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Hasskriminalität
Härtere Strafen geplant

Der Koalitionsvertrag gab den Auftrag vor - nun zieht der Justizminister Konsequenzen aus der NSU-Mordserie. Das Ziel: Wer Straftaten mit einer rassistischen Motivation begeht, wird fortan härter bestraft. Aber es gibt auch Kritik an dem Vorstoß.

25.04.2014
    Eine Demo gegen Rassismus in Solingen am 25.05.2013
    Eine Demo gegen Rassismus in Solingen am 25.05.2013 (picture-alliance / dpa / Marcus Simaitis)
    Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD findet sich im Kapitel 5 ("Moderner Staat, innere Sicherheit, Bürgerrechte") folgender Passus:
    "Weil Opfer rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger menschenverachtender Straftaten den besonderen Schutz des Staates verdienen, wollen wir sicherstellen, dass entsprechende Tatmotive bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt werden."
    Nun liegt der dazugehörige Gesetzentwurf vor - darüber hatte zuerst die Berliner "taz" berichtet, heute ging der Entwurf an Länder und Verbände. Die Stoßrichtung der Novelle ist klar: Rassistische Beweggründe führen zu höheren Strafen. Unsere Hauptstadt-Korrespondentin Gudula Geuther verwies im Deutschlandfunk auf das Strafgesetzbuch (§ 46) und erläuterte: "Wenn der Richter aus dem weiten Rahmen, die eine Strafvorschrift steckt, im Einzelfall ein Strafmaß festlegt, hat er schon jetzt die Beweggründe und Ziele des Täters mit in die Rechnung einzustellen."
    Die Neuerung ist also eine Präzisierung: Motive wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung werden nun ausdrücklich im StGB erwähnt. Der Richter muss also abwägen, ob dergleichen als Beweggrund vorgelegen hat - und kann dann eine schärfere Strafe verhängen. Dahinter stehen Appelle von Vereinten Nationen und Europarat. Dazu Gudula Geuther: "Damit soll besonders geahndet werden, dass so genannte Hass-Kriminalität ganze Gruppen einschüchtern oder verunsichern kann." Hate crimes, Hassverbrechen, das schrieb auch die taz, würden schon heute in vielen Ländern härter bestraft als normale Delikte.
    Schematismus vermeiden
    Die Kritiker des Gesetzentwurfes meldeten sich rasch zu Wort, etwa die Linken-Politikerin Halina Wawzyniak. Sie sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, der Begriff "menschenverachtend" sei Auslegungssache, und darunter könne jeder etwas anderes verstehen. Sie selbst halte es für menschenverachtend, wenn Straftaten aus homophoben oder antisemitischen Gründen begangen würden oder wenn sie sich gegen Obdachlose richteten. Ob das aber auch die Richter so sähen, bleibe offen.
    Stefan König vom Deutschen Anwaltverein nannte das Vorhaben eine "Schaufenstergesetzgebung". Gerade weil die Strafzumessung eine der schwierigsten und wichtigsten Aufgaben des Strafrichters sei, müsse sie von jedem Schematismus frei sein.
    Der Justizminister selbst sagte der "Süddeutschen Zeitung", mit den geplanten Änderungen wolle er die Ermittlungsbehörden frühzeitig für Motive wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sensibilisieren und dazu bringen, dass diese Motive im Zuge der Ermittlungen schon früh in den Blick genommen würden.

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