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Heringsfischerei
Bessere Kontrolle durch MSC-Siegel

Der Hering gehört zu den wichtigsten Speisefischen in Deutschland. Zeitweise wurde er so intensiv gefangen, dass die Bestände stark zurückgingen. Um das zu verhindern, wollen die deutschen Heringsfischer künftig stärker auf die Nachhaltigkeit ihres Tuns achten - mit einem MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei.

Von Peter Kaiser | 21.04.2015
    Fischerboot vor Warnemünde, Mecklenburg-Vorpommern
    Die Heringsfischer haben sich schon lange um das MSC-Siegel bemüht - auch aus finanziellen Gründen. (imago)
    Vor einer Stunde haben die Kutter "Antares" und "Westbank" den Hafen Sassnitz auf Rügen verlassen. Ihr Ziel sind die Heringsgründe vor dem Rügener Kreidefelsen.
    Die zwei Schiffe "tucken" zusammen, das heißt, sie ziehen das 150 Meter breite und 100 Meter lange Schleppnetz durchs Wasser. Das Netz berührt den Meeresboden nicht, sondern schwimmt im freien Wasser, dem Pelagial, darum werden die Netze als pelagische Schleppnetze bezeichnet.
    Dann ist das Ziel erreicht. Kapitän Luick von der "Antares" ruft die anderen Besatzungsmitglieder an Deck.
    "Seid ihr soweit klar?"
    "Einsatzbereit. Geht los?"
    "Ja, mach mal los."
    Die "Westbank" kommt näher, damit sie das andere Ende der Netzleine an Bord nehmen kann.
    "Hat geklappt, die Leine ist drüben... Jetzt gehts los, der Hering soll da rein."
    Zertifizierter Fisch bringt mehr Geld
    Hier am Greifswalder Bodden bei Rügen fangen die Fischer der „Deutschen Erzeugergemeinschaft Nord- und Ostsee" pro Jahr 7.500 Tonnen Hering. Das sind etwa 70 Prozent der deutschen Fangmenge. Sie wird künftig mit dem MSC-Zertifikat versehen, das diese umweltverträgliche Fischerei bescheinigt. Was genau bescheinigt wird, erklärt Vivian Kudelka, Fischexpertin beim MSC.
    "Die Fischerei wird nach drei Prinzipien zertifiziert. Prinzip Eins: der Zustand des Bestandes, Prinzip Zwei: das Ökosystem, und Prinzip Drei: das Management der Fischerei. Alle drei müssen die Kriterien des MSC für Nachhaltigkeit erfüllen."
    MSC heißt abgekürzt: Marine Stewardship Council. Schon lange haben sich die Heringsfischer um das MSC-Zertifikat bemüht, das hat mit Geld zu tun. Denn ein Kilo Hering ohne Siegel bringt 27 Cent, der Verbraucher will aber den MSC-zertifizierten Fisch, der bringt darum 35 Cent Erlös. Bislang aber gab es noch Probleme im Fanggebiet Kattegat und Skaggerak, in dem auch das Nicht-EU-Land Norwegen Heringe fängt. Nun einigte man sich auf den MSC-Standard hinsichtlich des Heringsbestandes und des Managements. Die Bestandsermittlung übernahmen Wissenschaftler vom Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock. Christopher Zimmermann leitet dieses Institut.
    "Idealerweise haben wir eine lange Datenserie und können ermitteln, wie viele Elterntiere wir brauchen, um ausreichend Nachwuchs zu produzieren. Die müssen jedes Jahr kontrolliert und angepasst werden, die Ostsee ist ein sehr sehr gutes Beispiel dafür, dass wir tatsächlich großskalige Änderungen haben, wo wir ab - wir nennen es Regimeshift - und zu irgendwelchen fundamentalen Änderungen im Ökosystem haben, die alles auf den Kopf stellen."
    Nach fünf Jahren läuft das Zertifikat ab
    Der Fang dieser Nacht war recht manierlich.
    "28 Säcke sind geleert worden."
    "Wie viele Tonnen sind das?"
    "36."
    "Da wollen wir uns mal nicht beklagen."
    Das MSC-Zertifikat wird für fünf Jahre verliehen. Danach müssen sich die Fischereibetriebe erneut darum bewerben. Das Zertifizierungsverfahren ist aufwendig und langwierig. Doch es lohnt sich. Zum einen für die Umwelt, die durch den Fischfang weniger geschädigt wird. Und für die Fischer, die mehr verdienen, sagt Kapitän Luick und steuert die "Antares" auf den Hafen zu.