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Heavyjet

Gepäck kostet extra, Getränke sowieso, eine Umbuchung wird richtig teuer: Bei Billigfliegern wie Easyjet nehmen Passagiere einiges in Kauf. Wenn aber die Gesellschaft wegen Streiks Flüge streicht, steht auch dem Billigkunden gegebenenfalls eine Entschädigung zu. Doch der Weg dahin ist lang und steinig.

Von Dieter Nürnberger | 23.07.2010
    "Ich stand da mit meinen zwei Kindern am Schalter und es wird mir erst einmal gesagt, dass der Flug gestrichen sei. Das passiere oft, ergänzte noch der Mitarbeiter, was mich überrascht hat. Dann wurde noch gesagt, dass ja gegenüber ein Hotel sei, da könne man hin. Der nächste Flug, wo Plätze für mich zur Verfügung stünden, sei am Samstag."

    Ruth Gomez und ihren beiden Kindern ging es so wie Hunderten in den vergangenen Tagen und Wochen. Gebucht wurde eine Verbindung bei der britischen Fluggesellschaft Easyjet - von Berlin Schönefeld sollte es nach Barcelona gehen. Der Flug fiel aus, der angebotene neue Flug sollte vier Tage später stattfinden. Ruth Gomez war enttäuscht und entsetzt und sie wollte das Ganze nicht einfach so hinnehmen.

    In der Verbraucherzentrale Berlin gehört der Ärger mit Fluggesellschaften längst zum Alltag. Eva Klaar kennt die Klagen der enttäuschten Passagiere zuhauf:

    "Es ist so, dass sich in der Tat viele Verbraucher an uns wenden, die Probleme mit Easyjet haben. Da geht es auch darum, dass Passagiere keine Antworten erhalten und auch ziemlich hingehalten werden."

    Flugstreichungen kommen allerdings bei jeder Fluggesellschaft vor, doch über Easyjet häufen sich derzeit die Beschwerden. Und viele der gestrandeten Passagiere wollen ihre Rechte ausschöpfen. Und besonders wollen sie geklärt wissen, ob sie nicht auch auf die in den Fluggastrechten verankerten Ausgleichszahlungen Anspruch haben. Und genau hier fangen die Probleme an - denn Easyjet beruft sich auf Streikmaßnahmen vor allem in Frankreich. Diese hätten letztlich die Flugausfälle bedingt. Kritiker und auch einige Passagiere haben jedoch den Eindruck, dass die Probleme hausgemacht seien. Dass interne Abläufe und nicht genügend Personal der wahre Grund für die Flugausfälle sein könnten. Oliver Aust ist Sprecher von Easyjet - er weist dies zurück:

    "Ich glaube nicht, dass dies fair ist. So waren zwei Drittel der von uns abgewickelten Flüge von den Streiks betroffen. Es ist fast unmöglich, dies dann komplett aufzufangen. Wir müssen besser werden, wir müssen dran arbeiten, da jeden Passagier zufriedenzustellen. Das ist doch gar keine Frage. Es ist aber leider auch so, dass letztendlich die Passagiere stets nur die Fluggesellschaft als Schuldigen ansehen. Auch, wenn die Fehler manchmal woanders liegen. Das ist so, damit müssen wir leben."

    Einfach ausgedrückt: Gab es einen Streik, dann hat der Passagier keinen Anspruch auf eine Entschädigungsleistung. Geht der Flugausfall jedoch beispielsweise auf schlampige Wartung des Flugzeugs zurück, dann hätte er diesen Anspruch. Das Problem dabei, der Fluggast muss es beweisen können. Deshalb sollte er schon direkt am Flughafen Informationen einholen, rät Eva Klaar von der Berliner Verbraucherzentrale:

    "Dazu gehört, dass man sich erkundigt, woran es lag, dass ein Flug annulliert worden ist. Natürlich sollte man hier dann auch versuchen, sich das alles schriftlich geben zu lassen."

    Verstöße gegen Rechte der Fluggäste nimmt in Deutschland das Luftfahrt-Bundesamt entgegen. Cornelia Cramer ist die Sprecherin der Behörde, man könne überprüfen, ob beispielsweise mangelnde interne Abläufe der Grund für Ausfälle seien. Sie nennt Beispiele:

    "Grundsätzlich gibt es vorgeschriebene Flugdienst- und Ruhezeiten für das Cockpit und das Kabinenpersonal. Die sind entsprechend einzuhalten. Der Luftfahrtunternehmer hat über die Flugdienst- und Ruhezeiten seiner Crews auch entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen muss er bei Bedarf und auf Nachfrage der zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde zur Verfügung stellen. In Deutschland beispielsweise dem Luftfahrtbundesamt."

    Beschweren können die Passagiere beim Luftfahrtbundesamt, ihre Rechte hingegen müssen sie eigenständig durchsetzen. Verbraucherschützer wissen, dass die Argumente der Fluggesellschaften, warum ein Flug ausgefallen ist, nicht immer stichhaltig sind. Und auch Cornelia Cramer kann dies zumindest in Einzelfällen bestätigen:

    "Es gibt immer natürlich auch derartige Fälle, wo eben tatsächlich das Luftfahrtunternehmen sich nicht entlasten konnte."

    Ruth Gomez blieb hartnäckig, sie pochte in ihrem Easyjet-Fall auf eine Ausgleichszahlung, sie drohte sogar mit der Öffentlichkeit. Und siehe da, es hat geklappt. Die 36-jährige Berlinerin und ihre zwei Kinder bekommen nun eine Entschädigung von 1200 Euro. Diese Leistung ist im EU-Recht verankert und jeweils abhängig von der Flugentfernung:

    "Wir waren schon ein wenig penetrant und auch aggressiv. Wenn man nicht so hartnäckig ist, dann geht das wohl verloren."