Zukunft stellen sich die beiden gemeinsam vor. Auch die Familien kennen sich schon - Stefans Eltern haben Maike neulich zum Geburtstag Karten für ein Gospelkonzert geschenkt. Zusammenziehen will das Paar aber erst mal nicht.
    Stefan: "Das ist noch ein bisschen früh."
    Maike: "So, wie es ist, ist es gut. Das könnte noch jahrelang so weitergehen."