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Hier kam die Maus

Bei dem ersten öffentlichen Auftritt am Rande einer Computerkonferenz im Jahre 1968 gab es Standing Ovations für den neuartigen so genannten "X-Y-Positionsindikator für ein Bildschirmsystem". Die Veranstaltung ging als "Mutter aller Demos" in die Geschichte des Computers ein - es war der erste Online-Chat mit integriertem Video und grafischer Benutzeroberfläche. Vor 35 Jahren dann wurde dem Amerikaner Douglas Engelbart das Patent auf ein kleines Gerät erteilt, das seinen Spitznamen nie wieder los werden sollte: die Computermaus.

Von Irene Meichsner | 17.11.2005
    Klick, Klick.
    Ich kenne eine kleine Maus und die gehört meinem Vater Klaus.
    Sie braucht nie Futter und frisst auch keine Butter. Nun fragt Ihr Euch bestimmt: was ist das für 'ne Maus?


    Wer einen Computer hat, kommt ohne Maus heute gar nicht mehr aus. Weit über eine Milliarde Stück wurden schon verkauft.

    Mit der Maus klick ich auf "Start",
    schon kommt der PC in Fahrt.
    Rechnen, schreiben und, nanu,
    Spielen geht auch noch dazu. -
    Klick, klick.


    Douglas Engelbart heißt der Vater der Computermaus - ein Elektroingenieur, der am Stanford Forschungsinstitut in Kalifornien an Projekten arbeitete, die vom amerikanischen Verteidigungsministerium gefördert wurden.

    " Ich kann mich noch erinnern, dass ich bei einer Konferenz über Computergrafik saß und ziemlich frustriert war - weil alle redeten und ich überhaupt kein Talent habe, andere dazu zu bringen, mir zuzuhören. Ich fange dann oft an, mit mir selber zu reden. Ich weiß noch, dass ich dachte: 'Welche unterschiedlichen Methoden gäbe es denn eigentlich, so einen Cursor unter Kontrolle zu bringen?'"

    Es war die Zeit nach dem Sputnik-Schock Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre, als man in den USA auch in Technik-Visionen investierte, weil man hoffte, dem Westen damit einen Vorsprung verschaffen zu können.

    " Mir wurde klar, welche Möglichkeiten sich mit dem Computer und der Kommunikationstechnologie eröffneten - schon von der Geschwindigkeit und der Menge der verarbeiteten Informationen her. Es ging darum, den menschlichen Intellekt zu erweitern. Ich fing an zu begreifen, wie vielfältig und direkt Mensch und Computer miteinander interagieren konnten. Mir dämmerte, dass all dies kolossale Folgen haben würde."
    Wenn der Computer mehr sein sollte als ein bloßer "Rechenknecht", musste man möglichst gut mit ihm kommunizieren können. Engelbart entwarf, baute und testete verschiedene Eingabegeräte. Am Ende machte die Maus das Rennen.

    " Wer den Begriff 'Maus' zum ersten Mal benutzt hat? Wir wissen es nicht mehr genau. Jedenfalls war es so, dass bei der ersten Maus, die wir in unserem Labor bauten, das Kabel hinten angebracht war. Später montierten wir es dann vorn. Aber als es noch hinten herauskam wie ein Schwanz, hatten wir einfach Spaß an der Form von diesem witzigen, kleinen Ding."

    Am 17. November 1970 wurde dem heute 80-jährigen Engelbart auf die Computermaus ein Patent erteilt. Verdient hat er daran kaum. Er war seiner Zeit zu weit voraus: Der Siegeszug der Maus begann erst, nachdem sein Patent 1987 abgelaufen war. Indessen bereitete das künstliche Nagetier den Menschen nicht nur Freude.

    " Beim 'Mausarm' handelt es sich um eine Fülle von Beschwerden im Bereich des Armes, der Hand und manchmal auch der Schulter und der Halswirbelsäule. Es kommt durch diese einseitige Tätigkeit zu Überlastungsreaktionen im Bereich der Sehnen und Muskeln."

    Orthopäden wie Sönke Sönnichsen aus Kiel raten zu Dehnungsübungen und Handgelenksauflagen. Bevor die Maus über uns kam, bediente man Computer über Kurzbefehle, die mit Tastenkombinationen eingegeben wurden. Manche fanden das sogar viel bequemer. Wie "Helmuth", der fiktive Freund, mit dem sich der Kölner Rundfunkjournalist Maximilian Schönherr über absolvierte Mauskilometer unterhielt.

    "'Wie viele Wege gehe ich denn mit meiner Maus, Helmuth? Du hast es doch sicher schon ausgerechnet.' - 'Na, bei Deinem 19-Zöller gehst Du vielleicht pro Menüklick einen Weg von zwanzig Zentimetern. Wenn Du Texte schreibst, benutzt Du die Maus, sagen wir mal, fünf Mal pro Minute. Mit einem Jahr Kurzbefehlverweigerung halst Du Dir also 150 Kilometer mit der Maus auf.'"

    Inzwischen gibt es Mäuse, längst auch schnurlose, in allen Varianten - bis hin zur futuristisch anmutenden, silbrig schimmernden Mäuseschönheit des französischen Stardesigners Philippe Starck, der uns mit künstlerischen Mitteln von einer ganz neuen Mausphilosophie überzeugen will.

    " Allzu oft wird die Bedeutung der Verbindung zwischen Mensch und Maschine unterschätzt. Der PC ist eine Verlängerung unserer selbst. Er definiert uns genauso wie die Kleidung, die wir tragen oder die Musik, die wir hören. Mit diesem Hintergedanken habe ich eine Brücke geschlagen, die Menschen mit der Technologie, die sie täglich nutzen, verbindet. Das Ergebnis ist eine PC-Maus, die zugleich einen Ausdruck des Geschmacks und der Persönlichkeit darstellt."