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Handelspartner China
Studie beklagt unfairen Wettbewerb

China investiert in Deutschland gezielt in Schlüsseltechnologien. Umgekehrt schützt Peking strategische Industrien vor ausländischem Einfluss. Um deutsches Know-how zu sichern, müsse man chinesische Investitionen kritischer prüfen, so das Ergebnis einer Bertelsmann-Studie.

Von Mischa Ehrhardt | 22.05.2018
    Der Stand des deutschen Roboterherstellers Kuka auf der Technologiemesse in Schanghai im August 2014.
    "Ziel der Marktführerschaft": Stand des deutschen Roboterherstellers Kuka auf der Technologiemesse in Schanghai (dpa / picture alliance / Weng Lei)
    Die Importzölle für Autos in China sollen deutlich sinken - von derzeit 25 auf 15 Prozent. Damit kommt Peking in dieser Frage einer zentralen Forderung nach, die in Europa, aber auch in Amerika immer wieder zu hören war: Barrieren für ausländische Unternehmen abzubauen, die in das Land ihre Waren einführen oder in China produzieren wollen. Bisher mussten Autobauer in China entweder gemeinsam mit einem chinesischen Partner vor Ort Autos produzieren - und den Gewinn dann teilen; oder sie mussten die hohen Zölle bezahlen, wenn sie ihre Autos nach China verschifften.
    "Es ist häufig die Rede von einer unfairen Behandlung der ausländischen Unternehmen in China", sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer.
    Chinesischer Protektionismus
    "Was sich die ausländischen Unternehmen nur gefallen lassen, weil sie sich den Zugang zu diesem riesigen Markt versprechen. Donald Trump - der ja nicht in allem Unrecht hat - beklagt zurecht, dass Unternehmen aus Amerika aber auch der EU in China nicht die gleichen Rechte genießen wie einheimische Unternehmen."
    So gesehen ist das Absenken der Zölle für nicht-chinesische Autobauer ein Schritt auf die Handelspartner hin - allen voran natürlich die USA und die Europäische Union. Allerdings bleiben Ungleichgewichte bestehen. Das hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben. Die Autoren kritisieren, dass chinesischen Unternehmen freier Marktzugang in Europa geboten wird, wenn sie sich beispielsweise an europäischen Firmen beteiligen wollen. Umgekehrt aber schützt Peking strategische Industrien gezielt vor ausländischem Einfluss. Cora Jungbluth, Autorin der Studie:
    "Der Schlüssel hierbei liegt in der fehlenden Gegenseitigkeit zwischen Deutschland und China. Das bedeutet, dass die potentielle staatliche Einflussnahme auf diese Firmenbeteiligungen zu unfairem Wettbewerb führen kann."
    Peking geht sehr zielstrebig vor
    China selbst hat ausgegeben, bis 2025 in vielen technologischen und industriellen Bereichen Weltmarktführer zu sein. Die Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt: Das Land geht bei diesem Ansinnen offenbar planmäßig, um nicht zu sagen zielstrebig vor.
    "Unsere Ergebnisse zeigen, dass etwa zwei Drittel dieser Beteiligungen in die zehn Schlüsselbranchen passen, die China in der Strategie'Made in China 2025' definiert hat."
    Dabei hat die ganze Sache - wie so oft - zwei Seiten: Denn meist verfolgen chinesischen Geldgeber langfristige Interessen. Damit kommen die Firmen also an Kapital, das sie für Investitionen nutzen können. Andererseits aber gibt es die Befürchtung, dass technologisches Know-how aus den Firmen nach China abwandert, was dem Land bei seinem staatlich geförderten Projekt der industriellen Vorherrschaft in die Karten spielen würde.
    "Investitionen in sehr sensiblen Bereichen"
    Jörg Krämer: "Es fällt auch auf, dass die Chinesen sehr viel zahlen für die Unternehmen, viel mehr, als es aus wirtschaftlichen Überlegungen naheliegt. Und es fällt weiter auf, dass die chinesischen Investitionen sich in sehr sensiblen Bereichen bewegen, insbesondere in der Infrastruktur für die Versorgung mit Elektrizität."
    Deswegen fordern Experten wie Cora Jungbluth oder Jörg Krämer, die Schwelle für Prüfverfahren herunter zu setzen. Derzeit liegt diese Schwelle für Prüfverfahren von ausländischen Direktinvestitionen bei 25 Prozent - sie solle auf10 Prozent sinken.
    Prominente Beispiele für Beteiligungen chinesischer Investoren an deutschen Firmen ist der Einstieg des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler oder die Beteiligung des chinesischen Haushaltsgerätekonzerns Midea am Roboterbauer Kuka. Diese Beispiele sind auch deswegen bezeichnend, weil es sich hierbei genau um jene Bereiche handelt, die China zu Schlüsseltechnologien mit dem Ziel der Marktführerschaft auserkoren hat: Beispielsweise eben elektrische Antriebstechniken für Autos, Robotik oder Biomedizin.