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Handelskonflikt mit den USA
Firmen denken über Abzug aus China nach

Im Handelsstreit zwischen den USA und China scheint kein Ende in Sicht. Beide Seiten erheben immer weitere Zölle. Betroffen sind neben heimischen Firmen auch zahlreiche deutsche Unternehmen, die in China aktiv sind. Viele denken inzwischen darüber nach, die Produktion in andere Länder zu verlagern.

Von Steffen Wurzel | 30.08.2018
    Blick auf den Frachthafen von Shanghai
    Der amerikanisch-chinesische Handelsstreit betrifft immer mehr Unternehmen, die in China produzieren (AP)
    Eine Fabrik der Firma Positec im ostchinesischen Suzhou. Das Unternehmen produziert Bohrmaschinen, Kettensägen und andere Heimwerker-Geräte. Rund die Hälfte des Umsatzes macht das Unternehmen in den USA, wo die Geräte unter dem Markennamen "Worx" verkauft werden.
    Dass der US-chinesische Handelsstreit derart eskaliere, habe er nicht erwartet, sagt Firmengründer und -chef Don Gao. Die US-Zölle auf seine Produkte treffen ihn und sein Unternehmen. Die Frage ist jetzt:
    "Wie kommen wir damit klar? Natürlich prüfen wir unter anderem, ob wir unsere Produktion in ein anderes Land verlagern können."
    Weltweite Lieferketten sind betroffen
    Auch europäische Firmen, die in China aktiv sind, leiden vermehrt unter dem Handelsstreit zwischen den beiden größten Wirtschaftsnationen, sagt Carlo D’Andrea von der Europäischen Handelskammer in Shanghai. Denn diese Firmen geraten ins Kreuzfeuer der gegenseitigen Sonderzölle. Zum Beispiel deutsche Firmen, die in China Waren für den US-Markt herstellen. Simone Pohl, Geschäftsführerin der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Shanghai:
    "Wir haben auf der einen Seite die Firmen, die direkt von den Zöllen betroffen sind, weil sie etwa Bauteile oder Rohstoffe verwenden, die mit Sonderzöllen belegt werden. Das zweite Beispiel sind Unternehmen, deren weltweite Lieferketten betroffen sind. Und dort stellt man sich nun die Frage, wie man das gestaltet."
    Nach Angaben der Deutschen Auslandshandelskammer in China überlegen viele solcher Unternehmen inzwischen, die Produktion aus China abzuziehen.
    "Nehmen wir zum Beispiel ein Unternehmen, das Maschinen in China herstellt und in die USA liefert. Wenn solch ein Unternehmen auch eine Niederlassung in Mexiko hat, überlegt es sich nun, ob es die Maschinen künftig in Mexiko herstellen und von dort in die USA liefern kann. Mit solchen Szenarien beschäftigen sich die Unternehmen."
    Andere Staaten in Asien werden plötzlich attraktiver
    Doch ganz so einfach wie es klingt, ist eine Verlagerung der Produktion natürlich nicht. Das Ganze sei eine sehr komplexe Angelegenheit, betont Simone Pohl. Außerdem sei vor allem die deutsche Wirtschaft mit sehr vielen kleinen und mittelständischen Firmen aktiv, für viele komme eine Verlagerung der Produktion nicht so einfach in Frage. Trotzdem ist es für zahlreiche Firmen in China inzwischen durchaus eine Option, das Land wegen des Handelsstreits zu verlassen.
    Carlo D’Andrea von der Europäischen Handelskammer:
    "Andere Staaten in Asien wie Vietnam, Thailand oder Indonesien werden plötzlich attraktiver. Früher sind Firmen wegen der steigenden Lohnkosten aus China abgezogen, jetzt spielt auch die geopolitische Lage eine Rolle."
    Das vermutlich größte Problem aber dürfte der Vertrauensverlust sein, den der Handelsstreit im chinesischen-amerikanischen Verhältnis ausgelöst hat. Don Gao vom Heimwerkergeräte-Hersteller Positec:
    "Viele in China waren bisher der Meinung: Die USA stehen für wirtschaftliche Freiheit und für den Freihandel. Die jüngsten Ereignisse aber haben bei vielen Chinesen zu einem Umdenken geführt."