Freitag, 19. April 2024

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Heiner Müller: Werke Band 1: Die Gedichte

Gegen Ende seines Lebens war der Dichter Heiner Müller fast nur noch als murmelndes Orakel im Einsatz, abrufbar auf allen Fernsehkanälen der Republik. Den Mann mit dem undurchdringlichen Gesicht hinter der schwarzen Brille, bewaffnet mit dem Whisky-Glas und der obligatorischen Davidoff-Zigarre, hatte man in die Rolle des geistreichen Stichwortgebers abgedrängt, der zu jeder Lage der Nation und zu jedem Unbehagen in der Kultur seine Pointen beizusteuern wußte. Künstlerisch schien sich Müller nur noch mit der Selbstdemontage zu beschäftigen; die Produktion von Theatertexten stockte, das Interview war zu seiner bevorzugten Literaturgattung geworden. Aus dem janusköpfigen Klassiker des zeitgenössischen Theaters war ein begehrter Popstar geworden, der die Kulturszene mit sibyllinischen Sprüchen versorgte. Als Dauergast in Talkshows, wo man ihn als Ikone des postmodernen Weltgeistes bewunderte, brillierte Müller als ein Stoiker der dunklen Rede, der jede Äusserung in sarkastische Aphorismen und kryptische Bonmots einhüllte. Er gab den Affen Zucker, und fast wäre es der Sphinx aus Berlin-Ost gelungen, dem eigenen Werk zu entlaufen.

Michael Braun | 29.03.1998
    Erst jetzt, über zwei Jahre nach dem Tod des Dichters im Dezember 1995, werden seine Texte wieder sichtbar, die beim landesweiten Müller-Boom nur noch als fernes Gerücht präsent waren. Erst jetzt, mit dem Beginn der Werkausgabe im Suhrkamp Verlag, kann sich die Diskussion wieder den genuin poetischen Qualitäten des Müllerschen Oeuvres zuwenden, seinen eigentümlich düsteren Geschichtsbildern, ihren schroffen Fügungen und gebrochenen Bildlinien, die ein katastrophisches Panorama von Verfall, Krieg, Untergang und Tod heraufbeschwören.

    Nun stellt sich heraus, daß sich das allgemeine Raunen um das literarische Monument Müller, daß sich die aufgeregte Debatte über den "akrobatisch über den Abgründen der Welt balancierenden" Geschichtsphilosophen schon lange von seinen Texten entfernt hatte. Schon seit Mitte der achtziger Jahre hatte man Müller beiderseits der Mauer als "Beckett des Ostens" dingfest gemacht, von dem immer nur hoffnungslosere Beschreibungen der Weltlage zu erwarten seien. Alle Bühnen der noch geteilten und später wiedervereinigten Republik führten seine immer fragmentarischer werdenden Stücke auf, die ihrerseits immer mehr hermetisch-lyrischen Monologen glichen. Seit der berühmten "Hamletmaschine" aus dem Jahr 1978 konnte man die Stücktexte auch als gattungsübergreifende Langgedichte lesen, vergleichbar eher mit den "Cantos" eines Ezra Pound als mit den Bühnentexten eines zeitgenössischen Dramatikerkollegen. Immer war da ein lyrisch verdichteter Monolog, in dem ein überindividuelles Ich von seinen Phantasmagorien, Traumbildern und Obsessionen sprach, in dem der historische und personale Bogen von antiken Figuren wie Philoktet oder Ödipus bis zu den Mythen der Gegenwart reichte. Ein Stücktext wie die Mitte der achtziger Jahre entstandene "Landschaft mit Argonauten" ist jedenfalls in seinen Sprachgesten von einem Gedicht nicht unterscheidbar:

