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Henningsdorf
Bombardier kündigt Stellenabbau an

Der Hersteller von Flugzeugen und Technik für den Schienenverkehr Bombardier hat angekündigt, weltweit mehrere Tausend Stellen abzubauen. Am deutschen Standort Henningsdorf des kanadischen Konzerns könnten 500 Arbeitsplätze wegfallen. Mitarbeiter befürchten, dass der Standort ganz aufgegeben werden könnte und protestierten vor dem Werk.

Von Anja Nehls | 16.12.2016
    Ein Talent-Zug für NRW, aufgenommen am 04.06.2015 im Bombardier Werk in Hennigsdorf (Brandenburg) in einer Montagehalle. Foto: Bernd Settnik
    Ein Zug des Herstellers Bombardier in der Montagehalle im Werk Hennigsdorf (Brandenburg) am 04.06.2015 (picture alliance / dpa / Bernd Settnik)
    Mehrere hundert Mitarbeiter von Bombardier in Hennigsdorf heute Morgen kurz nach der Betriebsversammlung. Sie tragen Schilder mit der Aufschrift: "Erhalt der Tradition im Schienenfahrzeugbau" oder "Keine Serienfertigung, keine Zukunft".
    Der kanadische Konzern Bombardier hatte angekündigt, insgesamt 5.000 Stellen im Bahnsektor abzubauen. Weitere 5.000, nach dem mit dem Abbau von 1.400 seit Februar schon begonnen worden ist. In Henningsdorf werden Regionalzüge und Hochgeschwindigkeitszüge, wie der ICE gebaut. Wenn diese Produktion eingestellt wird, könnten hier 500 Arbeitsplätze wegzufallen, befürchten die Mitarbeiter.
    "Der Betrieb wird kaputt gemacht, und das systematisch. Ich sehe keine Zukunft hier. Ich meine, Fahrzeuge werden immer gebraucht. Und wir haben vom Gelände die Kapazität, das Volumen wäre da, um weiter zu bauen. Ich mache das auch gerne, ist eine tolle Arbeit, aber wenn man so verarscht wird."
    Fragen dazu hat die Geschäftsführung heute nicht beantwortet, dabei war das eigentlich noch für vor Weihnachten versprochen worden, sagt der Betriebsratsvorsitzende Michael Wobst. Er befürchtet, dass der Konzern in Niedriglohnländer ausweichen will:
    "Es gibt ja konkrete Pläne, den kompletten Wagenkastenrohbau in Deutschland quasi aufzugeben in den nächsten Jahren und nach Polen und Tschechien zu verlagern und einen großen Teil von Engineering Leistungen nach Indien zu verlagern."
    Bombardier will dazu noch nichts sagen, sondern erst mit den Gewerkschaften und Betriebsräten reden. Einen Termin dafür geben es aber noch nicht. Unternehmenssprecher Andreas Dienemann:
    "Zum Standort Hennigsdorf kann ich sagen, dass er auch in Zukunft ein zentraler Standort im Konzernverbund von Bombardier Transportation bleiben soll. Und es wurde ja schon im Frühjahr kommuniziert, dass in Deutschland die Spezialisierung der Standorte eine zentrale Rolle spielt. Daran hat sich auch nichts geändert. Und in Hennigsdorf liegen die Kernkompetenzen in den Bereichen Engineering und Testing und diese Kompetenzen wollen wir weiter stärken."
    Betroffen möglicherweise nicht nur Henningsdorf
    Nach Fortsetzung der Produktion klingt diese Aussage nicht. Betroffen ist in Deutschland möglicherweise nicht nur der Standort Hennigsdorf, sondern auch Bautzen, wo Straßenbahnen und Regionalzüge gebaut werden, Görlitz, wo Doppelstockfahrzeuge produziert werden, außerdem eventuell Kassel, Siegen und Mannheim. Dabei seien die Auftragsbücher für Schienenfahrzeuge eigentlich voll, sagt Michael Wobst.
    "Es ist ja so, dass der Schienenfahrzeugmarkt nach wie vor wächst. Nicht nur stabil ist, sondern wächst, auch in Europa, auch in Deutschland und von daher ist die Auslastung ja momentan auch gut. Das Unternehmen muss sich nur entsprechend aufstellen, um auch für die Zukunft Aufträge zu gewinnen. Aber zur Zeit gibt es zumindest kein Auslastungsproblem."
    Die Mitarbeiter befürchten, dass die Bahnsparte von Bombardier jetzt für die weniger gut laufende Flugzeugsparte büßen muss. Der Konzern erwartet vom weltweiten Stellenabbau im Bahnbereich bis Ende 2018 Kosteneinsparungen von rund 300 Millionen US-Dollar (275 Millionen Euro). Bombardier hat in Deutschland jetzt noch rund 8.000 Arbeitsplätze. In Hennigsdorf bei Berlin werden seit über 100 Jahren Schienenfahrzeuge gebaut.
    Mehr über die konkreten Pläne des Konzerns werden die Mitarbeiter wohl erst im neuen Jahr erfahren.