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Hassposts in sozialen Netzwerken
Bundestag stimmt für Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Das umstrittene Gesetz gegen Hass und Verleumdung in den sozialen Netzwerken hat den Bundestag passiert. Das "verbale Faustrecht" im Internet werde dadurch nun beendet, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD). Doch am neuen Gesetz gibt es auch heftige Kritik.

30.06.2017
    Eine Computertaste mit der Aufschrift "hass" und dem Schatten eines Paragraphen-Zeichens darüber
    Eine Computertaste mit der Aufschrift "hass" und dem Schatten eines Paragraphen-Zeichens darüber (imago / Christian Ohde)
    Internetplattformen wie Facebook und Twitter müssen künftig konsequenter gegen Hasskommentare und Falschnachrichten vorgehen. Nach langer Debatte verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD ein Gesetz, das die Betreiber von sozialen Netzwerken verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren. Sonstige rechtswidrige Inhalte müssen "in der Regel" innerhalb von sieben Tagen gelöscht oder gesperrt werden.
    Die sozialen Netzwerke können die Entscheidung über rechtswidrige Inhalte auch an gemeinsame Einrichtungen der Plattformbetreiber abgeben, die unabhängig sein müssen. Diese müssen ebenfalls binnen sieben Tagen über die Strafbarkeit des gemeldeten Inhalts entscheiden.
    Maas: "Kein Angriff auf die Meinungsfreiheit"
    Bundesjustizminister Heiko Maas verteidigte das umstrittene Gesetz vor der Abstimmung. Dieses sei kein Angriff auf die Meinungsfreiheit, sondern seine Voraussetzung, sagte Maas. Zuvor hatte unter anderem die Organisation "Reporter ohne Grenzen" kritisiert, die Regelung schränke die Presse- und Meinungsfreiheit ein. Facebook selbst sieht das Gesetz im Widerspruch zu europäischem Recht. Die EU-Kommission allerdings verzichtete vorerst auf einen Einspruch.
    Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast warnte davor, dass mit dem Gesetz "ganz grundlegende Weichen für das digitale Zeitalter" gestellt würden. Es gehe darum, die richtige Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu finden: "Ich habe immer noch das Gefühl, dass der Reiz zu löschen größer ist als der Reiz, die Meinungsfreiheit einzuhalten." Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sagte, mit dem Gesetz werde die Unterscheidung zwischen Hetze, Satire und freier Meinungsäußerung in die Hände von Internet-Monopolisten gelegt.
    Geldbußen bis zu 50 Millionen Euro
    Die Netzwerk-Betreiber werden mit dem Gesetz verpflichtet, den Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anzubieten. Nutzerbeschwerden müssen sie unverzüglich zur Kenntnis nehmen und auf strafrechtliche Relevanz prüfen.
    Wird ein Beschwerdemanagement nicht oder nicht richtig eingerichtet, droht eine Geldbuße. Diese kann fünf Millionen Euro gegen eine für das Beschwerdeverfahren verantwortliche Person betragen. Gegen das Unternehmen selbst kann die Geldbuße bis zu 50 Millionen Euro ausmachen.
    WLAN-Anbieter haften nicht mehr für Nutzer
    Der Bundestag verabschiedete auch ein Gesetz, mit dem der Aufbau von WLAN-Netzen in Deutschland vorangetrieben werden soll. Künftig sind Anbieter von Internetzugängen nicht mehr haftbar, wenn Nutzer gegen Recht verstoßen und etwa illegal Musik herunterladen.
    (tzi/mw)