    Soll ich von mir reden Ich wer Von wem ist die Rede wenn Von mir die Rede geht Ich Wer ist das Im Regen aus Vogelkot Im Kalkfell Oder anders Ich eine Fahne ein Blutiger Fetzen ausgehängt Ein Flattern Zwischen Nichts und Niemand Wind vorausgesetzt Ich Auswurf eines Mannes Ich Auswurf Einer Frau Gemeinplatz auf Gemeinplatz Ich Traumhölle Die meinen Zufallsnamen trägt Ich Angst Vor meinem Zufallsnamen MEIN GROSSVATER WAR IDIOT IN BÖOTIEN Ich meine Seefahrt Ich meine Landnahme Mein Gang durch die Vorstadt Ich Mein Tod Im Regen aus Vogelkot Im Kalkfell Der Anker ist die letzte Nabelschnur

    Die Einsicht in die konstitutiv lyrischen Sprachgesten, die alle Texte Heiner Müllers kennzeichnen, bezeichnet auch schon eine wesentliche Schwierigkeit des Unternehmens, das jetzt mit dem ersten Band der Werkausgabe begonnen worden ist. Sollen in einen Band mit Gedichten, wie er jetzt vorliegt, nur die Texte aufgenommen werden, die in ihrem Publikationskontext als Gedichte kenntlich gemacht worden sind, oder liegt es nicht nahe, auch jene Gedichte aufzunehmen, die Müller mitunter in seine Dramen eingestreut hat ? Oder vielleicht auch Texte, die zwar für die Bühne geschrieben wurden, aber von ihrer Sprachstruktur her als Gedichte gelten können? Die von dem Germanisten Frank Hörnigk betreute Werkausgabe hat sich in der Gattungsfrage für eine konservative Lösung entschieden - eine Entscheidung, die vertretbar ist, aber doch einem sehr traditionalistischen Gattungsverständnis verhaftet bleibt.

    Dennoch: Was jetzt nach langer Verzögerung als erster Band der Werkausgabe vorgelegt worden ist, sorgt für gewaltige Erschütterungen des Müller-Bildes, das uns die Germanistik bisher überliefert hat. Bis vor kurzem hatte sich die Müller-Gemeinde auf die Sprachregelung verständigt, daß ihr Autor zwar als der größte zeitgenössische Dramatiker zu gelten habe, seine lyrischen Arbeiten dagegen nur als notathaftes Beiwerk und Rohstoff für die Theatertexte zu betrachten seien. Auch als Müller 1992 eine erste Sammlung mit 71 ausgewählten Gedichten veröffentlichte, wurde das als unselbständiges Nebenwerk rubriziert. Zur Verblüffung nicht weniger Müller-Fans wird nun im Band 1 der Werkausgabe ein Autor präsentiert, der die Gattung Lyrik keineswegs nur für literarische Lockerungsübungen nutzte, sondern für den das Gedicht in allen seinen Lebensphasen ein eminent wichtiges Ausdrucksmedium war. Zu den rund 130 Gedichten, die zu Lebzeiten des Autors oder posthum in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern veröffentlicht wurden, fügt der wuchtige Band insgesamt 120 Gedichte hinzu, die Müller in seinem persönlichen Archiv hinterlegt hat. Schon in den fünfziger Jahren, in den tastenden Versuchen des Frühwerks, erscheint die Lyrik als bevorzugte Gattung Müllers, in seinen letzten Lebensjahren wird sie dann zur primären Ausdrucksform, der wir einige Texte von epochalem Rang verdanken. Stößt man im Frühwerk noch auf zahlreiche opportunistische Pflichtübungen, die von braven sozialistischen Aufbauliedern, Übersetzungen von Stalin-Hymnen bis zum peinlichen Geburtstagsgedicht auf Lenin im Jahr 1970 reichen, entfaltet Müller nach 1989 seine Lyrik zum sprachmächtigen geschichtsphilosophischen Diskurs, zur pathetischen Reflexion auf das Scheitern des Weltkommunismus und den totalen Triumph des Kapitals.

