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Herzklappenoperationen
Schonende Eingriffe für betagte Patienten

Weniger Schlaganfälle und seltenere Gefäßverletzungen: Das sogenannte TAVI-Katheter-Verfahren bietet seit rund zehn Jahren vor allem für ältere Patienten eine schonende Alternative zu einer Herzklappen-Operation am offenen Herzen. Risikoarm ist sie aber dennoch nicht.

Von Martin Winkelheide | 05.04.2016
    Das Modell eines menschlichen Herzens
    Das Modell eines menschlichen Herzens (dpa/Emily Wabitsch)
    Die Patienten sind in der Regel über 80 Jahre alt und schwer krank.
    So wie die Patientin, die am Herzzentrum der Universität Köln mit dem TAVI-Katheter-Verfahren eine künstliche Aortenklappe eingesetzt bekommt.
    "Da die Patientin sehr beeinträchtigt war im Alltag durch diese Luftnot und später auch durch ein Engegefühl im Brustbereich, wurde letztendlich die Indikation zum Aortenklappenersatz gestellt."
    Der Eingriff ist weniger belastend als eine Operation mit Herz-Lungen-Maschine am offenen Herzen. Riskant ist er trotzdem. Denn zwei Mal muss das Herz kurzzeitig zum Stillstand gebracht werden. Einmal, um die alte, defekte Herzklappe aufzusprengen und so Platz zu schaffen für die Ersatzklappe.
    "Dann bitte 'Rapid Pacing' an. Okay, der Druck ist weg. Bitte einmal Ballon auf." - "Auf, auf auf, bleibt auf."
    Ein zweiter künstlicher Herzstillstand ist nötig, um die Ersatzklappe am richtigen Ort zu verankern.
    "Sie sehen schon, die Klappe ist jetzt unter Eiswasser klein gemacht worden, auf den Katheter aufgebracht worden. Wir gehen jetzt mit der Prothese in die Klappe." - "Klappe ist freigesetzt."
    Weniger Risiken
    "TAVI ist heute eigentlich ein sehr sicheres Verfahren geworden, was bei einer sehr großen Zahl von Patienten eingesetzt wird."
    Viele Risiken sind heute besser beherrschbar als noch vor zehn Jahren, sagt Holger Eggebrecht vom cardioangiologischen Centrum Bethanien in Frankfurt.
    Nur noch selten wird durch TAVI ein Schlaganfall verursacht, weil Kalk aus der kranken Klappe ins Gehirn gespült wird. Und auch lebensbedrohliche Verletzungen der Gefäße durch den Katheter kommen nur noch selten vor. Die Gründe: Die Mediziner haben dazugelernt, und die Katheter-Systeme sind besser geworden.
    "Insbesondere in den letzten drei Jahren haben wir erhebliche technische Verbesserungen erleben dürfen: Die Katheter-Systeme sind viel kleiner geworden, viel flexibler geworden, wir können Patienten besser vordiagnostizieren, wir können Patienten besser auswählen, haben natürlich auch mehr Erfahrung."
    Ein Problem bleibt
    Ein Problem allerdings bleibt: Bei vielen Patienten gerät nach TAVI das Herz aus dem Takt – sie brauchen dann einen Herzschrittmacher.
    "Weil durch die Katheter-Klappe das Reiz-Leitungssystem des Herzens beschädigt werden kann. Da reden wir von einer Größenordnung von zehn Prozent immer noch."
    Es lässt sich nach wie vor nicht abschätzen, wie lange die TAVI-Klappen zuverlässig arbeiten – ob zehn, 15 Jahre oder länger. Dennoch sind es längst nicht mehr nur hochbetagte Risikopatienten, die das Katheter-Verfahren dem chirurgischen Eingriff vorziehen.
    "Da geht im Moment der Trend hin. Das ist völlig richtig."
    Kurt Bestehorn, klinischer Pharmakologe an der TU-Dresden, hat die Daten, die die TAVI-Zentren gemeldet haben, ausgewertet. Ein Befund: Patienten profitieren davon, wenn sie in ein Zentrum gehen, das TAVI sehr häufig durchführt.
    "Kliniken mit mehr als 200 Fällen pro Jahr haben eine niedrigere Mortalitätsrate. Und zwar alle Kliniken. Und bei Kliniken, die weniger als 200 Fälle haben, schwankt das durchaus."
    "Die Daten, die wir heute haben, zeigen, dass, wenn man sehr viele Prozeduren macht, das Team entsprechend eingespielt ist. Dabei geht es nicht nur um die Prozedur selber, sondern auch die Betreuung hinterher auf der Intensivstation, auf der Normalstation, dann denke ich, können die Ergebnisse deutlich verbessert werden."
    Mindeststandads defnieren
    Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie hat daher entschieden, Mindeststandards zu definieren, die Kliniken und Ärzte erfüllen müssen. Mit der Zertifizierung soll ab Sommer begonnen werden.