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Haushaltssanierung
Kommunen drehen an der Steuerschraube

Knapp 20 Prozent aller Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern haben ihre Gewerbesteuer im laufenden Jahr erhöht. Eine fatale Entwicklung, die zulasten der Unternehmen geht, kritisiert der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK. Die Kommunen verteidigen sich: Viele stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand.

Von Gerhard Schröder | 17.08.2015
    Eine Hand hält zahlreiche Euro-Banknoten, aufgenommen am 03.01.2014 in Frankfurt am Main (Hessen).
    Die Steuern seien da am höchsten, wo eigentlich die Standorte mit am schlechtesten seien - ein Teufelskreis, meint Martin Wansleben vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. (picture-alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Martin Wansleben ist empört. Von wegen keine Steuererhöhungen. Viele Kommunen drehten kräftig an der Steuerschraube, um ihre Haushalte zu sanieren. Zulasten der Unternehmen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags DIHK dem Deutschlandfunk:
    "Wir sind alarmiert, denn die Konjunktur läuft gut, die Steuereinnahmen sprudeln. Und dennoch drehen die Kommunen an der Steuerschraube."
    138 von 676 Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern, also knapp 20 Prozent, haben ihre Hebesätze auf die Gewerbesteuer im laufenden Jahr erhöht, das geht aus einer Umfrage des Kammerverbands hervor, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet hatte. Jede sechste Gemeinde habe den Tarif um zehn Prozentpunkte erhöht, nur drei Gemeinden hätten die Gewerbesteuer gesenkt.
    Fatale Entwicklung
    Ähnlich das Bild bei der für Betriebe wichtigen Grundsteuer. Auch hier hätten die Städte und Gemeinden ordentlich zugelangt, im Schnitt seien die Hebesätze um 18 Prozentpunkte gestiegen, sagte Wansleben. Besonders kräftig erhöhten die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen die Hebesätze. Der Grund: Die Landesregierung in Düsseldorf schreibt finanzschwachen Kommunen vor, im Zuge von Sanierungsprogrammen die Unternehmenssteuern zu erhöhen. Ähnliche Regelungen gibt es auch in Hessen und Rheinland-Pfalz. Eine fatale Entwicklung, so Wansleben:
    "Die Steuern sind da am höchsten, wo eigentlich die Standorte mit am schlechtesten sind. Das ist ein Teufelskreis. Gerade die Standorte, die es schwer haben, sich im Wettbewerb mit den anderen Standorten attraktiv darzustellen, die schädigen sich hier selber."
    Steuererhöhung als Ausweg
    Viele Kommunen stünden finanziell mit dem Rücken zur Wand, seien hoch verschuldet, müssten ihre Einnahmen erhöhen, um den Haushalt auszugleichen. Und da bleibe häufig nur ein Weg: nämlich Steuererhöhungen, sagte Uwe Zimmermann, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebundes dem Deutschlandfunk. Aber: Die Kommunen seien sehr behutsam vorgegangen, die Belastungen für die Unternehmen seien vertretbar, betonte Zimmermann.
    "Die Steuererhöhungen in den Kommunen waren in der Regel moderat, zum Teil ein, zwei Prozent Mehrbelastung. Das ist eine Mehrbelastung, das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber eine die man tragen kann, die ist durchaus moderat, die ist überlegt und die ist durchaus verkraftbar."
    Aber auch Zimmermann sieht die Entwicklung mit Sorge. Die finanzschwachen Kommunen werden für Unternehmen nicht attraktiver, wenn sie ihre Steuertarife anheben. Die Folge: Die ohnehin wachsende Kluft zwischen armen und reichen Gemeinden wird noch größer.