    Zu den lyrischen Jugendsünden Müllers zählen gewiß Texte wie die "Gedanken über die Schönheit der Landschaft bei einer Fahrt zur Grossbaustelle ’Schwarze Pumpe’", die sich in parteikonformer Bebilderung sozialistischer Aufbauleistungen erschöpfen:

    Gegen mittag der Bauplatz, die neue Schönere Landschaft Schornsteine. Montagehallen. Stahl und Beton. Erde, aufgerissen, Berge, versetzt mit Maschinen und Händen, Lärm und Staub.

    Die Alten sammeln hier Reisig Fünf mal hundert Jahre lang Hier werden die Brikettfabriken stehen in Fünf Jahren und die neuen Kraftwerke. Hier ist Schönheit.

    Unter den drögen Fließbandprodukten befinden sich auch eine ganze Reihe von nachgedichteten Stalin-Hymnen, über deren Entstehung Müller in seiner 1992 erschienenen Autobiographie berichtet hat. Zur aktiven dichterischen Gestaltung der Weltfestspiele des Jahres 1951 traf man sich damals in einer "Arbeitsgruppe", der unter anderen auch Horst Bienek und Franz Fühmann angehörten. Unter der Anleitung des berüchtigten Kurt Barthel alias Kuba galt es, in großer Geschwindigkeit Stalin-Hymnen und politische Volkslieder zur Erbauung der Kulturpolitiker zu verfertigen - was Müller in Erwartung großzügiger Übersetzungshonorare denn auch tat. Zeitgleich mit diesen blamablen Agitprop-Stücken hat Müller aber schon jene schmerzhaft intensiven Denkbilder verfaßt, die wie die späten Geschichtscollagen vom Utopie-Verlust und radikaler Fremdheitserfahrung sprechen. Schon in den frühen fünfziger Jahren hat Müller in einem einzigen Vers das Thema benannt, das er fortan in sich steigernden Obsessionen umkreiste:

    DER TERROR VON DEM ICH SCHREIBE KOMMT AUS DEUTSCHLAND

    1958 entsteht dann das Gedicht "Motiv bei A.S.", das die Keimzelle des zwanzig Jahre später entstandenen Stücks "Der Auftrag" bildet und all jene mythischen Ideen und Denkfiguren versammelt, wie sie auch für das Spätwerk typisch sind: die Idee des Verrats und des blutigen Scheiterns der Revolution. Auch das Verfahren der Synchronisierung unterschiedlicher historischer Konstellationen ist hier schon entfaltet. Als Akteure treten Robespierre und Danton auf, die Protagonisten der Französischen Revolution, aber auch Jeanne D`Arc und Jesus Christus. Die im Gedichttitel mit den Kürzeln "A.S." benannte Autorin ist Anna Seghers, bei der Müller die historische Szenerie entlehnt hat:

    Motiv bei A.S.

    Debuisson auf Jamaika Zwischen schwarzen Brüsten In Paris Robespierre Mit zerbrochenem Kinn. Oder Jeanne D`Arc als der Engel ausblieb Immer bleiben die Engel aus am Ende FLEISCHBERG DANTON KANN DER STRASSE KEIN FLEISCH GEBEN SEHT SEHT DOCH DAS FLEISCH AUF DER STRASSE JAGD AUF DAS ROTWILD IN DEN GELBEN SCHUHN. Christus. Der Teufel zeigt ihm die Reiche der Welt WIRF DAS KREUZ AB UND ALLES IST DEIN. In der Zeit des VerratsSind die Landschaften schön.

    Auch die mythische Gestalt des Engels taucht von Anfang an als Leitmotiv in den lyrischen Texten Heiner Müllers auf. "Ich bin der Engel der Verzweiflung" , hebt ein Anfang der achtziger Jahre entstandenes Gedicht an, aber dieser von Walter Benjamin entlehnte, "glücklose" Engel der Geschichte hatte schon in den fünfziger Jahren seinen unheilverkündenden Flug begonnen:

    DER GLÜCKLOSE ENGEL. Hinter ihm schwemmt Vergangenheit an, schüttet Geröll auf Flügel und Schultern, mit Lärm wie von begrabnen Trommeln, während vor ihm sich die Zukunft staut, seine Augen eindrückt, die Augäpfel sprengt wie ein Stern, das Wort umdreht zum tönenden Knebel, ihn würgt mit seinem Atem.

