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Haushaltsdebatte Arbeit und Soziales
Wohlstand für alle vs. arm trotz Arbeit

Im Durchschnitt habe jeder Arbeitnehmer 1.000 Euro mehr im Portemonnaie als zu Beginn der Legislaturperiode, konnte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der Haushaltsdebatte vermelden. Von vielen Menschen werde die Einkommensverteilung als ungerecht empfunden, konterten Die Linken. Und die Grünen bemängelten die ökologische Schieflage.

Von Marcus Pindur | 08.09.2016
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel steht hinter dem Rednerpult des Bundestages.
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei der Debatte über seinen Etat im Bundestag (picture alliance /dpa /Wolfgang Kumm)
    Eine Zahl ist dem Wirtschaftsminister besonders wichtig. Die Arbeitslosigkeit sei so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr, das sei in aufgewühlter Zeit ein politischer Erfolg, den man gar nicht hoch genug einschätzen könne, so Sigmar Gabriel zur Eröffnung der Debatte.
    "43,5 Mio Menschen finden Arbeit in unserem Land, so viel wie noch nie in der Geschichte der Republik. Das zeigt, worauf es ankommt. Unsere Wirtschaft, die jedes Jahr solide gewachsen ist, und die Einnahmen des Staates und der Sozialversicherung deshalb gestiegen sind. Unsere Aufgabe muss es daher sein, diesen Pfad erfolgreich fortzusetzen und dafür zu sorgen, dass es dabei bleibt."
    SPD: Reallohnzuwächse für die Mitte der Gesellschaft
    Nicht die Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse nehme zu, sondern die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung steige. Tariflöhne seien gestiegen, es gebe Reallohnzuwächse für die Mitte der Gesellschaft, dazu komme die höchste Rentenerhöhung seit 20 Jahren. Im Durchschnitt habe jeder Arbeitnehmer 1.000 Euro mehr im Portemonnaie als zu Beginn der Legislaturperiode.
    "Der Wert der Arbeit in Deutschland ist wieder gestiegen, Leistung, auch Lebensleistung findet Anerkennung. Das ist ein Signal von überragender Bedeutung für unsere Gesellschaft. Ein Signal, dass die soziale Marktwirtschaft wieder versucht, ihr Leitbild Wohlstand für alle zu erreichen, ist gerade in solchen Zeiten, in denen wir jetzt leben, wichtig."
    Der Investitionshaushalt der Bundesregierung sei um ein Drittel gestiegen. Gleichzeitig habe man mehr Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik in die Hand genommen, das komme sowohl Flüchtlingen, als auch deutschen Langzeitarbeitslosen zugute.
    "Das muss man sich mal überlegen, was das bedeutet, eine Million Menschen neu aufnehmen, integrieren, und keine Steuererhöhungen, keine Defizite, keine schweren Verteilungskämpfe. Ich kenne kein anderes Land der Erde, dass dazu so schnell in der Lage gewesen wäre."
    Die Linke: Arm trotz Arbeit sei für viele beschämende Realität
    Trotz sprudelnder Steuereinnahmen will die SPD sich nicht zu Steuersenkungen durchringen. Da gehen die Koalitionspartner erneut auf Konfrontationskurs. Die von Finanzminister Schäuble angekündigte Steuerentlastung summiere sich mit anderen Versprechen auf 40 Milliarden Euro. Das, so Gabriel, sei jedoch unglaubwürdig. Gezielte Entlastung von kleinen Einkommen, etwa bei den Sozialabgaben und staatliche Investitionen in Kinderbetreuung und Bildung seien nötig.
    Die Opposition beklagt eine Gerechtigkeitslücke. Von vielen Menschen werde die Einkommensverteilung in Deutschland als ungerecht empfunden, so der haushaltspolitische Sprecher der Linken, Roland Claus. Wirtschaftsminister Gabriel tue zu wenig, um daran etwas zu ändern.
    "Arm trotz Arbeit ist kein Phantomschmerz, den die Opposition erfunden hätte. Arm trotz Arbeit ist für Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschämende Realität. Und Niedriglohn und Leiharbeit haben sich breitgemacht und verfestigt."
    Wirtschaftliche Chancen, die Klimaschutz bringen könne, werden verspielt
    Die Grünen beklagen eine ökologische Schieflage. Fraktionschef Hofreiter erklärte, die Bundesregierung verspiele die wirtschaftlichen Chancen, die der Klimaschutz bringen könne.
    "Nämlich bei den ganzen entscheidenden Zukunftsinnovationen. Bei all diesen Dingen bremst die Bundesregierung. Das haben wir wunderschön beim Klimaschutzplan gesehen. Was bräuchten wir denn eigentlich? Wir bräuchten ein modernes Energiesystem. Wir bräuchten ein Energiesystem, das mit regenerativen Energien funktioniert."
    Die Klimaschutzpläne von Bundesumweltministerin Hendricks, so Hofreiter, seien vom Wirtschaftsminister zusammengestrichen worden. Das sei nicht nur schlecht für die Bekämpfung der Klimakrise, das sei auch schlecht für den Wirtschaftsstandort Deutschland.