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"Hausfrauen"-Ausstellung
Kurzweilig und klug recherchierte Schau

Auf der Suche nach dem eigenen Selbstverständnis kommt Frauen immer noch ein Ort in die Quere, der jahrhundertelang ihr ureigenstes Terrain war: das Haus und der dazugehörige Haushalt. In der Ausstellung "Desperate Housewives? Künstlerinnen räumen auf" beschäftigen sich 29 zwischen 1936 und 1986 geborene Künstlerinnen mit diesem Klischee.

Von Thomas Senne | 17.06.2015
    Eine Frau saugt mit einem Staubsauger den Fußboden eines Wohnzimmers.
    Eine Frau saugt mit einem Staubsauger den Fußboden eines Wohnzimmers. (picture alliance / dpa / Tobias Hase)
    In dieser Präsentation wird sprichwörtlich Porzellan zerschlagen. Das Hausfrauendasein wird nicht neu erfunden, sondern gänzlich abgeschafft, ja ist vielerorts schon längst verschwunden. Schon die erste Arbeit, die am Eingang zu sehen ist, macht das symbolisch deutlich. Die 1999 entstandene Farbfotografie der avantgardistischen Altmeisterin Rosemarie Trockel zeigt eine vom Abrissbagger malträtierte Küchenzeile in desolatem Zustand inmitten eines Trümmerfeldes. Hausfrauenarbeit, so die Message, ist ein Relikt von vorgestern.
    "Der Begriff Hausfrau ist ja eigentlich verschwunden. Also Hausfrauenverbände nennen sich um. Es gibt im klassischen Sinne keine Hausfrauen mehr. Die Frauen sind berufstätig. Das Haus ist ja tagsüber in der Regel leer. Aber wer macht den Haushalt?"
    Natürlich die Frauen, sagt Kuratorin Ina Ewers-Schultz. Mit diesem Klischee räumen die eingeladenen Künstlerinnen auf. In ihren Installationen, Videoarbeiten, Zeichnungen, Gemälden oder Objekten im Museum Kulturspeicher präsentieren sie frische, freche Kunst, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln – oft auch etwas augenzwinkernd - behandelt.
    "Hauptwäsche" nennt die Münchnerin Anna Anders ihr Videoobjekt aus dem Jahr 2000. Die Waschmaschine, in deren Bullauge ein rotierender Frauenkopf im Schleudergang zu sehen ist, entpuppt sich bald als ein simpler Holzkasten mit einem Fernsehmonitor. "Putzen befreit – vor allem von Dreck, den andere machen", lautet das Statement dieser Künstlerin. Die Schweizerin Jutta Burkhardt hat in der gesellschaftskritischen Ausstellung aparte Kleidungsstücke an die Wand gehängt, die aus Staubtüchern, Polyestergarn oder Edelstahl-Topfreinigern bestehen.
    Putzen als kreativer Vorgang? Putzkostüme als Vorreiterinnen eines neuen Modetrends? Wer weiß das schon genau. Männer spielen in der kurzweiligen und klug recherchierten Schau nur am Rande eine Rolle, wenn auch eine etwas unrühmliche. Etwa bei der 1971 in Wernigerode geborenen Susanne Kutter. Ihre schwungvoll arrangierte Assemblage in Epoxidharz aus einem zerschmetterten, aber immer noch funktionstüchtigen Kronleuchter, einem Kabel und Eichenparkett trägt den ironischen Titel "Herrn Oleanders großer Auftritt". Susanne Kutter:
    "Wenn man Dinge personifiziert, stell ich mir eben jemanden vor, der so ganz herrschaftlich seinen Auftritt hat und die Galatreppe herunterkommt und dann eben über eine Stufe stolpert (lacht) ."
    "Kitchenqueens" aus verfremdeten Spülmittelflaschen, bestickte Gemälde, auf denen dumme Sprüche wie "Langes Fädchen, faules Mädchen" zu lesen sind, oder ein surrealer Paravent aus überdimensionalen Reiben sind weitere gelungene Beispiele für den Einfallsreichtum der beteiligten Künstlerinnen. Ob alt oder jung, ihr Alter spielt bei den jetzt gezeigten unterschiedlichen ästhetischen Positionen keine Rolle. Auch bei der Beuys-Schülerin Inge Mahn nicht. Sie hat sich von einem polnischen Wiegenlied zu einem kinetischen Objekt, einer rumpelnden Riesenschaukel, inspirieren lassen und ist erstaunt.
    "Dass man solch eine Ausstellung jetzt noch macht. Ich bin jetzt 70 Jahre alt und in meiner Studienzeit – da ging es um Gleichberechtigung. Die Frauen waren stark, die machten alles und die konnten auch alles. Und insofern war das für uns kein großes Thema. Wir haben es praktiziert. Und es wundert mich, dass es immer noch nötig ist, so eine Ausstellung zu machen. Es ist traurig."
    Die Ausstellung "Desparate Housewives - Künsterlinnen räumen auf" ist im Museum im Kulturspeicher in Würzburg zu sehen.