    Als Symbol einer negativen Utopie flattert dieser Würgeengel der Geschichte durch die streng rhythmisierten Verse Müllers, bis dann in den späten Texten jede Zukunftsgerichtetheit sich auflöst und, sprachlich-formal damit korrespondierend, "die Sprache den Blankvers verweigert", wie es im Gedicht "Müller im Hessischen Hof" heißt. Die letzte und faszinierendste Abteilung der Textsammlung enthält die nach 1989 entstandenen Gedichte, die noch einmal wütend in einem weiten historischen Bogen das Scheitern jeder Utopie beschwören, indem sie assoziativ die blutigen Katastrophen und Diktatoren der Geschichte aufrufen. Das 1992 entstandene Langgedicht "Mommsens Block", Müllers Totengespräch mit dem großen bürgerlichen Historiker des neunzehnten Jahrhunderts, ist mit guten Gründen "das beeindruckendste Dokument der Schlußkrise der DDR und ihr wahrer Grabstein" genannt worden. Der Literaturkritiker Gustav Seibt hat an diesem Text den "kompromißlosen ästhetischen Subjektivismus" Müllers analysiert, der sich eben immer wieder darin artikuliere, daß die Gegenwart des vereinigten Deutschland im Geschichtsblick anderer historischen Epochen gespiegelt wird. So ist es nur ein kleiner poetischer Schritt vom Ende des "blutigen Großen Oktober der Arbeiterklasse" zu den jetzt politisch dominierenden "Sommergewittern im Schatten der Weltbank", von den Erfahrungen der römischen Kaiserepoche hin zu den "Helden der Neuzeit", welche Müller in alter Agitationslust und poetischem Kurzschluß als "Lemuren des Kapitals Wechsler und Händler" denunziert. Selbst in diesen späten Gedichten dominiert noch ein poetisches Pathos, das aus der Brecht-Tradition herrührt, ein reimloses Sprechen in unregelmäßigen Rhythmen, in dem die Sprache ganz dem Gestus der Person folgt. Der "Engel der Verzweiflung" ist weitergeflogen und wünscht sich und seiner historischen Zeit den Untergang:

    Müller im Hessischen Hof

    Im Hotelrestaurant die Unschuld der Reichen Der gelassene Blick auf den Hunger der Welt Mein Platz ist zwischen den Stühlen Mein Traum Die faltige Kehle der Witwe vom Nebentisch Aufzuschneiden mit dem Messer des Kellners Der ihr den Lammrücken vorschneidet Ich werde auch diese Kehle nicht aufschneiden Mein Leben lang werd ich nichts dergleichen tun Ich bin nicht Jesus der das Schwert bringt Ich Träume von Schwertern Wissend länger als ich Wird die Ausbeutung dauern an der ich teilhabe Länger als ich der Hunger der mich ernährt Und die Dichter ich weiß es lügen zu viel Villon konnte das Maul noch aufreißen Gegen Adel und Klerus er hatte kein Bett keinen Stuhl Und kannte die Gefängnisse von innen Brecht schickte Ruth Berlau nach Spanien und schrieb in Dänemark DIE GEWEHRE DER FRAU CARRAR Gorki während er zweispännig durch Moskau fuhr Haßte die Armut WEIL SIE ERNIEDRIGT Warum nur die Armen Majakowski hatte sich schon Mit dem Revolver zum Schweigen gebracht Die Lügen der Dichter sind aufgebraucht Vom Grauen des Jahrhunderts An den Schaltern der Weltbank Riecht das getrocknete Blut wie kalte Schminke Der Schrecken der Gewalt ist ihre Blindheit

