Freitag, 19. April 2024

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Herero- und Nama-Kongress
"Ein bewegender Moment"

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda hat sich beim 2. Transnationalen Herero- und Nama-Kongress für den Anfang letzten Jahrhunderts begangenen Genozid in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika entschuldigt. Dies sei ein Signal auch nach Berlin, sagte der Historiker Jürgen Zimmerer im Dlf.

Jürgen Zimmerer im Gespräch mit Anja Reinhardt | 07.04.2018
    Jürgen Zimmerer - Afrika-Historiker und Genozid-Forscher an der Universität Hamburg.
    Jürgen Zimmerer - Afrika-Historiker und Genozid-Forscher. (privat)
    "Das war gestern ein sehr bewegender Moment als im Kaisersaal des Rathauses der Empfang stattfand und die Bitte um Vergebung ausgesprochen wurde. Und die Herero und Nama haben das auch anerkannt – die symbolische Bedeutung dieser Entschuldigung", so Jürgen Zimmerer. Bedeutung habe diese Bitte um Vergebung auch, weil es seit Jahren Streit zwischen Vertretern der Ovahereo und Nama und der Bundesregierung gibt und eine offizielle Entschuldigung eben ausbliebe.
    Aussöhnung nur mit einer angemessenen Erinnerungskultur
    Zwischen 1904 und 1908 hatten Deutsche in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika 100.000 Nama und Ovaherero getötet. Für den Aussöhnungsprozess bräuchten wir auch eine andere Erinnerungskultur, so der Historiker. Denn wir müssten uns mit der Kolonialismusgeschichte auch deswegen auseinandersetzen, weil das unsere Zukunft prägen würde. "Wir bräuchten einen zentralen Forschungsort für diese Geschichte und einen, zwei oder drei zentrale Gedenkorte." Das müsse man nicht alles in Berlin ansiedeln, auch Hamburg würde sich sehr gut eignen.
    Die Vertreter aus Namibia wollen die Aufmerksamkeit der Bundesregierung
    Von Hamburg aus wurden damals der gesamte Truppentransport und der Nachschub für die Schutztruppen abgewickelt. "Die Verantwortung für den Genozid hat Deutschland insgesamt, aber Hamburg ist einfach eine zentrale Drehscheibe dafür", sagte Jürgen Zimmerer. Die Vertreter aus Namibia wollten mit dem Kongress auch die Aufmerksamkeit der Bundesregierung auf das Unrecht lenken, das ihnen wiederfahren ist. Und dass die Bundesregierung endlich mit ihnen direkt spreche. Denn es ginge nicht nur um Geld, um Reparationszahlungen. Die zentrale Frage der Kongressteilnehmer sei letztendlich: "Warum fragt uns Frau Merkel nicht?"