    Diese wütenden Geschichtsphantasmagorien lösen sich in den Gedichten auf, je näher die Todesdrohung an den an Krebs erkrankten Autor heranrückt. In Erwartung des eigenen Sterbens löst sich Müller, der die Konfrontation mit der Verletzlichkeit und Hinfälligkeit des menschlichen Körpers schon früh thematisiert hat, von seinen großräumigen Geschichtsvisionen und registriert auf beklemmende Weise das Verstreichen der "leeren Zeit" vor dem eigenen Tod. Diese letzten Verse haben etwas Schutzloses, hier spricht ein Lakoniker, der die Maske der historischen Gleichnisse abgestreift hat:

    Leere Zeit Meinen Schatten von gestern Hat die Sonne verbrannt In einem müden April

    Staub auf den Büchern In der Nacht Gehn die Uhren schneller

    Kein Wind vom Meer

    Warten auf nichts

    Hier ist ein poetischer Endpunkt erreicht, hier spricht ein Subjekt, das nur noch die Beckettsche Heillosigkeit kennt, hier ist auch die von Müller so geliebte Dialektik zum Stillstand gekommen. Von hier aus sind nur noch Bewegungen in den Alptraum möglich, in einen Traum, in dem sich der Sterbende als Kind wiederbegegnet. An dieser Stelle des zu Ende gehenden Lebens entsteht so ein Gedicht wie "Traumwald", das zu den schönsten und anrührendsten dieses Buches gehört und in dem Müller zum letzten Mal zu einer traditionellen Versstruktur zurückkehrt:

    Traumwald

    Heut nacht durchschritt ich einen Wald im Traum Er war voll Grauen Nach dem Alphabet Mit leeren Augen die kein Blick versteht Standen die Tiere zwischen Baum und Baum Vom Frost in Stein gehaun Aus dem Spalier Der Fichten mir entgegen durch den Schnee Trat klirrend träum ich seh ich was ich seh

    Ein Kind in Rüstung Harnisch und Visier Im Arm die Lanze Deren Spitze blinkt Im Fichtendunkel das die Sonne trinkt Die letzte Tagesspur ein goldner Strich Hinter dem Traumwald der zum Sterben winkt Und in dem Lidschlag zwischen Stoß und Stich Sah mein Gesicht mich an: das Kind war ich.

    Mit den 120 "im persönlichen Archiv hinterlegten" Gedichten Müllers sind die poetischen Schätze aus seinem Nachlaß keineswegs vollständig gehoben worden. Die editorische Entscheidung, poetische Entwürfe und Fragmente nicht zu berücksichtigen, erscheint seltsam paradox, ja kontraproduktiv bei einem Autor, der den poetischen "Fragmentarismus" geradezu zum Konstruktionsgesetz seiner Texte erhoben hat. Die Frankfurter Literaturwissenschaftlerin Genia Schulz, die Müller noch kurz vor seinem Tod mit der Herausgabe seiner Werke betrauen wollte, hatte in ihrem Editionsplan noch eine vollständige Dokumentation der lyrischen Texte und Entwürfe vorgesehen. Die Texte selbst sollten nach Motiven gruppiert werden. Die jetzt von Frank Hörnigk realisierte Ausgabe folgt dagegen dem Gliederungsprinzip der "brutalen Chronologie", das Müller im 1992 erschienenen Auswahlbändchen selbst vorgegeben hat. Die Gliederung nach Dekaden hat den entscheidenden Vorteil, daß man sehr genau die inneren Widersprüche und Ambivalenzen des zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Pathos und Sarkasmus schwankenden Müller verfolgen kann. Ein großes Manko dieser an faszinierenden Texten so reichen Werkausgabe ist dagegen der allzu spärlich kommentierte Anhang. Hier erhält man zu wenig Informationen über die Publikationsgeschichte der Texte, in vielen Fällen wird noch nicht mal der Erstdruck der Gedichte verzeichnet. So hat Heiner Müllers "Lagebeschreibung 1977" auch das editorische Schicksal von einigen seiner Texte vorweggenommen: "Was bleibt: einsame Texte, die auf Geschichte warten."